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Kinder-Pornos bekämpfen

Im Internet finden Pädophile, was sie suchen - anonym, wie viele glauben. swissinfo.ch

Pädophile nutzen das Internet stark. An einer Fachtagung suchen Spezialisten Lösungen. Ein mit Stolpersteinen gespicktes Unterfangen.

“Es gibt viele Konsumenten von Kinderpornografie in der Schweiz”, sagte Andreas Brunner gegenüber swissinfo. Er ist Präsident der Arbeitsgemeinschaft gegen die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern (ECPAT) und Staatsanwalt im Kanton Zürich.

Genaue Zahlen, wie viele Schweizer im Internet Bilder von nackten Kindern suchen, gibt es nicht. Wie oft einschlägige Begriffe auf Suchseiten eingegeben würden, sei jedoch erschreckend, ergänzt Brunner.

Kongress gegen Kinderpornos

An einer Konferenz im solothurnischen Balsthal treffen sich am Donnerstag und Freitag Fachleute, die Kinder schützen wollen. Rund 120 Personen drängen sich in einen stickigen Saal, um in Referaten an den Erfahrungen von Polizisten, Juristen oder Psychologinnen teilzuhaben.

Viele der Anwesenden arbeiten in den kantonalen Strafverfolgungs-Behörden, bei der Polizei oder bei Hilfestellen und Nichtregierungs-Organisationen (NGO). Ausländer sind vor allem bei den Referentinnen und Referenten zu finden – ein Tribut an die internationale Dimension des Problems.

Freunde, Status und Achtung im Internet

Einer dieser ausländischen Spezialisten ist John Carr, Vizedirektor der britischen NGO “Children and Technology” (NCH). “Im Internet kann ein pädosexueller Mann Freunde finden, Status und Achtung”, sagt Carr.

Eintrittsbillet in Pädophilen-Zirkel sind Bilder von nackten Kindern. In einem Beispiel, das der Spezialist anführt, war es ein Bild von einem FKK-Strand. In den Zirkeln von Gleichgesinnten entsprechen Bilder einer Währung, getauscht wird in Newsgroups, in Chats oder via Mail.

“Das Internet war ein Quantensprung. Heute sind die Täter, Produzenten wie auch Konsumenten, weltweit miteinander vernetzt. Das ist eine völlig neue Dimension”, sagt ECPAT-Präsident Brunner.

Nicht einfach Pornografie

“Pornografische Darstellungen mit Kindern sind nicht einfach Porno-Bilder, sondern der ewige Beweis für sexuellen Missbrauch einer minderjährigen Person”, erklärte Steve Quick von der Metropolitan Police aus London.

Abnehmer für solche Bilder seien zu 95% Männer, die auf diesem Weg Erregung und sexuelle Befriedigung suchten, erklärt der Kriminalbeamte weiter.

Keine Anonymität im Netz

Alle Experten betonen, dass es im Internet keine Anonymität für Täter gibt, auch wenn dieser Irrglaube weit verbreitet sei. So gebe es durchaus technische Ansatzpunkte, bei Ermittlungen in Kinderporno-Fällen.

Bedingung sei allerdings, dass beispielsweise Internet Service Provider (ISP) die Zugangsdaten speichern und zur Verfügung stellen. Dabei sind die Ermittlungs-Behörden oft auf den Goodwill der ISP angewiesen, da es noch wenig Gesetze für solche Probleme gibt.

Grosse Hürden werfe auch der internationale Charakter vieler Delikte auf, oder die Verlinkung von Seiten, erklärt der Internet-Rechts-Spezialist Christian Schwarzenegger von der Universität Zürich. Für den Rechtsprofessor ist die Schweiz auf dem richtigen Weg, wie er gegenüber swissinfo ausführte. Wichtigstes Element dabei sei die Cybercrime Convention des Europarates, welche die Schweiz unterschrieben habe. Sie sei gegenwärtig im Begriff, ihr Gesetz anzupassen.

Schweizer unterdotiert

“Die Schweiz ist seit einigen Monaten in den Startlöchern”, konstatiert ECPAT-Geschäftsleiterin Katrin Hartmann. Sie verweist auf die nationale Koordinations-Stelle des Bundes, die Anfang Juni vom eidgenössischen Parlament beschlossen wurde.

Neun Beamte sollen strafbare Missbräuche im Internet erkennen, Ermittlungen zwischen den kantonalen Polizei-Korps koordinieren und die Internet-Kriminalität in der Schweiz periodisch analysieren. Bewilligt haben die Räte 1,3 Mio. Franken pro Jahr.

“Neun Personen sind eindeutig zu wenig”, meint Brunner. So seien nur schon in Bayern 40 Beamte mit dieser Aufgabe betraut oder 160 in Italien. “Die Schweiz hat einen erheblichen Beitrag zu leisten. Sie muss und kann mitmachen”, mahnt Brunner.

Philippe Kropf, Balsthal

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