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Hintergründe des Crossair-Absturzes bei Zürich nach wie vor völlig unklar

Die Klärung der Ursache des Crossair-Absturzes, bei dem am Montagabend (10.01.) alle zehn Insassen getötet wurden, wird sich in die Länge ziehen. Untersuchungsleiter Jean Overney sprach am Tag nach dem Unglück von einer sehr komplizierten Ausgangslage.

Die Klärung der Ursache des Crossair-Absturzes, bei dem am Montagabend (10.01.) alle zehn Insassen getötet wurden, wird sich in die Länge ziehen. Untersuchungsleiter Jean Overney sprach am Tag nach dem Unglück von einer sehr komplizierten Ausgangslage. Rätselhaft blieb unter anderem eine unvorhergesehene Rechtskurve kurz vor dem Crash.

Der Konzernchef der SAirGroup, Philippe Bruggisser, gab am Dienstag (11.01.) an zwei weiteren Medienorientierungen neue Informationen über den Flug der Unglücksmaschine bekannt. Demnach verschwand die Saab 340 schon weniger als zwei Minuten nach dem Start vom Radarschirm der Flugsicherung. 30 Sekunden zuvor fand der letzte Funkkontakt mit der Crew statt, bei der dem Fluglotsen aus der Maschine ein “Standby”-Bescheid gegeben wurde, das heisst, dass er sich gedulden solle.

Rätselhaftes Flugprofil

Eine Meldung über irgendwelche Probleme an Bord oder gar einen Notruf erhielt die Flugsicherung nicht. Sie hatte aber beobachtet, dass das Flugzeug statt der geplanten Linkskurve über der Ortschaft Rümlang nach rechts abzudrehen schien. Das Flugprofil zeigte zudem, dass die Maschine in diesem Zeitpunkt in einen steilen Sinkflug übergegangen war, statt den Aufstieg fortzusetzen. Ob es sich bei diesem Manöver um eine kontrollierte oder eine unkontrollierte Bewegung handelte, steht nach Angaben des Chefs des Büros für Flugunfalluntersuchungen (BFU), Overney, noch nicht fest. Ebenso wenig gibt es gesicherte Informationen zur Frage, ob das Flugzeug schon in der Luft oder erst am Boden Feuer fing. Sicher ist, dass die Kantonspolizei Zürich bereits um 17.56 Uhr – das heisst in der gleichen Minute, als Kurs 498 vom Radarschirm verschwand – die ersten Alarmtelefone erhalten hat.

Der Flugdatenschreiber und der Voice Recorder konnten bis zum Abend nicht gefunden werden; die Suche und die Bergung der Leichen- und Wrackteile soll am Mittwoch fortgesetzt werden. BFU-Chef Overney weigerte sich, irgendwelche Mutmassungen oder Hypothesen über die Absturzursache aufzustellen. Der am Dienstag aus den Ferien in Iran zurückgekehrte Crossair-Gründer und -Chef Moritz Suter wies Spekulationen über einen Zusammenhang des Unglücks mit den Arbeitsbedingungen und der Wettbewerbssituation zurück. Auch die Pilotengewerkschaft, die vor kurzem wegen der Arbeitsbedingungen bei der Crossair den Gesamtarbeitsvertrag auf Mitte 2000 gekündigt hatte, wies solche Mutmassungen als deplatziert zurück.

Spekulationen um Arbeitsstress und Verständigungsprobleme

Suter und Bruggisser bezeichneten die beiden Piloten der Unglücksmaschine, einen 42-jährigen Moldawier und einen 34-jährigen Slowaken, als erfahrene und nach Schweizer Standard geprüfte Leute. Der moldawische Flugkapitän, der von der Air Moldavia an die Crossair ausgeliehen worden war, stand erst seit dem vergangenen 1. Oktober bei der Regionalfluggesellschaft im Einsatz. Sein slowakischer Kopilot wurde am vergangenen 1. August engagiert. Crossair-Geschäftsleitungsmitglied Andre Dose legte auch die Arbeitspläne der beiden Piloten offen. Sie zeigen, dass beide am Montagabend ihren ersten Einsatz des Tages flogen. Am Sonntag hatten sie je vier Einsätze absolviert. Andreas Heiter von der Swisscontrol sagte zu Spekulationen über Verständigungsprobleme, der Funkverkehr sei in absolut professionellem Englisch erfolgt.

Tiefe Betroffenheit und Bestürzung

Suter zeigte sich tief betroffen über den ersten Unfall in der Geschichte seines Unternehmens, das in wenigen Wochen 25 Jahre alt wird. “Das ist für uns, wie wenn wir ein Kind verlieren. Das tut uns allen sehr weh”, sagte er. Die SAirGroup hatte wie schon nach der Katastrophe von Halifax im September 1998 die Betreuung der Angehörigen der Opfer zur obersten Priorität erklärt. Ein zwölfköpfiges Care-Team war noch in der Nacht zum Dienstag nach Dresden geflogen. Am Dienstagabend wurden Angehörige von Opfern aus Sachsen an die Unglücksstelle in Niederhasli geführt. Bei den sieben ums Leben gekommenen Passgieren handelt sich um vier Deutsche im Alter von 23 bis 49 Jahren, um einen 62-jährigen Schweizer, einen 44 Jahre alten Franzosen und um einen 25-jährigen Spanier. Mit den beiden Piloten ist auch die 26-jährige französische Flight Attendant getötet worden. Auch die Schweizer Landesregierung und die Landeskirchen sprachen den Angehörigen ihr tief empfundenes Beileid aus.

SRI und Agenturen

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