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Kiffen soll weiterhin strafbar sein

Wer kifft, bewegt sich weiterhin im Dunst der Illegalität. Reuters

Die grosse Parlamentskammer hat die Initiative für straffreien Cannabis-Konsum deutlich abgelehnt. Auch in der zweiten Parlamentskammer dürfte das Anliegen kaum Erfolg haben.

Damit hat das Parlament bereits zum zweiten Mal einem liberaleren Umgang mit Hanf-Produkten eine Absage erteilt. Abschliessend darüber befinden wird allerdings das Volk.

Der Nationalrat hat die Volksinitiative “für eine vernünftige Hanfpolitik” mit 106 zu 70 Stimmen klar bachab geschickt. Die Volkskammer will dem Begehren auch keinen Gegenvorschlag entgegen setzen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

Das Nein hatte sich schon in der nach gut drei Stunden unterbrochenen Debatte vom vergangenen Mittwoch abgezeichnet.

Verbot als taugliches Mittel

Dort wurden die Argumente für und gegen eine Entkriminalisierung des Cannabiskonsums bereits ausführlich diskutiert. Die Gegner aus dem bürgerlichen Lager, zu denen die Schweizerische Volkspartei (SVP), die Christlichdemokraten (CVP) und die klare Mehrheit des Freisinns (FDP) gehörten, stellten fast ausnahmslos ein Argument in den Vordergrund: Den Schutz der Jugendlichen vor den Gefahren der Droge, den sie nur mit einem Verbot gewährleistet sahen.

Sie warnten vor einer Banalisierung des gesundheitsschädlichen Cannabis und bezeichneten eine Liberalisierung als falsches Signal.

Revision des Betäubungsmittelgesetz

Bei der Fortsetzung der Debatte am Montag erhielten die Gegner Unterstützung von Bundesrat Pascal Couchepin. Eine Einzelregelung für Cannabis sei nicht gerechtfertigt, sagte der Gesundheitsminister.

Eine effiziente Suchtpolitik bedinge Massnahmen unabhängig von den einzelnen Substanzen. Die Probleme beim Cannabiskonsum seien im Betäubungsmittelgesetz zu regeln, mit dessen Teilrevision sich der Ständerat noch in dieser Session beschäftigen werde. Zudem widerspricht laut Couchepin eine vollständige Hanf-Legalisierung verschiedenen UNO-Konventionen.

Differenzierte SVP-Politiker

This Jenny, Glarner SVP-Ständerat und Gegner der völligen Liberalisierung, hätte einen Gegenvorschlag begrüsst, der eine teilweise Legalisierung brächte. “Die Initiative hat wenig Chancen, und wenn man wirklich einen Jugendschutz durchsetzen will, braucht es einen Gegenvorschlag”, sagte Jenny.

Wenn auf Schulhaus-Pausenplätzen und in öffentlichen Räumen Hasch konsumiert werde, setze niemand das Verbot durch. “Deshalb ist eine Teilliberalisierung besser”, so Jenny.

Schwarzmarkt das Wasser abgraben

Für die Befürworter der Initiative mit Vertretern der Linken und einer FDP-Minderheit ist die bisherige Verbotspolitik gescheitert. Sie habe den Massenkonsum nicht verhindern können und überlasse dem Schwarzmarkt das Feld, hiess es.

Die aktuelle Hanf-Politik fördere Kriminalität, unterstütze mafiöse Strukturen und behindere den Jugendschutz. Die Befürworter des straflosen Kiffens glauben, dass der Staat in einem regulierten Markt den Gefahren des Konsums besser entgegenwirken kann als mit Repression.

Enttäuscht

Präventivmediziner und Befürworter Felix Gutzwiller von der FDP zeigte sich gegenüber swissinfo enttäuscht. “Die Selbstschädigung von Erwachsenen gehört nicht wirklich ins Strafgesetzbuch. Auch bei anderen selbstschädigenden Taten ist dies ja nicht der Fall”, sagte der neue Zürcher Ständerat. Damit müsse man aufhören, denn das diene nicht der Prävention.

Für viele Menschen, die Cannabis konsumierten, stelle dies kein Straftatbestand dar. “Deshalb sollte man das Recht anpassen, und zumindest in einem nächsten Schritt die Entkriminalisierung des Konsums durchsetzen”, sagte Gutzwiller.

swissinfo und Agenturen

Die Entkriminalisierung des Canabis-Konsums ist ein altes Anliegen namentlich linker Politiker, wird aber auch von gemässigten Bürgerlichen unterstützt.

Der Durchbruch schien Anfang des Jahrzehnts mit der Reform des Betäubungsmittelgesetzes in Reichweite. Das Parlament lehnte 2004 den Vorschlag der Regierung jedoch ab.

In der Folge reichte ein Komitee Anfang 2006 eine Volksinitiative ein, die die Entkriminalisierung des Kiffens verlangte. Diese Initiative wird vom Bundesrat (Regierung) abgelehnt.

Nach dem Nein des Nationalrates (Volkskammer) kommt die Vorlage im nächsten Frühjahr in den Ständerat. In jedem Fall wird das Volk das letzte Wort haben. Wann die Initiative dem Volk zur Abstimmung vorgelegt wird, ist aber noch nicht bestimmt.

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