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Hotelfachschulen liefern erweiterte Berufsperspektiven

Die Karriere im Hotel ist heute nur noch eine von vielen Perspektiven, die Schweizer Hotelfachschulen ihren Absolventen vermitteln. Keystone

Sie gelten nach wie vor als Non plus ultra der Branche, und sie sind dementsprechend teuer: Ausbildungen an Schweizer Hotelfachschulen. Zu Tradition und Reputation kommt bei diesen heute die Vermittlung vielfältiger Kompetenzen. So sind die Absolventen attraktiv auch für Banken, Versicherungen, Agenturen, Luxushersteller und sogar für die Diplomatie.

Die Hotelfachschule Lausanne (EHL) ist die älteste ihrer Art weltweit. Und immer noch eine der Renommiertesten. Es ist Informationstag, und rund 50 junge Interessentinnen und Anwärter mit Familienangehörigen folgen der einführenden Präsentation des Verantwortlichen von der Aufnahmestelle.

Die vierjährige Ausbildung kostet bis zu 150’000 Franken. Trotzdem hat die Fachschule kein Problem, die Reihen ihrer Klassen zu füllen. Tatsächlich schafft nur ein Drittel aller Interessenten den Sprung an die EHL.

Auch die anderen Schweizer Hotelfachschulen sind nicht billig. Dennoch ist das generelle Interesse an einer Ausbildung ungebrochen. Denn sie gelten als angesehenste Institutionen im Bereich der höheren Bildung weltweit.

“Im Klassenzimmer mit 30 bis 40 Studenten gibt es bis zu 25 Nationalitäten. Die Zahl der Leute aus Asien, und hier insbesondere China, nimmt zu, ebenso jene aus Indien, Brasilien, Russland, Thailand und Mexiko”, sagt Fabienne Rollandin von der Laureate Hospitality Education Gruppe, welche die Hotelfachschulen Glion und Les Roches führt.

Der starke Franken und neue Konkurrenz in Asien fordern aber die Schweizer Spitzeninstitute heraus.

“Es gibt jetzt exzellente Hotelfachschulen, die nicht schweizerisch sind und auch nicht so teuer. Die Schweizer haben nicht nachgelassen, aber die anderen haben aufgeholt”, sagt Fabrice Thome, Direktor Verkauf und Marketing des Hotels Four Seasons Geneva gegenüber swissinfo.ch.

Traditionelle Ausbildung im Wandel

Der Starkoch, der feinste Desserts kreiert; der aufmerksame Kellner, der den richtigen Wein zum Essen empfiehlt; der coole Barmann, der gekonnt den Cocktail mixt: Dies gehört nach wie vor zum Ausbildungs-Repertoire an Schweizer Hotelfachschulen.

Doch die vierjährige Ausbildung deckt heute viel weitere Bedürfnisse als die der eigentlichen Branche. Gelehrt werden in den Kursen u.a. Psychologie und Anthropologie, Mathematik und Statistik sowie Buchführung, Finanzanalyse und Ertragsmanagement.

Die Schweizer Institute mussten auf die Herausforderung durch die neue Konkurrenz reagieren, sprich, die hohen Kosten mit neuen Ausrichtungen rechtfertigen.

Begehrt bei internationalen Big Playern

Im Fall der EHL genügt ein Blick in die Infobroschüre, und die Richtung ist klar: Abgänger sind nicht nur bei den grossen internationalen Hotelketten begehrt, sondern auch von weltweit operierenden Unternehmen wie JP Morgan, HSBC, Nestlé oder L’Oréal.

Dies zeigt, dass Hotelfachschulen heute als Rekrutierungsbasis über die eigentliche Branche hinaus dienen. Absolventen sind heute zunehmend gesucht bei Firmen aus den Sektoren Banken, Immobilien, Versicherungen, Marketing, Luxusgüter und sogar in der Diplomatie, kurz: überall dort, wo die Schweiz einen ausgezeichneten internationalen Ruf besitzt.

Die Strategie, Gastfreundschaft mit Schweizer Werten und Kernkompetenzen in anderen Domänen zu verlinken, machen heute die Kurse der Hotelfachschulen für ambitionierte Junge zum begehrten Investment in die eigene Karriere.

Früher Rechnen, jetzt Analysieren

“Wir versuchen immer zuerst die Schweiz als Destination zu fördern und dann als Geburtsland der Ausbildung im Bereich Gastfreundschaft. Die Schulen kommen erst an dritter Stelle”, sag Florent Rondez, Chef der Swiss Education Group, die vier Hotelfachschulen betreibt.

Dank der erweiterten Karriere-Perspektive sind die Institute auch für Studenten attraktiv, die am Dienstleistungsbereich interessiert sind, ohne aber gleich Hoteliers werden wollen. Mittlerweile landet fast die Hälfte aller EHL-Absolventen, nämlich 44%, bei Unternehmen ausserhalb der Hotelindustrie.

Die Schulen passen ihre Ausbildungsprogramme auch vermehrt den Bedürfnissen dieser Sektoren an und bieten den Studenten Vertiefungskurse in Ökonomie, Finanzanalyse, Rechnungswesen und Ertragsmanagement an, die das CV aufwerten.

Hospitality aber, wie Gastfreundschaft auf Neudeutsch heisst, bleibt das Kerngeschäft. “Unsere Studenten wissen, wie sie mit Kunden sprechen und umgehen, deren Wünsche erfüllen können und wie sie Problemen lösen. Diese Soft Skills haben Absolventen von traditionellen Business-Schulen möglicherweise nicht”, sagt Rollandin von der Laureate Hospitality Education Gruppe.

EHL-Aspirant Karim Karouni aus Libanon setzt voll auf diesen Aspekt. “Die Aufnahme-Tage hier stärken die Zuversicht in meine Karriere, besonders wenn ich  sehe, wie viele verschiedene Unternehmen wie Hotels, Banken, Werbeagenturen und Handelsketten an der Rekrutierung von Absolventen der Hotelfachschulen sind.”

(Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

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