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Heikle Schweizer Mission in Teheran

Seit einem Monat Schweizer Botschafter in Teheran: Der Zürcher Philippe Welti. admin.ch

Die Fortsetzung des Dialogs über Menschenrechte geniesst für Philippe Welti, den neuen Schweizer Botschafter in Teheran, oberste Priorität.

In seinem ersten Interview seit dem Amtsantritt im Juli erzählt Welti gegenüber swissinfo über eine der delikatesten Aufgaben der Schweizer Diplomatie.

Am 2. August übergab Philippe Welti dem iranischen Präsidenten Mohammad Chatami in Teheran sein Beglaubigungsschreiben. Sein Amtsantritt fällt in eine heikle Periode, steht doch der Iran unter starkem internationalem Druck: Die Amerikaner werfen dem Gottesstaat vor, ein geheimes Atomwaffen-Programm voranzutreiben.

Die Schweiz ist im Iran mit der Wahrung der Interessen der Vereinigten Staaten betraut. Weltis Aufgabe ist es in erster Linie, den Dialog zwischen Washington und Teheran zu erleichtern.

Welti erachtet es als wichtig, dass die iranische Regierung weiter mit der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) kooperiert. Dies um zu beweisen, dass das Land keine atomaren Ambitionen hege, so Welti.

swissinfo: Die Wahrung der US-Interessen im Iran, was bedeutet das genau?

Philippe Welti: Wenn ich eine politische oder diplomatische Botschaft von einer Seite erhalte, ist es meine Aufgabe, sie an die Gegenseite weiterzuleiten.

Natürlich kann ich den Inhalt dieser Botschaften nicht verändern, ich reiche sie nur weiter. Das Heikle daran ist, die Vertraulichkeit über den Inhalt dieser Noten zu bewahren.

Zudem sind wir dafür verantwortlich, die Interessen der US-Bürger im Iran zu wahren. Dafür gibt es in der Schweizer Botschaft eine eigene Abteilung.

swissinfo: Präsident Chatami hat Ihnen zugesichert, dass er die ökonomischen und wissenschaftspolitischen Verbindungen zur Schweiz verstärken möchte. Was halten Sie davon?

P.W.: In meinen Gesprächen mit dem Präsidenten, aber auch mit Aussenminister Kamal Kharrazi, herrschte Übereinstimmung, dass die ökonomischen Verbindungen bereits ziemlich dynamisch sind.

Der Iran strebt aber direkte Schweizer Investitionen im Land an. Ich machte aber klar, dass der Entscheid darüber bei der Schweizer Privatwirtschaft liegt.

swissinfo: Inwiefern ist die prekäre Menschenrechts-Lage im Iran ein Hinderungsgrund für die Schweizer Wirtschaft, im Land zu investieren?

P.W.: Ich kann nicht für private Unternehmen sprechen. Für die Unternehmen zählen wohl aber in erster Linie ein rechtlicher Investitionsschutz und die Steuergesetzgebung. Die Menschenrechte stehen nicht an erster Stelle auf der Kriterienliste der Investoren.

swissinfo: Im letzten Oktober startete eine Schweizer Delegation in Teheran den Dialog über Menschenrechte. Gibt es schon Fortschritte?

P.W.: Ich habe Präsident Chatami erklärt, dass die Menschenrechte eine meiner Prioritäten als Botschafter sind. Wir werden genau verfolgen, wie sich der Dialog entwickelt.

Nach dem ersten Treffen ist es aber noch zu früh für eine Zwischenbilanz. Die nächste Runde wird voraussichtlich 2005 stattfinden.

Die Europäische Union, welche einen eigenen Menschenrechts-Dialog mit Iran führt, kann aber schon Erfolge vorweisen: Steinigungen beispielsweise sind seither im Land suspendiert.

swissinfo: Welches sind Ihre weiteren Prioritäten?

P.W.: Ich möchte wie schon erwähnt den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen beschleunigen, indem ich Schweizer Unternehmer überzeuge, im Iran zu investieren.

swissinfo: Zu der Angst Washingtons, der Iran unterhalte ein Atomprogramm: Teilt die Schweiz diese Angst?

P.W.: Meine Antwort deckt sich mit der offiziellen Position der Schweiz, was die internationale Waffenkontrolle betrifft.

Zum Thema Atomprogramm: Da muss die Staatengemeinschaft versuchen, den Iran innerhalb des Netzwerks aus Rechten und Pflichten zu behalten, welche die internationalen Konventionen vorschreiben. Ein wichtiges Element hiezu ist die Mitgliedschaft Teherans in der IAEA.

Deutschland, Frankreich und Grossbritannien versuchen momentan dem Iran klarzumachen, dass er alles offen legt, was im Bereich Atomenergie im Land geschieht.

Der Iran muss weiter beweisen, dass sämtliche Bemühungen auf diesem Gebiet ausschliesslich der zivilen Energieproduktion und nicht der Produktion atomarer Waffen dient.

swissinfo-Interview: Ramsey Zarifeh
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Philippe Welti wurde 1949 in Zürich geboren und trat 1979 in den diplomatischen Dienst ein.
1996 wurde er Vizechef der Schweizer Mission in Bonn.
Danach leitete Welti die Direktion für Sicherheitspolitik des Militärdepartements in Bern.
In dieser Funktion vertrat er Verteidigungsminister Samuel Schmid mehrfach bei Treffen der Euro-Atlantischen Partnerschaft (Nato-Organisation).

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