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Klimakonferenz nimmt Erklärung “zu Kenntnis”

Das Ende des Klimagipfels: Ban Ki-Moon und der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen. Keystone

Die Weltklimagipfel-Konferenz beschloss am Samstagvormittag, eine von Staats- und Regierungschefs ausgehandelte Erklärung zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Damit hat der "Copenhagen Accord", der das wichtige Zwei-Grad-Ziel festschreibt, Verbindlichkeit.

Vor der Entscheidung war die Sitzung wegen eines Grundsatzstreits stundenlang unterbrochen gewesen. Gegen die von US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Staatenlenkern ausgehandelte Schlusserklärung hatte es erheblichen Widerstand aus Entwicklungsländern gegeben – wegen des schwachen Inhalts, aber auch wegen des Verhandlungsverfahrens.

Der Kompromiss von Obama, Merkel und rund 25 weiteren Staatenlenkern aus allen Regionen der Welt enthält wenig bis auf das Ziel, die Erwärmung der Erde auf unter zwei Grad zu begrenzen, und eine Finanzzusage der Industrie- an die Entwicklungsländer. Sie sollen zunächst zehn Milliarden Dollar pro Jahr, später bis zu 100 Milliarden Dollar bekommen.

Die Entscheidung bedeutet nach Auskunft des UNO-Experten Alden Meyer aus den USA, dass eine hinreichende Grundlage vorhanden ist, um den Inhalt der Erklärung rechtlich umzusetzen. Allerdings fehlt das politische Votum der Konferenz zugunsten der umstrittenen Vorlage.

Kritik von Entwicklungsländern

Nach dem Abflug der Staats- und Regierungschefs übernahm wieder das Plenum der 193 Staaten auf der UN-Konferenz die Debatte – und dort regte sich massiver Widerstand gegen die Vereinbarungen der Chefs. Zahlreiche Redner aus Entwicklungsländern übten in einer mehrstündigen Plenarsitzung heftige Kritik.

Der Delegierte aus dem pazifischen Inselstaat Tuvalu, der von ansteigenden Meeresspiegeln in seiner Existenz bedroht ist, erklärte, die Zukunft seines Landes stehe nicht zum Verkauf. Kuba, Bolivien und Venezuela beklagten, sie seien bei der Erarbeitung der Vereinbarung nicht gefragt worden.

Der sudanesische Vertreter Lumumba Di-Aping erklärte, der Entwurf hätte für Afrika verheerende Folgen. Er zog einen Vergleich zum Holocaust, was von anderen Delegationen verurteilt wurde. Allgemein wurde kritisiert, dass der Text unzureichend und nicht bindend sei.

Weiteres Treffen 2010

Umweltschutzorganisationen und Beobachter reagierten bestürzt auf den Minimalkonsens der Staats- und Regierungschefs.

Der als historisch gewertete Klimagipfel in Kopenhagen war zwei Jahre lang vorbereitet worden. Das ursprüngliche Ziel, dort einen verbindlichen Vertrag zustande zu bekommen, wurde bereits Wochen vorher aufgegeben. Das Abkommen könnte nun frühestens Ende 2010 stehen. Für Mitte 2010 ist ein weiteres Treffen auf Ministerebene in Bonn geplant.

Afrikanische Staaten enttäuscht

Afrika, das von einem Klimawandel besonders stark betroffen wäre, hat enttäuscht auf das kümmerliche Ergebnis von Kopenhagen reagiert. Besonders lautstark und schrill formulierten allerdings Politiker jener Staaten, die wegen Menschenrechtsverletzungen am internationalen Pranger stehen. Der Chef-Unterhändler des Sudans, Lumumba Stanislaus Di-Aping, sprach beispielsweise von einer drohenden “Auslöschung von Afrika”.

Allerdings war die Einheit Afrikas vor dem Gipfel nach den turbulenten Tagen in Kopenhagen vorbei. Vor Beginn hatten die 52 Mitglieder der Afrikanischen Union in seltener Einstimmigkeit von den Industriestaaten eine Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2020 gefordert. Zudem wurden massive Finanzhilfen verlangt: 0,5 Prozent des Bruttosozialprodukts der reichen Staaten sollten in die Dritte Welt für Maßnahmen gegen den Klimawandel fließen.

Am Ende aber hatten wichtige Staaten Afrikas eingelenkt und unterstützen die mühsamen ausgehandelten Kompromissformeln. US-Präsident Barack Obama bewegte in einem Gespräch Südafrikas Präsidenten Jacob Zuma dazu, die Abschlusserklärung mitzutragen. Zuma war erst letzte Woche vom französischen Präsidenten Sarkozy überzeugt worden, nach Kopenhagen zu reisen.

swissinfo.ch und Agenturen

An der UNO-Klimakonferenz von Kopenhagen, die zur Zeit noch nicht offizell abgeschlossen ist, versuchten die 193 Länder sich auf ein globales Klima-Abkommen zu einigen, als Nachfolge oder Verlängerung des Kyoto-Protokolls, das Ende 2012 ausläuft.

Das Ziel der Klimakonferenz war es zu verhindern, dass das Weltklima sich um 2 Grad Celsius erhöht im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Die zwischenstaatliche Expertengruppe über die Klimaentwicklung (Giec) ist der Meinung, dass eine Treibhausgas-Reduktion der Industriestaaten von 25% bis 40% bis 2020 im Vergleich zu 1990 nötig ist.

Die Giec forderte die reichen Länder ursprünglich auf, bis 2050 80% bis 95% der Treibhausgase einzuschränken. Die Entwicklungsländer sollen dies bis 2050 um 50% tun.

Die Landesregierung schlug für die Schweiz eine Reduktion von jetzt bis 2020 von mindestens 20% der Emissionen im Vergleich zu 1990 vor. Die Schweiz war bereit, die Reduktion auf 30% zu erhöhen, je nach Ausgang der Klimakonferenz in Kopenhagen.

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