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Kein Röstigraben bei Schengen/Dublin

Die Schengen/Dublin-Verträge wurden von 54,6% des Schweizer Stimmvolks gutgeheissen. Keystone

Der Stadt-Land-Unterschied war für das Abstimmungsresultat vom 5. Juni ausschlaggebend, und nicht die Sprachregionen.

Gemäss einer Vox-Analyse gab der Wunsch nach einer offenen Schweiz den Ausschlag für das Ja. Die Parteiparolen wurden überwiegend befolgt.

Bei der Volksabstimmung über den Beitritt zum Abkommen Schengen/Dublin vom 5. Juni hat eine Annäherung zwischen der Deutschschweiz und der Romandie stattgefunden. Der parteipolitische Graben war dabei tiefer als der Röstigraben.

Wie aus der am Dienstag veröffentlichten Vox-Analyse des Forschungsinstituts gfs.bern zu den Abstimmungen vom 5. Juni 2005 zeigt, hat sich in der Romandie bei der Landbevölkerung die Zustimmung zur europapolitischen Öffnung zurückgebildet.

53% der welschen Landbevölkerung sagten Ja zu Schengen/Dublin; 1992 hatten noch 71% Ja gesagt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). In den Deutschschweizer Städten hat die Zustimmung dagegen zugenommen (72% Ja zu Schengen/Dublin, 53 Prozent Ja zum EWR 1992).

Wunsch nach Offenheit

Wichtigstes Motiv für das Ja zu Schengen war der Wunsch nach Offenheit. Vier von fünf Befürwortern begründeten ihr Votum mit dem Argument, sie hätten sich für die Zusammenarbeit mit Europa und gegen eine Isolation der Schweiz aussprechen wollen.

An zweiter Stelle folgten allgemeine Vorteile, wobei allerdings nur einer von zehn Befürwortern sein Ja als Vorbereitung für einen EU-Beitritt verstanden wissen wollte. Das Sicherheitsargument, um das die Befürworter ihre Kampagne aufgebaut hatten, kam an dritter Stelle.

Parteipolitische Grundeinstellung relevant

Beim Abstimmungsverhalten fiel die politische Grundeinstellung stark ins Gewicht. Die Sympathisanten der Regierungsparteien folgten weitgehend deren Parolen: 92% der Anhängerschaft der Schweizerischen Volkspartei (SVP) lehnten die Abkommen ab.

82% der Parteigänger der Sozialdemokratischen Partei (SP), 79% der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und 72% der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) stimmten hingegen zu.

Somit hat sich die Differenz zwischen der SVP-Anhängerschaft und den Sympathisanten der anderen bürgerlichen Mitte-Rechts-Parteien seit der EWR-Abstimmung von 1992 mehr als verdreifacht.

Partnerschafts-Gesetz

Die parteipolitische Bindung war auch ausschlaggebend beim Entscheid zur zweiten Abstimmungsvorlage, dem Partnerschaftsgesetz. Dieses wurde von Anhängern der SP, der FDP und der CVP sowie jüngeren, modern eingestellten Personen mehrheitlich angenommen, während es SVP-Sympathisanten, ältere, traditionsbewusste und kirchlich orientierte Personen mehrheitlich ablehnten. Die Konfession spielte aber offenbar keine so starke Rolle.

Allgemein wurde dem Schengen/Dublin-Abkommen grössere Wichtigkeit zugemessen als dem Partnerschaftsgesetz.

swissinfo und Agenturen

54,6% der Stimmenden haben die Abkommen Schengen/Dublin angenommen.
Die Stimmbeteiligung betrug 56%.
In der Zentral- und Ostschweiz haben sich 10 Stände und 4 Halbkantone dagegen ausgesprochen.
Da die bevölkerungs-reichen Kantone Zürich und Bern klar Ja sagten, gab es auch in der Deutschschweiz ein klares Volksmehr für Schengen.

Die Abkommen Schengen/Dublin:

Die alte Regelung wird voraussichtlich bis Ende 2007 gelten.

Ab 2008 wird sich die Schweiz an die Fahndungsdatenbank (SIS II) anschliessen können.

Das Schengen-Visum berechtigt niemanden, in der Schweiz zu arbeiten oder sich hier niederzulassen.

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