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Holocaust-Gelder bleiben liegen

Fünf Jahre nach Abschluss des Vergleichs sind erst rund ein Drittel der Gelder ausbezahlt.

Über die endgültige Verteilung der Gelder kommt es deshalb zu neuen Verhandlungen noch in diesem Sommer.

Fünf Jahre nach Abschluss des Vergleichs zwischen den Vertretern der Überlebenden des Holocaust und den Schweizer Grossbanken am 12. August 1998 sind erst rund ein Drittel der insgesamt 1,25 Mrd. Dollar (1,7 Mrd. Franken) ausbezahlt.

Von dieser Summe gingen lediglich rund 123 Mio. Dollar (knapp 170 Mio. Franken) an Holocaust–Überlebende, wie aus einem Brief des mit der Verteilung beauftragten so genannten Special Masters Michael Bradfield an den US-Richter Edward Korman hervorgeht.

Fehleinschätzung

Insbesondere die Rückzahlung der Gelder aus den nachrichtenlosen Konten gestaltete sich überaus langwierig. Insgesamt konnten 1631 Konten identifiziert und ausbezahlt werden, wobei das zuständige Schiedsgericht die Anforderungen für die Auszahlungen mehrmals herabgesetzt hatte.

Auch wenn die Auszahlungen noch nicht abgeschlossen sind, steht fest, dass der Betrag von 800 Mio. Dollar (1,1 Mrd. Fr.) für die Inhaber von nachrichtenlosen Konten viel zu hoch angesetzt war. Am Vergleich beteiligte Anwälte gehen davon aus, dass letztlich nicht mehr als 300 bis 400 Mio. Dollar an diese Kategorie gehen werden.

Uneinigkeit über weitere Verwendung

Noch in diesem Sommer sind deshalb neue Verhandlungen über die Verteilung der Gelder geplant. Dies auch, weil sich der ursprüngliche Verteilplan als problematisch erwiesen hat.

Hinter den Kulissen wird bereits seit längerem darüber diskutiert, was mit dem verbleibenden Geld geschehen soll. Kreise um den ehemaligen Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, Israel Singer, möchten einen grösseren Betrag für allgemeine kulturelle jüdische Projekte einsetzen.

Viele kleinere Organisationen der Holocaust-Opfer halten jedoch daran fest, dass das Geld nur für Überlebende eingesetzt werden darf.

Letztes Wort hat Richter Korman

Der Chefanwalt der Kläger, Burt Neuborne, und der mit der Ausarbeitung des Verteilplanes beauftragte Anwalt, Judah Gribetz, würden demnächst einen Termin ansetzen, wie Leo Rechter, Geschäftsführer der Überlebenden-Organisation “Nahos”, sagte.

Der letzte Entscheid liegt bei Richter Korman, der bislang praktisch allen Anträgen von Neuborne und Gribetz gefolgt ist.

swissinfo und Agenturen

Von den 1,25 Mrd. waren 800 Mio. für die Überlebenden vorgesehen
450 Mio. waren für abgewiesene Flüchtlinge, Zwangsarbeiter und für humanitäre Hilfe an bedürftige Holocaust-Überlebende reserviert

Die Schweiz geriet Mitte der 90-Jahre wegen nicht ausbezahlten nachrichtenlosen Vermögen von Holocaust-Überlebenden unter starke Kritik.

1998 verpflichteten sich die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse zu Zahlungen von 1,25 Mrd. Dollar.

2000 hiess US-Richter Edward Korman den Verteilplan gut.

Die ersten Gelder an die Überlebenden wurden im Sommer 2001 ausbezahlt.

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