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Katholische Kirche erwartet “mutigen” Papst

Der Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz, Agnell Rickenmann, erwartet die Botschaft des Papstes. Keystone

Die Schweizer Bischöfe haben den Besuch von Papst Johannes Paul II an diesem Wochenende in Bern Monate lang vorbereitet.

Der Sekretär der Schweizer Bischofskonferenz, Agnell Rickenmann, äussert sich im Gespräch mit swissinfo über seine Hoffnungen im Zusammenhang mit diesem Besuch.

Der Besuch des Papstes am 5. und 6. Juni in der Schweiz hat in den Medien ein grosses Echo. Diskutiert wird vor allem, ob der Heilige Vater überhaupt in der Lage sei, weiterhin als Oberhaupt der katholischen Kirche zu amtieren.

Laut einer jüngst erfolgten Umfrage sind 74 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer der Meinung, Papst Johannes Paul II sollte wegen seines hohen Alters und seiner schlechten Gesundheit zurücktreten.

Nach Ansicht von Agnell Rickenmann, Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), sollten die Fragen über den Gesundheitszustand des Papstes keinesfalls die Bedeutung seiner Botschaft der Hoffnung schmälern.

swissinfo: Sind Sie erregt über den Besuch von Papst Johannes Paul II in der Schweiz?

Agnell Rickenmann: Ja, ich bin erregt, in einem positiven Sinn. Wir sind alle froh, dass er kommt. Sein Besuch wird dem Katholizismus in der Schweiz neue Impulse geben.

Aber vergessen Sie nicht, dass es sich dabei nicht nur um einen Papst-Besuch handelt. Es ist in erster Linie ein Treffen von jungen Leuten – das erste Jugendtreffen in der Schweiz.

swissinfo: Nicht alle begrüssen jedoch den Papst-Besuch.

A.R.: Die Schweizer Bischöfe sind glücklich über seinen Besuch. Natürlich haben nicht alle den gleichen Bezug zum Heiligen Vater. Hier in der Schweiz gibt es vielleicht einige Priester, die dem Papst ein bisschen kritischer gegenüberstehen. Aber ich glaube, dass das Grundgefühl gegenüber ihm sehr positiv ist.

Der Papst-Besuch in der Schweiz hat natürlich gewisse traditionelle Probleme erneut aufgeworfen: die Zulassung der Frauen als Priesterinnen, das Zölibat und andere Fragen.

Aber die Botschaft des Jugendtreffens, des Papst-Besuches ist sicher eine der Hoffnung und des Glaubens – das ist die zentrale Botschaft.

swissinfo: Was sagen Sie zur Forderung vieler Katholiken, der Papst müsse zurücktreten?

A.R.: Katholische Gläubige sind beeinflusst vom Leben ausserhalb der Kirche. Ich glaube, es ist normal, dass sie so reagieren wie alle anderen Leute.

Aber schauen Sie sich die Botschaft an, die dieser alte, ja sogar kranke Mann überbringt: Es ist eine wichtige Botschaft der Hoffnung für all jene, die krank sind, die am Rande der Gesellschaft leben, die behindert sind. Es ist eine Botschaft, die sagt: Du darfst alt sein und dennoch deine Würde behalten.

swissinfo: Warum kommt der Papst gerade in die Schweiz? Ist das nicht eher überraschend?

A.R.: Es ist sein zweiter Besuch innerhalb von 20 Jahren. Die Frage stand im Raum, ob Johannes Paul statt in die Schweiz nach Österreich gehen sollte. Ja, es ist tatsächlich eine Überraschung, dass er sich für die Schweiz entschied.

Ich bewundere den Papst in dem Sinn, dass Österreich für ihn eigentlich angenehmer sein könnte: Dort wäre ihm ein enthusiastischer Massenempfang sicher gewesen. Dass er nun aber in die Schweiz kommt zeigt, wie mutig der Heilige Vater ist; denn unser Land ist wahrscheinlich ein bisschen kritischer gegenüber ihm eingestellt, und es werden mehr Fragen gestellt. Für mich beweist der Besuch in der Schweiz, dass Papst Johannes Paul keine Angst hat.

swissinfo: Es wird auch gesagt, dass der Vatikan nicht eben glücklich mit der katholischen Kirche in der Schweiz ist. Glauben Sie, dass der Papst eine besondere Botschaft für die Schweizer Bischöfe mitbringt?

A.R.: Nein. Als wir den Besuch mit unseren Freunden in Rom vorbereiteten, haben wir gesehen, dass es sich in erster Linie und hauptsächlich um einen Pastoralbesuch handelt. Meiner Meinung nach liegt die zentrale Bedeutung des Besuches darin, Schweizer Katholiken Hoffnung und Glauben zu bringen. Der Papst will unseren Katholizismus stärken.

swissinfo: Sie sprachen über ihre Hoffnungen bezüglich des Besuches. Glauben Sie wirklich, dass der Papst jungen Leuten eine Botschaft der Ermutigung geben kann?

A.R.: Ja. Junge Menschen sind richtig fasziniert von seiner Person. Er spricht nicht nur als Papst, sondern auch als Karol Wojtyla mit seiner persönlichen Geschichte. Und die Leute interessiert das sehr.

Junge Menschen sind heute nicht besser oder schlechter als vor 50 Jahren, aber sie haben andere Probleme. Eine erste Schwierigkeit sehe ich in der Frage des Zugangs zur Botschaft des Papstes und zur Botschaft des Glaubens. Vielleicht schafft das geplante Jugendtreffen hier eine Brücke, einen Zugang zu diesen Botschaften.

Ich bin sicher, dass viele Menschen eine Stärkung ihres Glaubens erfahren werden, weil sie sehen, dass sie nicht allein sind, und dass die katholische Kirche in der Schweiz nicht tot, sondern lebendig ist.

swissinfo-Interview: Morven McLean
(Übertragung aus dem Englischen: Jean-Michel Berthoud)

Biografie Agnell Rickenmann:

1963: Geboren in St. Gallen

1989: Nach Studienabschluss in Rom und Strassburg zum Priester geweiht

1989-1999: Pfarrer in Bern und Risch, Kanton Zug

1996-1999: Lehrt Theologie und Kirchengeschichte in Luzern und Lugano

1999: Ernennung zum Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz (SBK)

Ein grosser Teil der Schweizer Öffentlichkeit und auch viele Katholiken sind dem Papst gegenüber kritisch eingestellt. Und laut einer Umfrage finden 74 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer, Johannes Paul II sollte wegen seines hohen Alters und wegen seiner schlechten Gesundheit zurücktreten.

Für den Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Agnell Rickenmann, ist das kein Grund zur Beunruhigung. Im Gespräch mit swissinfo sagt er, die Schweizer Bischöfe seien glücklich über den Besuch des Papstes. Im Zentrum stehe dabei die Botschaft der Hoffnung und des Glaubens.

Rickenmann empfindet die Kritik von katholischen Gläubigen am Papst normal, weil sie vom Leben ausserhalb der Kirche beeinflusst seien. Für den SBK-Generalsekretär ist indessen sicher, dass viele Menschen durch den Papst-Besuch eine Stärkung ihres Glaubens erfahren würden.

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