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Emanuel Wenk: Ein grosses Herz für Tiere

Ein Burnout brachte ihn zu seiner Berufung. Der 42-jährige Emanuel Wenk arbeitete jahrelang in der österreichischen Gastronomie, bis er vor sieben Jahren genug hatte. Heute führt er in der Steiermark einen Gnadenhof, der nicht nur Pferden einen würdigen Lebensabend bietet, sondern auch Kindern Kontakt zu den Tieren ermöglicht.

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swissinfo.ch: Warum haben Sie die Schweiz verlassen?

Emanuel Wenk: Ich habe die Schweiz 2001 verlassen, weil ich mit einer Österreicherin ein Kind gezeugt habe, als sie auf Saison in der Schweiz arbeitete. Ich bin somit meinem Kind nachgereist, um das Besuchsrecht einzufordern und den Vaterpflichten nachzukommen.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland und über dessen Politik, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

swissinfo.ch: War es eine Reise ohne Rückkehr, oder haben Sie vor, einmal wieder in die Schweiz zurückzukehren?

E.W.: Das Vorhaben war eigentlich zeitlich unbegrenzt; das einzige Ziel war, so nah wie möglich bei meinem Sohn zu sein. Mittlerweile ist eine Rückkehr sehr unwahrscheinlich. Zwar ist mein Sohn auf dem besten Weg, seine eigenen Wege zu gehen, aber den Tieren gegenüber habe ich doch noch eine grosse Verantwortung.

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swissinfo.ch: Welcher Arbeit gehen Sie heute nach? Wie kam es dazu?

E.W.: Ich war jahrelang im Tourismus und der Gastronomie tätig, bis mein Leben vor gut sieben Jahren durch ein Burnout eine Wende nahm. Ich hatte damals eine Lebensgefährtin, die sehr tierlieb war, und wir hatten einen Hof in Gross St. FlorianExterner Link in der Weststeiermark gepachtet, damit ihr Pferd bei uns wohnen konnte.

Nach unserer Trennung wollte ich den gepachteten Hof nicht aufgeben und habe mir aus dem Tierschutz zwei Ponys geholt, so dass wenigstens die Wiese gepflegt wurde. Diese zwei Ponys waren auch meine Therapie und halfen mir zum grössten Teil aus dem Burnout.

Aus diesem Burnout heraus entstand dann ein Pferdegnadenhof. Mit der Zeit wurde daraus ein Lebenshof, nicht nur mit Pferden, sondern auch mit Kühen, Ochsen, Schweinen usw. Also ein richtiger Bauernhof, der aber zum Schutz der Tiere da ist.

Den Hof in Gross St. Florian musste ich nach drei Jahren leider verlassen, nach Differenzen mit dem Verpächter und wegen unterschiedlichen Ansichten. Ich war zwei Jahre obdachlos mit meinen Tieren und pachtete in dieser Zeit vier Wiesen und lebte in einem Wohnwagen, bis ich einen Hof in Wildon pachten konnte.

Der neue Hof, der Pferdegnadenhof EdelweissExterner Link, sollte aber nicht nur Tiere retten, sondern unseren Besuchern auch an Wochenenden zeigen, welche Auswirkungen die heutige Nutztierhaltung auf uns alle hat.

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swissinfo.ch: Wie läuft es mit dem Gnadenhof?

E.W.: Mittlerweile bin ich nicht mehr alleine am Hof, und um das Projekt herum hat sich eine Handvoll Leute gesammelt, die aktiv mithelfen. Wir haben auch Gästezimmer, wo man kostenlos übernachten, essen und trinken kann, wenn man drei bis fünf Stunden am Tag mithilft. Für Schulklassen führen wir direkt am Hof Tierschutz-Unterricht durch. Das kommt sehr gut an, weil es in der Form etwas Neues und zum Anfassen ist.

Im Grossen und Ganzen läuft es gut, aber leider ist es jeden Monat eine Kopfweh-Partie, die Pacht zusammenzubekommen. Mittlerweile ist zwar die Anzahl der Passivmitglieder gestiegen, die uns finanziell unterstützen (es wird als Verein geführt), aber es reicht noch immer nicht, da leider zu wenig Spenden reinkommen.

swissinfo.ch: Was fasziniert Sie an all diesen Tieren?

E.W.: Die Faszination zum Tier war bei mir schon immer da. Natürlich durch meine Erziehung und Kindheit, da ich auf einem Bauernhof im Toggenburg im Kanton St. Gallen aufgewachsen bin.

Mittlerweile sind meine Ansichten zur Spezies Tier ganz anders: Ich sehe sie als fühlende Lebewesen wie Menschen, die auch nicht ausgenützt, misshandelt und getötet werden sollen. Und genau das lebe ich mit diesem Pferdegnadenhof jetzt vor.

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Eber Ferdinand ist der heimliche Star auf dem Gnadenhof.

swissinfo.ch: Wo genau leben Sie gegenwärtig, wie ist das Leben, die Küche dort?

E.W.: Ich lebe mit den Tieren in der Steiermark, 15 Minuten südlich von Graz in WildonExterner Link. Die Küche hier unterscheidet sich nicht wirklich von der Ostschweizer Küche. Das Klima hier ist sehr mediterran, im Sommer ist es keine Seltenheit, dass wir über 30 Grad haben. Die Südsteiermark versprüht mit ihrem Weinanbau ein Toscana-Flair.

swissinfo.ch: Wie denken Sie aus der Ferne über die Schweiz?

E.W.: Schön, dass das Volk wirklich die direkte Demokratie lebt.

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Eine wohlverdiente Ruhepause.

swissinfo.ch: Wie ist die politische Lage in Österreich nach den Wahlen im letzten Herbst? Interessieren Sie sich für die Politik in Ihrem Wohnland?

E.W.: Hier haben die Politiker und deren Parteien die Finger überall drin, und es ist schwer, etwas auf die Beine zu stellen und Erfolg zu haben, ohne irgendwelche Kontakte zu Grossparteien zu haben. In Österreich wird nicht die Sache honoriert, sondern die Zugehörigkeit.

Auch bei überparteilichen Themen mischen Leute mit, die von der Materie nicht viel Ahnung haben und/oder nur auf ihr eigenes Wohlergehen achten, nicht auf die Sache selbst und deren Wert für die Allgemeinheit.

swissinfo.ch: Nehmen Sie an Schweizer Wahlen und Abstimmungen teil? Per Brief oder E-Voting?

E.W.: Per Brief, Es liegt, glaube ich, in der Natur der Eidgenossen, dass man seine Meinung kundtut.

swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?

E.W.: Wo man geboren wird, dafür kann kein Mensch etwas dafür. Ich hatte das Glück, dass ich in einem Land aufwachsen durfte, das so bunt und vielfältig ist wie eine Alpwiese mit Gräsern und Blumen.

Materiell vermisse ich nichts in aus der Schweiz. Menschlich vermisse ich einiges: Handschlag-Qualität, Sachlichkeit und Offenheit gegenüber neuen Ideen.

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