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Jetzt muss die Armee entrümpeln

Die Schweizer Armee hat zuviel Material: neben Panzern und Flugzeugen auch Küchenenrichtungen und Schuhe. Keystone Archive

Die Schweizer Armee muss nicht mehr benötigtes Material in einem noch nie gesehenen Ausmass liquidieren. Über 100'000 Artikelposten sind zu verkaufen oder zu entsorgen.

Besondere Probleme bietet das schwere Kriegsgerät.

Der massive Abbau der Mannschafts-Bestände und der Spardruck bescheren der Armee eine gigantische Materialschlacht. In zahllosen Zeughäusern, auf Waffenplätzen und Armee-Fahrzeugparks lagern immense Mengen von Armeematerial, das nicht mehr gebraucht wird und möglichst rasch liquidiert, das heisst verkauft oder entsorgt werden muss.

Die für die Liquidation zuständige Logistikbasis der Armee (LBA) hat dieses Material (ohne die schweren Waffen) akribisch erfasst und berichtet von “über 100’000 Artikelpositionen im Bestandeswert von mehreren Milliarden Franken”.

Spardruck: Zeughäuser müssen geleert werden

Ein Teil dieses Materials stammt noch aus der Armee 61, ein weiterer Schub kam mit dem Übergang von der Armee 95 zur Armee XXI. Zudem haben sich die Vorgaben für die Vorrats-Haltung stark verändert.

Das Angebot ist reichhaltig: Vom Pinzgauer und den Stacheldrahtwalzen über ganze Küchenausrüstungen, Funk- und Sanitätsmaterial bis zu Textilien und Lederwaren jeglicher Art ist alles zu finden.

Nicht verkauft wird Munition, sie muss entsorgt werden. Für diese Mengen genügen die bisherigen Verkaufskanäle wie Auktionen, Liq-Shops und die Verwendung in der humanitären Hilfe nicht mehr. Zumal die ganze Entrümpelungsaktion rasch über die Bühne gehen muss.

Unter dem anhaltenden Spardruck muss das dichte Netzwerk an Lagern (vor allem Zeughäuser) rasch und massiv reduziert werden. Das ist aber erst möglich, wenn das dort lagernde Material weg ist.

Verkaufen statt umlagern

Um diese knifflige Aufgabe zu lösen, hat die Logistikbasis ein Liquidationskonzept ausgearbeitet, das mit einem Pilotversuch in den Zeughäusern Meiringen und Interlaken getestet wird.

Dort lagern in total 45 Gebäuden rund 3500 Artikel, die ein Volumen von 7000 Kubikmetern beanspruchen. Der Versuch sei noch nicht abgeschlossen, aber erste Erkenntnisse zeigten, dass noch ein zu grosser Anteil des Materials umgelagert statt entsorgt oder verkauft werde, sagt LBA-Kommunikationschefin Gabriela Zimmer.

Das hänge auch damit zusammen, dass für verschiedene Materialien der Liquidationsentscheid, für den der Planungsstab der Armee zuständig ist, noch nicht gefallen sei.

Man sei “vorsichtig” und wolle nichts entsorgen, das möglicherweise noch gebraucht werde.

Zu einem Geschäft für die Armee dürfte diese Liquidation kaum werden. Zimmer sieht sich ausser Stande, auch nur eine Schätzung über die zu erwartenden Erträge abzugeben.

Die Nachfrage sei sehr schwankend, ebenso die Preise, was eine Prognose unmöglich mache: “Wir sind froh, wenn wir mit den Einnahmen die Kosten für die Entsorgung decken können.”

Flugzeuge für die Museen

Ähnlich präsentiert sich die Situation bei den Grosssystemen wie Flugzeuge und Panzer, für deren Liquidation die Armasuisse zuständig ist.

Bisher konnten 32 Tiger-Jets zu Ausbildungszwecken an die US-Navy verkauft werden. Über den Verkauf von 8 weiteren Maschinen wird verhandelt.

12 Tiger hat die Armee kürzlich an die österreichische Luftwaffe vermietet. 40 Panzerhaubitzen M 109 gingen an die Landstreitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate.

Im Rahmen eines Rückverkaufs wurden 273 Lenkwaffen Maverick an die US-Herstellerfirma verkauft. Vier Alouette-III-Helikopter, die nach dem Gesetz nicht als Kriegsmaterial gelten, wurden an juristische und private Personen in der Schweiz verkauft, ein – fluguntaugliches – Exemplar ging nach Panama.

Von den ausgemusterten Mirages werden Ende November 13 – fluguntaugliche – Exemplare an einer Auktion in Buochs versteigert. Die restlichen sollen an Museen und in Sammlungen gehen.

Panzerverkauf stockt

Schwieriger gestaltet sich der Verkauf der Panzer 68 und der Schützenpanzer M-113. Die Offerte an Thailand, das sich für je 200 Panzer und Schützenpanzer interessiert, sei immer noch am laufen, sagt Margrit Schär, stellvertretende Kommunikationschefin bei Armasuisse.

Der Grund für die Verzögerung liege weniger beim Preis von 50 Mio. US-Dollar, als am langwierigen Bewilligungsverfahren in Thailand, vermutet Schär.

Zerschlagen hat sich das Leopard-Geschäft mit Australien, das sich für den amerikanischen M-1 Abrams entschieden hat.

swissinfo © Berner Zeitung, Franz Hophan

Als Folge der Armeereform schliesst die Armee 25 Zeughäuser und Fahrzeug-Parks – 7 davon teilweise.

Die Armee XXI sieht eine massive Reduktion der Soldaten vor.

Deshalb hat die Armee Material im Umfang von mehreren Milliarden, das sie nicht mehr benötigt.

Dabei handelt es sich sowohl um Kleinmaterial, aber auch um Küchen-Einrichtungen, Fahrzeuge und um Kampfflugzeuge und Panzer.

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