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Klimawandel: Positives Echo für Schweizer Vorschlag

Keystone

Die Schweiz hat am Rande der UNO-Vollversammlung in New York einen Vorschlag zur globalen Finanzierung von Schutzmassnahmen gegen Auswirkungen des Klimawandels vorgestellt. Die Präsentation stiess auf reges Interesse.

Seit der Klimakonferenz von Bali Ende 2007 wird vermehrt über Massnahmen zur Anpassung an bestehende Folgen und Auswirkungen des Klimawandels verhandelt. Und darüber, wie diese finanziert werden könnten. Daneben geht die Diskussion um eine Eindämmung des Klimawandels weiter, bei der Reduktion und langfristige Stabilisierung des CO2-Ausstosses im Zentrum stehen.

In den vergangenen Monaten haben verschiedene Industrienationen die Einrichtung von Klimafonds mit konkreten Finanzzusagen eingeleitet. Der globale Finanzbedarf wird dadurch aber bei weitem nicht gedeckt, wie es beim Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) heisst.

Teure Anpassungs-Massnahmen

Allein die Anpassungs-Massnahmen an den Klimawandel werden laut Weltbank pro Jahr Kosten zwischen 10 und 40 Milliarden Dollar verursachen. Die Schweiz möchte mit ihrem Vorschlag sicherstellen, dass auch die ärmsten Länder Klimaschutzmassnahmen ergreifen können.

“Wir müssen damit rechnen, dass Wetterextreme wie Dürren oder Überschwemmungen weiter zunehmen. Die ärmsten Länder werden von diesen Entwicklungen besonders hart getroffen, auch finanziell”, unterstrich Bundesrat Moritz Leuenberger bei der Präsentation des Schweizer Vorschlags am Mittwoch in New York.

Abgestufte CO2-Abgabe

Das Schweizer Finanzierungsmodell sieht daher eine nach Entwicklungsstand abgestufte CO2-Abgabe von 2 Dollar pro Tonne CO2 vor. Pro Jahr würden so 48,5 Mrd. Dollar zusammenkommen.

Für jedes Land sieht das Schweizer Modell eine abgabefreie CO2-Menge von 1,5 Tonnen pro Kopf vor. Diese Menge entspricht dem Niveau der weltweiten Emissionen, das laut UNO-Studien bis Ende Jahrhundert nicht überschritten werden darf, wenn ein Klimakollaps verhindert werden soll.

Entwicklungsländer mit einem jährlichen Pro-Kopf-Ausstoss von weniger als 1,5 Tonnen CO2 wären von der Abgabe befreit. Staaten, die mehr produzieren, würden umso mehr zur Kasse gebeten, das System basiert also auf dem Verursacher-Prinzip.

Projekte im eigenen Land

Der Vorschlag sieht weiter vor, dass ein wiederum nach Entwicklungsstand abgestufter Teil der Erträge für Projekte im eigenen Land eingesetzt wird. Die ärmsten Länder sollen am meisten (85%), die Industrieländer am wenigsten (40%) zurückbehalten können.

Der Rest würde in einen globalen Fonds eingespiesen, aus dem Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen bei der Finanzierung von Präventions- und Schutzmassnahmen unterstützt würden.

“Der vorgeschlagene Modus führt aus unserer Sicht zu einer ausgewogenen Balance zwischen den Verpflichtungen der Industriestaaten und jenen der Entwicklungsländer”, betonte Leuenberger.

Eine Frage der Gegenwart

Leuenberger präsentierte den Schweizer Vorschlag im Rahmen eines Forums von Ländern, die sich vertieft mit Finanzierungsfragen und Klimawandel befassen. Neben der Schweiz waren auf dem Podium Bangladesch, die Niederlande, Grossbritannien sowie die Weltbank vertreten. Im Publikum sassen unteren anderem Entwicklungs- und Umweltminister aus etlichen weiteren Staaten.

Moderiert wurde die Veranstaltung vom US-Ökonomen und UNO-Sonderberater für die Millenniumsziele, Jeffrey Sachs. “Es geht um ein ganz wichtiges Thema, um eine Frage der Gegenwart, nicht der Zukunft”, sagte Sachs.

Die UNO-Millenniumsziele und der Klimawandel seien miteinander verbunden, die Agenden überschnitten sich teilweise. “Entwicklung bedeutet auch Anpassung und umgekehrt.”

Nicht auf Kosten der Entwicklungsziele

Die Klimaschutzmassnahmen dürften aber nicht auf Kosten der Entwicklungsziele erfolgen. Daher brauche es konkrete Vorschläge, wie die Anpassungs-Massnahmen gerecht und zuverlässig finanziert werden könnten.

“Ohne mehr Geld geraten wir nur immer tiefer in Schwierigkeiten. Der Schweizer Vorschlag ist praktikabel und einfach anpassbar. Das könnte ein sehr leistungsfähiger Mechanismus sein.”

Einer von vielen Vorschlägen

Der Vorschlag der Schweiz ist bei weitem nicht der Einzige. Er stiess aber auf ein ziemlich gutes Echo, nicht zuletzt, weil er konkret ist, und eine verlässliche Einnahmequelle aufzeigt.

Leuenberger erklärte, dass der Schweizer Vorstoss gut mit anderen Konzepten kombiniert werden könnte. So auch mit dem Ansatz der EU, die für die Finanzierung auf die Versteigerung von Emissions-Zertifikaten setzt.

“Wir haben keinen Anspruch darauf, dass unser Vorschlag tel quel umgesetzt werden muss.” Er sei aber konkret und biete Leitplanken für die weitere Diskussion im Rahmen der Verhandlungen, die beim Klimagipfel Ende 2009 in Kopenhagen in ein Folge-Abkommen zum Kyoto-Protokoll münden sollen.

“Es ist Zeit, dass die Staaten bindende Verpflichtungen eingehen und nicht mehr nur Versprechen abgeben”, sagte Leuenberger.

swissinfo, Rita Emch in New York

Die Idee einer globalen, verursachergerechten CO2-Abgabe hatte Bundesrat Moritz Leuenberger erstmals an der Klimakonferenz von Nairobi im November 2006 zur Sprache gebracht.

2007 stellte er in Bali einen ersten Finanzierungs-Vorschlag vor, der nun konkretisiert und im Juli 2008 vom Gesamtbundesrat genehmigt wurde.

In der Schweiz würden nach dem Vorschlag mit der Abgabe nach dem aktuellen Stand der CO2-Emissionen bei 2 Dollar pro Tonne (rund 0,5 Rappen pro Liter Treibstoff) rund 60 Mio. Franken generiert.

Der Beitrag würde für Konsumenten und Wirtschaft keine zusätzliche Belastung bedeuten. Er könnte aus den Erträgen der bereits bestehenden nationalen Instrumente finanziert werden, also aus dem Klimarappen und der CO2-Abgabe.

Die Pro-Kopf-Emissionen von CO2 in der Schweiz liegen heute bei etwas über 7 Tonnen.

Die Pro-Kopf-Emissionen in Indien werden Schätzungen zufolge bis 2010 wahrscheinlich knapp über der Freimenge von 1,5 Tonnen pro Jahr liegen. China übertrifft diesen Wert schon heute deutlich.

Die meisten Länder Afrikas müssten nach dem Schweizer Vorschlag hingegen keine CO2-Abgabe leisten.

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