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Insiderverdacht: Anhörung von EADS-Managern (AF)

(neu: SDK)
PARIS (awp international) – Dreieinhalb Jahre nach dem spektakulären EADS- Insiderskandal müssen sich Airbus-Chef Tom Enders und 16 weitere Topmanager vor der französischen Börsenaufsicht AMF verantworten. Darunter sind Airbus-Verkaufschef John Leahy, der Dresdner Airbus- Chef Andreas Sperl und der frühere Konzernchef Noël Forgeard. Alle hatten mit hohen Gewinnen Aktien des Airbus-Mutterkonzerns EADS verkauft, bevor 2006 die dramatischen Produktionsprobleme beim Grossflugzeug Airbus A380 bekannt wurden und die Aktie abstürzte.
Im Kern geht es darum, wann die Airbus- und EADS-Manager wussten, dass das Programm des weltgrössten Verkehrsflugzeugs aus dem Ruder lief. Wenn dem Markt verheimlicht wurde, dass auf den Konzern Milliardenkosten zukamen, und die Manager mit ihrem Wissen an der Börse Kasse machten, wäre das strafbar. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK) hält das für wahrscheinlich. Alle überführten Manager müssten den Konzern verlassen, forderte SDK-Sprecher Michael Kunert am Montag. Wenn ein Insiderdelikt vorliege, hänge auch Enders mit drin, selbst wenn er nicht finanziell profitiert habe. Denn Enders sei als Co-Chef von EADS für die Information der Börsen verantwortlich gewesen.
Erste Verzögerungen bei der A380 waren seit 2005 bekannt. 2006 wurde zur Gewissheit, dass die Schwierigkeiten bei der Verkabelung in Hamburg zu gross waren, um die Zeitpläne einhalten zu können. Als der Markt darüber informiert wurde, brach die EADS-Aktie am 14. Juni 2006 um fast 27 Prozent ein. Sie erholte sich von dem Schock bisher nicht wieder. Die A380-Probleme sind bis heute nicht völlig gelöst.
Jetzt will der AMF-Strafausschuss klären, ob EADS damals die Märkte getäuscht hat und die Manager ihr Insiderwissen in bare Münze umgesetzt haben. Dann wären Bussgelder fällig. Auch EADS und seine Grossaktionäre Daimler und Lagardère müssen Rede und Antwort stehen. Daimler und Lagardère hatten vor dem Kurssturz je 7,5 Prozent EADS-Anteile mit Milliardengewinn verkauft.
Die Beschuldigten ziehen mit Dutzenden in die bis Freitag dauernde Anhörung. Bis Mitte Dezember wollen sich die Börsengendarmen ein Urteil bilden. Sie können Bussgelder bis zum Zehnfachen der Gewinne aus den Aktienverkäufen verhängen. Auch die Pariser Staatsanwaltschaft wird die AMF-Erkenntnisse genau ansehen. Sie ermittelt ebenfalls wegen des Insiderverdachts. Den Beschuldigten drohen bis zu zwei Jahre Haft sowie Strafen in Millionenhöhe.
Ein AMF-Berichterstatter kam Mitte 2009 zu dem Schluss, dass Enders, Daimler, Lagardère und andere ihre Aktienverkäufe organisierten, bevor die A380-Probleme erkannt wurden. Für Forgeard, Leahy, Sperl und andere Manager gilt das nicht. Forgeard hatte damals 4,34 Millionen Euro mit den Aktien verdient, Leahy 3,12 Millionen und Sperl gut 816.000 Euro./hn/DP/stw

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