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Gentech-Moratorium: Nein – Sonntagsverkauf: Ja

Bundesrat Joseph Deiss vertritt die Haltung der Landesregierung für die Abstimmung vom 27.11.05. Keystone

Die Landesregierung empfiehlt dem Stimmvolk, bei der Volksabstimmung vom 27. November das Gentech-Moratorium abzulehnen.

Die Änderung des Arbeitsgesetzes, welche den Sonntagsverkauf in Bahnhöfen und Flughafen lockern soll, wird zur Annahme empfohlen.

Das Gentech-Moratorium wäre Gift für die Wirtschaft. Es müsse deshalb am 27. November abgelehnt werden, erklärte Bundesrat Joseph Deiss am Montag bei der Lancierung des Abstimmungskampfes in Bern.

Die Initiative von Konsumenten-, Umwelt- und Bauernkreisen für ein fünfjähriges Gentech-Moratorium bei Pflanzen und Tieren gäbe bei einer Annahme ein wissenschafts- und wirtschaftsfeindliches Signal, sagte Deiss. “Der Bundesrat ist überzeugt, dass das Gentech-Gesetz genügt, das Moratorium ist überflüssig.”

Das Gesetz verbietet das Halten gentechnisch veränderter Tiere in der Landwirtschaft zeitlich unbeschränkt und nicht nur für fünf Jahre wie die Initiative. Für gentechnisch veränderte Pflanzen schreibt das Gentechnikgesetz ein strenges Prüfverfahren vor, das mindestens fünf Jahre dauern würde und damit ebenso lange wie das Moratorium.

Ein Moratorium würde zudem die unternehmerische Freiheit der Bauern und die Wahlfreiheit der Konsumenten beschneiden. Der Bundesrat halte – wie das Parlament – Verbote von sich entwickelnden Technologien grundsätzlich für falsch.

Gefahr, ins Mittelfeld abzurutschen

“Wenn wir unseren Lebensstandard halten wollen, müssen wir bei den neuen, wertschöpfenden Technologien dabei sein, sonst sind wir in Gefahr, ins Mittelfeld abzurutschen”, erklärte Deiss. Man müsse neue Technologien prüfen und nicht zum vorneherein ablehnen, die Schweiz habe im Gentech-Bereich hochqualifizierte Wissenschafter.

Die Landesregierung argumentiert bei den Gesetzesberatungen im Parlament, dass die heutige Regelung auf einen streng kontrollierten Umgang mit Gentechnologie statt auf Verbote setze. Das Parlament folgte dem Bundesrat. Der Ständerat, die Kleine Kammer, empfahl die Initiative zur Ablehnung. Äusserst knapp fiel der Entscheid in der Grossen Kammer: Der Nationalrat votierte nach Stimmengleichheit durch den Stichentscheid der Präsidentin für ein Nein.

Sonntagsverkauf – ein Bedürfnis

Zustimmen müsse man hingegen der Revision des Arbeitsgesetzes für offene Geschäfte an den 25 grösseren Bahnhöfen und dem halben Dutzend Flughäfen mit Linienflügen an Sonntagen. Mit der Revision werden die Regelungen, wie sie schon heute in grösseren Bahnhöfen und Flughäfen praktiziert werden, ins Arbeitsgesetz übernommen.

“Das Einkaufen in solchen Zentren entspricht einem Bedürfnis in der Bevölkerung”, sagte Deiss. Würde die Vorlage abgelehnt, müsste das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) den 120 bis 150 Geschäften, die heute an Sonntagen offen sind, die Bewilligung entziehen. Betroffen wären davon rund 2000 Arbeitsplätze.

Die Vorlage habe auch eine verkehrspolitische Dimension: Der öffentliche Verkehr werde dadurch gefördert, er werde attraktiver gestaltet und besser finanziert. Das Referendum der Gewerkschaften gegen die Revision des Arbeitsgesetzes sei also abzulehnen.

Die Gewerkschaften sind jedoch der Ansicht, ein arbeitsfreier Tag habe eine zentrale gesellschaftliche Bedeutung. Nicht nur für das Familienleben könne dies unabsehbare Folgen haben, sondern für das gesellschaftliche Leben überhaupt.

swissinfo und Agenturen

Im März 2003 hat das Parlament über das Gentechnik-Gesetz abgestimmt. Im Laufe der Beratungen hat das Parlament auf ein Moratorium für die Verbreitung der genetisch veränderten Organismen verzichtet.

Die Volksinitiative “für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft”, die ein Moratorium verlangt, ist im September 2004 eingereicht worden. Sie sieht vor, dass jede Aussetzung von gentechnisch veränderten Organismen während 5 Jahren untersagt ist.

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Die parlamentarische Initiative Hegetschweiler verlangt, dass Geschäfte, die sich in den Zentren des öffentlichen Verkehrs befinden, am Sonntag geöffnet sein dürfen.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft Unia haben gegen die Änderung des Arbeitsgesetzes das Referendum ergriffen.

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