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HIV-Therapien können optimiert werden

Die Aids-Medikamente wirken besser, wenn die Krankeit früh diagnostiziert wird. Keystone

Auch in den Entwicklungsländern funktionieren neue Aids-Therapien. Die Sterblichkeit ist jedoch viel höher. Eine Schweizer Studie sagt weshalb.

Der Bericht des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern wurde am Samstag im britischen Medizin-Journal Lancet veröffentlicht.

Die Hochaktive Anti-Retrovirale Therapie (HAART), eine Kombination einiger anti-retroviraler Medikamente, hat die Sterblichkeit durch Aids in den entwickelten Ländern um 90% verringert. Die Erfolgsrate in den Entwicklungsländern kannte man bis jetzt nicht.

“Wir wissen aus Studien, dass diese Behandlungen die Sterblichkeit beträchtlich senken. Uns hat aber interessiert, ob dies auch gleich gut in Afrika, Asien und Lateinamerika funktioniert”, erklärt Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin gegenüber swissinfo.

Egger hat herausgefunden, dass Menschen in Entwicklungsländern oft erst mit der Behandlung beginnen, wenn die Krankheit bereits weit fortgeschritten ist. Dadurch ist ihr Immun-System stärker beschädigt.

“Die Sterblichkeit in den ersten Monaten der Behandlung war fünf- bis acht Mal höher als in den Behandlungszentren im Norden”, sagt er.

Konsequenzen

Man hofft nun, dass das zweijährige Projekt aufzeigt, wie eine Behandlung rasch und umfassend erfolgen und wie deren Wirkung optimiert werden kann.

Egger ist der Ansicht, die Studie werde zwei Hauptauswirkungen für Behandlungsprogramme in Entwicklungsländern aufzeigen.

“Man muss versuchen, die Menschen früher in die Behandlungsprogramme zu bekommen. Weiter muss den begleitenden Komplikationen wie Tuberkulose mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.”

Er sagt, die Ärzte müssten sich mit diesen Nebenerscheinungen beschäftigen bevor sie mit einer HIV-Behandlung starten – “und das ist nur möglich, wenn sie früher eine Diagnose stellen können.”

Die Studie zeigt laut Egger auf, dass die Sterblichkeitsrate fast doppelt so hoch ist, wenn die Patienten ihre Medikamente selbst bezahlen müssen.

“In Afrika können die Betroffenen ihre Behandlung erst beginnen, wenn ihr Zustand bereits hoffnungslos ist. Und dann geht ihnen das Geld aus und sie brechen die Behandlung ab oder sterben.”

Er fügt hinzu: “Das alles scheint offensichtlich, aber es ist sehr wichtig, aufzuzeigen, was da passiert.”

Herausforderung

“Der Start mit diesen Behandlungen war erstaunlich”, sagt Egger. “Im Süden werden nun rund eine Million Menschen behandelt. Das sind vielleicht 15% jener, die eine Behandlung benötigen würden. Es ist aber eine bedeutende Verbesserung, verglichen mit der Situation vor zwei oder drei Jahren.”

Trotz dieser Fortschritte sei die Herausforderung riesig, sagt Egger. “Nach dem enthusiastischen Beginn der Unterstützung durch die Weltgesundheitsorganisation oder den Global Fund müssen diese Initiativen wirklich dauerhaft abgestützt werden”, sagt er.

“Es wäre schrecklich, wenn der Westen die Programme einige Jahren unterstützen würde, dann das Interesse verlöre und die Menschen dadurch wieder vermehrt sterben würden. Das wären sehr schlechte Aussichten und das muss verhindert werden.”

Ist er denn davon überzeugt, dass die Programme Bestand haben werden? “Ich hoffe es”, sagt er.

swissinfo, Thomas Stephens
(Übertragung aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Die HIV-Ansteckungsrate erhöht sich weiter.

2005 gab es weltweit rund 5 Millionen Neuansteckungen.

Über 40 Millionen Menschen leben mit dem HI-Virus.

Unter den drei Millionen Menschen, die letztes Jahr an aidsbedingten Krankheiten starben, waren rund 500’000 Kinder.

Eine Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern hat die Sterblichkeitsrate von HIV-infizierten Patienten in Entwicklungländern und den entwickelten Ländern verglichen.

Sie zeigt, dass die Sterblichkeitsrate in den Entwicklungsländern in den ersten Behandlungs-Monaten fünf- bis achtmal höher ist.

Und wenn die Menschen ihre Medikamente selbst bezahlen müssen, ist die Sterblichkeit fast doppelt so hoch.

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