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HRE/EU-Kommission will schnell über Milliarden-Hilfen entscheiden (Zus.)

BRÜSSEL/BERLIN (awp international) – Die EU-Kommission will rasch über die neuen Milliarden-Hilfen für die marode Immobilienbank HRE entscheiden. “Wir prüfen derzeit die Anmeldung der zusätzlichen Staatsbeihilfen, die am Freitag eingegangen ist”, sagte die Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia am Montag in Brüssel. “Die Kommission wird bald eine Entscheidung treffen.” Deutschland habe umfangreiche Unterlagen vorgelegt.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte die Staatsgarantien von bis zu 40 Milliarden Euro und wies Kritik aus der Koalition am Vorgehen zurück. “Solche finanzmarktrelevanten Entscheidungen kann man nicht lange diskutieren und ankündigen.” Die aktuelle Marktentwicklung zeige, dass sie richtig gewesen sei.
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach sich für einen möglichst raschen Ausstieg des Staates aus der HRE aus: “Ich bin kein Freund von Staatsbeteiligungen.” Da die HRE “systemrelevant” sei, könne sich der Staat aber nicht Hals über Kopf zurückziehen. Dies müsse Schritt für Schritt geschehen. “Für mich war das schon überraschend”, sagte Brüderle zum neuen Milliardenbedarf.
Die Hypo Real Estate (HRE) soll vorübergehend bis zu 40 Milliarden Euro neue Staatsgarantien erhalten, um drohende Liquiditätsengpässe bei der Ausgliederung von Risikopapieren und nicht benötigten Geschäftsteilen zu verhindern. Es ging zuletzt um 180 Milliarden bis 185 Milliarden Euro. Ursprünglich sollten es 210 Milliarden sein. Zudem wird auf die wieder angespanntere Marktlage reagiert. Die HRE- Staatsgarantien klettern damit auf zeitweise 142 Milliarden Euro.
Staatsbeihilfen müssen von der EU-Kommission genehmigt werden. Bankenrettungsfonds Soffin, HRE und Bund hoffen auf eine rasche Genehmigung. Denn die gigantische, in der deutschen Bankenlandschaft einmalige Vermögensausgliederung soll Ende September starten. Die deutliche Verkleinerung der Bank ist eine Auflage der EU-Kommission.
Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Leo Dautzenberg (CDU), hatte die am späten Freitagabend bekanntgegebene Finanzspritze als eine “Nacht- und Nebelaktion” kritisiert und Aufklärung gefordert. Massive Kritik kam auch von der Opposition.
Schäuble zufolge wurde versucht, am Freitag die zuständigen Vertreter der Koalitionsfraktionen noch vorab zu informieren. “Das ist – weil viele Menschen am Freitagabend vielfältige Verpflichtungen haben – nicht in jedem Einzelfall gelungen”, sagte Schäuble. “Alle, die in die Entscheidung eingebunden sein mussten, waren eingebunden.”
Schäuble nannte es nicht überraschend, dass es für einen Übergangszeitraum einen erhöhten Liquiditätsbedarf gebe. Die Zusatz-Hilfen seien in Höhe und Laufzeit begrenzt. “Die Massnahme ist nicht dramatisch. Sie ist klug und sorgfältig abgestimmt und vorbereitet worden.” Die Marktreaktion sei hinreichend entspannt./sl/mt/ir/DP/dc

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