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Immer mehr Junge wollen in die Landwirtschaft

Die Landwirtschaft beschäftigt immer noch rund190'000 Personen. RDB

Obwohl die Bauern in der Schweiz unter Druck sind und manche um ihr Auskommen bangen, wollen immer mehr Junge Bauer werden. Landwirtschaftliche Schulen verzeichnen stark steigende Schülerzahlen.

Seit 2002 steigt der Ansturm auf Schulen für landwirtschaftliche Berufe stetig. Einige Ausbildungsstätten gelangen inzwischen an ihre Kapazitätsgrenzen.

In den letzten fünf Jahren sind die Schülerzahlen in der landwirtschaftlichen Berufsausbildung konstant gestiegen. Vor allem der Anteil an Zweitausbildung hat auffallend zugenommen.

“In den letzten Jahren stiegen unsere Schülerzahlen jeweils um 10 bis 20%”, sagt Stefan Heller, Schulleiter des Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrums Schüpfheim bei Luzern. Waren es 2002 noch 131 Lehrlinge, so sind es heute 190.

Bald auch zu wenig Lehrpersonen

An der Berufsschule werden deshalb seit 2006 im 1. und 2. Lehrjahr statt bisher drei neu vier Klassen geführt. Mit den Kapazitäten sei die Schule damit immer noch an der Grenze, sagt Heller. Steige die Nachfrage weiter, hätte die Schule schon bald zu wenig Lehrpersonen.

Auch für das neue Schuljahr sieht er den Trend nicht abbrechen. Bereits vor Ablauf der Anmeldefrist seien sehr viele Lehrverträge eingegangen.

Ähnliches Interesse kann das Inforama Rüti in Zollikofen bei Bern aufweisen. In den letzten zwei Jahren seien die Lehrverhältnisse im Kanton Bern auf rund 400 gestiegen, sagt Ausbildungsleiter Robert Lehmann.

In den letzten fünf Jahren ergibt dies einen Anstieg von 50 Schülern.

Die landwirtschaftliche Bildungsstätte Strickhof bei Zürich verzeichnete im gleichen Zeitraum eine Zunahme von 113 auf 133 Schüler, sagt Direktor Marc Kummer.

Klassen eröffnen oder Anwärter ablehnen müssen die Schulen bei den Zweitausbildungen, wo sie einen Boom verzeichnen: Während die Zahl in Zürich von 38 (2002) auf 104 (2006) hochgeschnellt ist, verzeichnet Bern einen Anstieg von 63 auf 130.

In Luzern sind die zwei Klassen pro Jahrgang ausgebucht, die Warteliste ist lang.

Aufschwung seit 2002

Schon seit fünf Jahren steigen die Zahlen der Lehrlinge im Landwirtschaftsbereich in der ganzen Schweiz, sagt Jakob Rösch vom Schweizer Bauernverband (SBV).

In der Deutschschweiz haben in den letzten fünf Jahren 10% mehr Junge die landwirtschaftliche Grundausbildung begonnen. Das ist ein Anstieg von 1124 auf 1246 Lehren.

Für Rösch sind landwirtschaftliche Berufe bei den Jungen deshalb beliebt, weil sie eine breite Palette an anspruchsvollen Aktivitäten in der Natur böten.

Attraktive Übergangslösung

Auch der Mangel an Lehrstellen bei anderen Berufen habe aber Einfluss. “Einige haben lieber den Abschluss als Bauer im Sack als gar nichts”, sagt Rösch.

Für viele sei eine Bauernausbildung auch eine attraktive Übergangslösung, meint Marc Kummer. Danach hätten sie sehr oft gute Möglichkeiten, in Berufe bei den Belieferern oder den Abnehmern der Landwirtschaft einzusteigen.

Zurzeit gibt es in der Schweiz 60’000 Betriebe. Etwa 4% verschwinden aber jedes Jahr. Dennoch sind laut SBV die Berufsaussichten gut.

“Wir bilden jährlich 900 junge Bauern aus. In 30 Jahren würde uns dies erlauben, die Zukunft von 27’000 Betrieben zu sichern”, sagt Rösch. Rund 15% der Abgänger wanderten jedoch in verwandte Berufe ab.

swissinfo und Agenturen

Der Landwirtschafts-Sektor schrumpft in der Schweiz seit Jahren stetig.

Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe sank von über 160’000 im Jahr 1965 auf noch rund 63’000 im Jahr 2005.

Auch die Anzahl der Beschäftigten sank stetig, von insgesamt rund 460’000 (je zur Hälfte Voll- und Nebenerwerb) 1965 auf noch 188’000 im Jahr 2005.

Das landwirtschaftliche Einkommen betrug 2005 pro Betrieb 54’000 Franken. 1990 waren es noch knapp 63’000 Franken.

Der Bund gibt pro Jahr knapp 4 Milliarden Franken für die Landwirtschaft aus.

Ab Samstag, dem Tag der Milch, öffnen über 200 Bauernbetriebe in der ganzen Schweiz für ein Jahr ihre Stalltüren.

Konsumenten sollen dabei Einblicke in eine Welt erhalten, die ihnen zunehmend fremd geworden ist.

Obwohl die Distanzen zwischen Stadt und Land in der Schweiz gering seien, nimmt die emotionale Distanz laufend zu.

Die Liste der Bauernhöfe mit offenen Stalltüren und die Öffnungszeiten sind im Internet einsehbar.

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