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Jean Ziegler attackiert USA und UNO

Jean Ziegler nahm bei der Präsentation seines Berichts in New York kein Blatt vor den Mund. Keystone

Der Krieg gegen den Terrorismus bedroht gemäss dem UNO-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung den Kampf gegen den Hunger.

In seinem den Vereinten Nationen in New York vorgelegten Bericht kritisiert der Schweizer die “falschen Prioritäten” der USA und der UNO.

Seine Darlegung strafe eines der Millenniumsziele der Vereinten Nationen als Lüge, sagte Jean Ziegler, Schweizer Berichterstatter für das Recht auf Nahrung, bei der Präsentation seines Berichts am UNO-Hauptsitz in New York.

So drohe der Kampf gegen den Hunger auf Grund des Krieges gegen den Terror verloren zu gehen.

Falsche Prioritäten

Die Zahl der Hungernden wachse entgegen dem Ziel, den Welthunger bis ins Jahr 2015 zu halbieren. Im vergangenen Jahr habe sie um 10 Mio. Menschen auf 852 Millionen zugenommen. Dies sei eine Folge davon, dass die UNO und die USA mit dem Krieg gegen den Terror falsche Prioritäten setzten, sagte Ziegler.

Während die Waffenverkäufe dauernd stiegen und dieses Jahr erstmals die Grenze von 1000 Mrd. Dollar überschreiten würden, schaffe es die internationale Gemeinde nicht, genügend Mittel im Kampf gegen Hunger bereit zu stellen.

So sei das Budget des Welt-Ernährungsprogramms (WFP), das im vergangenen Jahr das Überleben von 91 Mio. Menschen garantiert habe, um 30% gekürzt worden.

Weil das Geld fehle, könne das WFP in manchen Krisengebieten Notrationen mit nur 1400 Kalorien an Stelle der nötigen 2100 pro Person und Tag liefern. So fabriziere die UNO indirekt selber Unterernährung, sagte Ziegler.

Sündenbock USA

In New York erhielt der UNO-Berichterstatter Schützenhilfe aus China. Als grösste Waffenproduzenten seien die USA zu einem grossen Teil Schuld am wachsenden Hunger, sagte der chinesische Vertreter vor der UNO-Versammlung.

Das Konzept des Krieges gegen den Terror sei falsch, ineffizient und diene amerikanischen Privatinteressen.

USA und Grossbritannien erheben Manipulationsvorwürfe

Kritik erntete Ziegler von Grossbritannien und den USA, die ihm vorwarfen, mit seiner Tätigkeit den Terrorismus zu fördern. Ziegler müsse zwar den Staaten Bericht erstatten, werde aber von Nichtregierungsorganisationen manipuliert.

Dennoch sind sich Ziegler und US-Präsident George W. Bush in einem Punkt einig: Agrarsubventionen müssten abgeschafft und die Schulden der Entwicklungsländer gestrichen werden. Ebenfalls müsse in weiten Teilen Korruption überwunden werden.

swissinfo und Agenturen

Im Jahr 2004 litten 852 Mio. Menschen an Hunger (10 Mio. mehr als 2003).
Im letzten Jahr konnte das Welt-Ernährungsprogramm 91 Mio. Menschen das Leben retten.
Für 2005 wurden Budget-Kürzungen von 30% vorgenommen.
Der Waffenhandel wird im Jahr 2005 das erste Mal die Grenze von 1000 Mrd. Dollar überschreiten.

Jean Ziegler (71 Jahre alt) war früher Soziologie- und Wirtschaftsprofessor an der Universität Genf sowie an der Sorbonne in Paris.

Als Sozialdemokrat sass er von 1967 bis 1983 und von 1987 bis 1999 im Schweizerischen Parlament.

Bekannt wurde er – auch im Ausland – mit seinen wiederholten Attacken gegen das Schweizer Bankgeheimnis.

Seit dem Jahr 2000 ist Ziegler UNO-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung.

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