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Kinderzulagen: Entscheid an der Urne

Mehr Familienzulagen - mehr Kinder? Keystone

Der Schweizerische Gewerbeverband hat rund 55'000 beglaubigte Unterschriften gegen das Familienzulagen-Gesetz eingereicht. Die Volksabstimmung findet am 26. November statt.

Bereits hat sich auch ein breit abgestütztes Komitee für das Gesetz gebildet, da die jetzige Regelung zu grossen Unterschieden und Benachteiligungen führe.

Das Parlament will mit dem Familienzulagen-Gesetz die Kinderzulagen auf mindestens 200 Franken vereinheitlichen, die Ausbildungszulagen auf 250 Franken.

Daraufhin hat die Gewerkschaft Travail.Suisse ihre Initiative “Für faire Kinderzulagen” zurückgezogen, die mindestens 450 Franken verlangt hatte.

Das Referendum ist vom Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) lanciert und von Wirtschaftsorganisationen, insbesondere von der Fédération des Entreprises Romandes, vom Centre Patronal, vom Arbeitgeberverband sowie von Economiesuisse mitgetragen und unterstützt worden.

Für die Finanzierung des Referendums kamen ausschliesslich diese Wirtschaftsorganisationen auf.

Kein “Giesskannensystem”

Der Gewerbeverband wehrt sich zusammen mit den anderen Wirtschaftsorganisationen gegen die Einführung einer neuen Sozialversicherung und gegen neue “Giesskannen-Subventionen”. Zudem will er eine noch stärkere Bevormundung der Kantone verhindern.

Die kantonale Ausgestaltung der Familienzulagen sei harmonisch gewachsen und habe sich bewährt, schreibt der SGV. Die in der Schweiz ausbezahlten Kinderzulagen lägen weit über dem europäischen Durchschnitt.

Eine zentralistische “Bundeskinder-Regelung” würde das gut funktionierende System gefährden und die Kantone einmal mehr stärker bevormunden.

SGV zuversichtlich

Die Wirtschaftsverbände sind zuversichtlich, dass die Abstimmung zu ihren Gunsten ausgehen wird. Wenn erst einmal eine breite Diskussion lanciert worden sei, würden die Stimmberechtigten einsehen, dass gute Absichten noch lange nicht zu einer guten Gesetzesvorlage führten.

Der SGV ist überzeugt, dass Bundeskinderzulagen teuer und bürokratisch wären, überrissene Sozialzahlungen ins Ausland verursachen und eine schädliche Einmischung in die gut funktionierenden Sozialleistungen der Kantone darstellen würden. Das werde viele Stimmberechtigte bewegen, Nein zu stimmen.

Bildung eines “Ja-Komitees”

Mit Blick auf das SGV-Referendum haben sich über 40 Organisationen und über 100 Personen zu einem überparteilichen nationalen Komitee “Ja zum Familienzulagen-Gesetz” zusammengeschlossen.

Präsidiert wird das Komitee von acht Parlamentarierinnen und Parlamentariern von den Sozialdemokraten (SP), den Grünen, der Evangelischen Volkspartei (EVP), der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und der Christlichsozialen Partei (CSP).

Weiter unterstützt wird es unter anderem vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse, dem Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH), dem Verband Angestellte Schweiz und Caritas.

Die heutige kantonale Regelung der Kinder- und Ausbildungszulagen führe zu grossen Unterschieden und Benachteiligungen, heisst es in einer Mitteilung des Komitees. Mit dem neuen Gesetz werde hier Abhilfe geschaffen, die Anspruchsberechtigung gesamtschweizerisch harmonisiert.

Knatsch bei den Unterschriftensammlern

Die SVP gratulierte dem SGV per Communiqué für das gelungene Referendum und rühmte sich, gegen 20’000 Unterschriften beigesteuert zu haben. Dieser Behauptung trat der freisinnige Nationalrat und SGV-Präsident Pierre Triponez entgegen.

Die SVP habe ihm nur 419 und erst noch unbeglaubigte Unterschriften abgeliefert. Sie sollte sich nicht mit fremden, sondern mit den eigenen Federn schmücken.

swissinfo und Agenturen

Die kantonalen Familienzulagen variieren zwischen 150 und 444 Franken pro Kind und Monat.
9 von 26 Kantonen bezahlen bereits jetzt mehr als 200 Franken monatlich (183 Franken sind es z. B. im Tessin).
Im Durchschnitt hat jede Frau in der Schweiz 1,4 Kinder.

Die Höhe der Familienzulagen in der Schweiz wird von jedem Kanton selbst bestimmt.

Der Vorschlag, das Minimum der Familienzulagen national anzugleichen, entstammt einer parlamentarischen Initiative vor 15 Jahren.

2004 lancierte die Gewerkschaft Travail.Suisse eine Initiative, die 450 Franken pro Monat für jedes Kind forderte.

Das Eidgenössische Parlament machte im März einen Gegenvorschlag: 200 Franken pro Kind. Darauf wurde die Initiative zurückgezogen.

Nachdem am Donnerstag die nötigen Unterschriften gegen das Gesetz deponiert wurden, wird das Stimmvolk am 26. November 2006 darüber befinden.

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