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Kantone: Fremdsprachen, Nationalbankgold, Steuern

In 16 Kantonen gab es am Wochenende auch kantonale Abstimmungen und Wahlen. imagepoint

In zahlreichen Kantonen standen am Wochenende auch kantonale Urnengänge an. Es ging es unter anderem um Themen wie Bürgerrecht und Fremdsprachen in der Primarschule.

Auch Steuerfragen und andere finanzielle Vorlagen, wie die Verwendung des Erlöses aus dem verkauften Nationalbankgold, kamen an die Urne.

In den Kantonen Zug und Thurgau lernen die Primarschüler künftig zwei Fremdsprachen. In beiden Kantonen wurden Initiativen für nur eine Fremdsprache deutlich abgelehnt.

Die Stimmenden stellten sich damit hinter das Modell 3/5 der Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK). Dies 3/5 bedeutet, dass die erste Fremdsprache ab der 3. Klasse, die zweite ab der 5. Klasse unterrichtet wird. Im Fall von Zug und Thurgau geht es um Französisch und Englisch.

Auch in anderen Kantonen ist und war die Einführung einer zweiten Fremdsprache in der Primarschule Thema. Im Kanton Schaffhausen sprachen sich die Stimmberechtigten im Februar 2006 knapp für 3/5 aus.

Hängig sind Initiativen in den Kantonen Luzern und Zürich. Appenzell Innerrhoden und Nidwalden entschieden sich bereits für das Modell 3/7. In Schwyz wurde eine entsprechende Motion überwiesen, in Glarus liegt ein Postulat gleichen Inhalts vor.

Goldsegen der Nationalbank

Ebenfalls für Diskussionen sorgt und sorgte die Verteilung des Nationalbankgold-Erlöses. Im Kanton St. Gallen werden die Gemeinden nicht direkt beteiligt. Die Stimmberechtigten hiessen den Verteilschlüssel von Regierung und Parlament in einer Referendumsabstimmung deutlich gut.

Von den 847 Mio. Franken, die der Kanton erhält, wird mit 612 Mio. ein Eigenkapital zur Förderung der kommunalen Zusammenarbeit und zur Deckung zukünftiger Defizite gebildet. Mit dem Rest tilgt der Kanton St. Gallen die Schulden.

Dafür profitieren im Kanton Jura die 83 Gemeinden vom Goldsegen. Sie bekommen zusammen 40 Mio. Franken, gut 580 Franken pro Person. Die Vorlage wurde klar angenommen. Insgesamt fliessen vom Nationalbank-Golderlös 260 Mio. in den Jura.

Der Kanton Tessin verwendet seinen Anteil am Verkauf des Nationalbankgoldes in der Höhe von 557 Mio. Franken zum Schuldenabbau auf kantonaler Ebene. Das Stimmvolk segnete dies in einer Referendumsabstimmung deutlich ab.

Während 277 Mio. Franken bereits zur Tilgung des Defizits in der Staatsrechnung 2005 verwendet wurden, kann nun mit den restlichen 280 Mio. Franken die geplante ausserordentliche Amortisation getätigt werden.

Ausserrhoden: Steuerprivilegien für Superreiche

Die Stimmberechtigten des Kantons Appenzell Ausserrhoden hiessen das Nationalbank-Goldgesetz (NGG) klar gut. Die 123,7 Mio. Franken, die Ausserrhoden erhalten hat, werden nun für Steuererleichterungen, die Gemeinden und die Kultur verwendet.

Reiche, Familien und Eigenheimbesitzer zahlen in Zukunft weniger Steuern. Nutzniesser der Steuerdegression sind Personen mit Einkommen von über 1,5 Mio. und Vermögen von über 50 Mio. Franken.

Für Topverdiener mit über 8,5 Mio. Franken Einkommen pro Jahr wird Teufen die steuergünstigste Gemeinde der Schweiz – attraktiver als das Schwyzer Steuerparadies Wollerau.

Zürich verselbstständigt Uni- und Kantonsspital

Im Kanton Zürich werden das Kantonsspital Winterthur und das Universitätsspital Zürich selbstständig. Beide Vorlagen wurden deutlich angenommen. Damit erhalten die Spitäler neue Führungsstrukturen und mehr unternehmerische Freiheiten.

Auf Privatisierungen wurde wegen der wichtigen Aufgaben der Spitäler im Bereich der Grundversorgung verzichtet. Die Spitäler haben nun als selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalten die gleiche Stellung wie die Universität Zürich, die kantonale Gebäudeversicherung und die Zürcher Kantonalbank.

Ladenöffnungszeiten

Klar lehnten die Thurgauer Stimmberechtigten das Gesetz über die Ladenöffnungszeiten ab. Damit müssen Tankstellenshops und kleinere Geschäfte weiterhin an den fünf hohen christlichen Feiertagen geschlossen bleiben.

Auch im Kanton Luzern werden die Ladenöffnungszeiten nicht ausgedehnt. Sowohl eine vollständige Liberalisierung wie auch eine weniger weit gehende Variante wurden abgelehnt. Damit bleibt alles beim Alten.

Unbestritten war hingegen das Berufsbildungsgesetz. Das Gesetz regelt die Weiterbildung und übernimmt die neuen schweizweiten Normen.

Aargau stärkt Polizei

Die Aargauer Polizei wird gestärkt. Gleichzeitig werden die Gemeinden bei der
Gewährleistung der Sicherheit stärker in die Pflicht genommen. Das Polizeigesetz und auch die Polizei-Initiative wurden klar gutgeheissen.

Als wichtigste Neuerung bringt das neue Polizeigesetz eine Aufgabenteilung. Die Kantonspolizei konzentriert sich künftig auf die Bekämpfung der Kriminalität, die Verkehrssicherheit auf Hauptverkehrswegen, den Einsatz bei Grossereignissen und den Einsatz bei Notrufen. Für Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf lokaler
Ebene müssen die Gemeinden selber sorgen.

Genf muss sparen

Das Genfer Stimmvolk will auf die Defizitbremse treten und die Schulden des Kantons von derzeit 12,7 Mrd. Franken drücken. Die Vorlage für eine
Schuldenbremse wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit angenommen.

Gleichentags trafen die Stimmenden aber auch einen Entscheid mit direkter Sparwirkung: Eine Mehrheit war dafür, dem Vivarium die Subventionen zu streichen.
Dieses wird wohl schliessen müssen. Das neue Tourismusgesetz wurde hingegen
deutlich und klar angenommen.

Nidwalden senkt Steuern

Die Nidwaldner Stimmberechtigten folgten den Empfehlungen der Regierung: Sie hiessen eine von Seiten des Demokratischen Nidwalden (DN) bekämpfte
Senkung der Grundstückgewinnsteuer gut und verwarfen eine Initiative der Sozialdemokraten zur Verbilligung der Krankenkassenprämien.

Mit der Steuergesetzrevision, die Ausfälle von 6 Mio. Franken bringt, will Nidwalden seine gute Position im Steuerwettbewerb verteidigen.

Drei Ja im Kanton Obwalden

Drei Mal Ja sagte der Souverän im Kanton Obwalden: Zur Revision des
Bürgerrechtsgesetzes, zum Bildungsgesetz und zu einer Verfassungsänderung über die Wahl des Bankrates der Kantonalbank.

Das Bürgerrechtsgesetz wird damit an die Rechtsprechung des Bundesgerichtes angepasst. Allfällige Ablehnungen von Einbürgerungen müssen künftig begründet werden.

Im zweiten Anlauf nahm das neue Bildungsgesetz die Hürde der Volksabstimmung. Es schafft die gesetzlichen Grundlagen für Entwicklungen im Bildungsbereich.

Im Kanton Schwyz wird die Organisation der Gerichte flexibler. Die Mehrheit der
Stimmenden war dafür, dass die Zahl der Richterinnen und Richter nicht mehr in der Verfassung, sondern in der Gerichtsordnung festgelegt wird.

In der Urner Kantonsregierung sitzen auch künftig sieben Mitglieder. Die Verkleinerung auf fünf Sitze wurde klar abgelehnt.

Zudem wird die Regierung weiterhin im Majorzverfahren gewählt. Die Umstellung auf das Proporzwahlsystem wurde noch deutlicher verworfen. Beide Vorlagen gingen auf
Volksinitiativen der Sozialdemokraten zurück.

swissinfo und Agenturen

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