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Klonen: Ja, Nein, vielleicht…

Keine Forschung ohne Ethik. Keystone

Mit einer gesetzlich genauer geregelten Forschung am Menschen will die Nationale Ethikkommission das keimende menschliche Leben besser schützen.

Die Erforschung der Ursache von Krankheiten sei zwar immens wichtig, der Schutz des menschlichen Lebens habe jedoch Vorrang.

Die Nationale Ethikkommission (NEK) im Bereich Humanmedizin hat im Hinblick auf die Lancierung eines Humangesetzes Empfehlungen zur Forschung an Keimzellen, Embryonen aus dem Reagenzglas sowie an Embryonen und Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen und im Mutterleib vorgestellt.

Die NEK stellt dabei die Würde des Embryos über jene der Forschung. “Wir schulden den Embryonen Respekt und eine fürsorgliche Haltung, die sie vor Eingriffen schützt”, sagte NEK-Präsident Christoph Rehmann-Sutter.

So soll therapeutisches, auch nichtreproduktives Klonen genannt, in der Schweiz vorläufig verboten bleiben. “Für die Mehrheit der Kommissionsmitglieder ist das Klonen selbst zwar kein moralischer Skandal”, sagte Rehmann-Sutter. Im Moment gäbe es allerdings auch keine Gründe, die für eine Aufhebung des Verbots sprächen, besonders weil für mögliche Therapien Alternativen zur Verfügung stünden.

Schutz der Embryonen und der betroffenen Frauen

Die Ethikkommission legt bei ihren Empfehlungen grossen Wert auf die ethische Schutzwürdigkeit des Embryos vom Beginn der Befruchtung an. Die Schutzwürdigkeit steigt für sie parallel mit dem Wachstum und der Entwicklung des Fötus.

Aber auch die betroffenen Frauen müssten in ihrer Verletzbarkeit gegenüber Fremdinteressen geschützt werden.

Natürlich habe die medizinische Forschung und die Erforschung der Grundlagen einen hohen Wert. Dieser könne jedoch nicht über alle anderen Güter – insbesondere den Schutz der Frauen und der Ungeborenen gesetzt werden, sagte Rehmann-Sutter.

Besonders deutlich zeige sich dies bei Forschungen an Embryonen oder Föten in der Gebärmutter. Hier dürfe bei fremdnütziger Forschung keinerlei Risiko eingegangen werden. Auch bei Heilversuchen an Ungeborenen müssten die möglichen Vorteile gegen allfällige Risiken abgewogen werden.

Nicht immer einheitliche Beurteilungen

Ausgehend von einem Fragebogen des Bundesamts für Gesundheit diskutierte die Kommission eine Reihe konkreter Probleme, fand aber nicht immer eine einheitliche Antwort.

Keine Einigung fand die Kommission etwa bei der Frage der Parthenogenese, der so genannten Jungfernzeugung, der Herstellung von Embryonen ohne Befruchtung. So äusserte ein Teil der Kommissionsmitglieder keine ethischen Einwände gegen das Verfahren. Andere befürchten hingegen, dass der Bedarf nach Eizellen stark ansteigen würde.

Differenzierte Haltung zu Chimären

Die Herstellung von Chimären, die aus menschlichen wie tierischen Zellen bestehen, lehnt die Ethikkommission mehrheitlich ab. Ihre Zustimmung zur Forschung mit Chimären, die aus zwei menschlichen Individuen zusammengesetzt werden, ist dagegen geteilt. Man habe auch Gründe gefunden, die für eine Zulassung unter gewissen Bedingungen sprechen würden, so Rehmann-Sutter.

Bei der Forschung an Embryonen und Föten ausserhalb des Körpers empfiehlt die Kommission, sich an den Prinzipien des bereits bestehenden Stammzellenforschungsgesetzes zu orientieren.

So sollen etwa nur Embryonen verwendet werden, die bei der In-vitro-Fertilisation, der Reagenzbefruchtung, überzählig geworden sind. Der Abbruch oder die Herbeiführung einer Schwangerschaft zu Forschungszwecken wird hingegen einhellig abgelehnt.

Die unterschiedlichen Ansichten sind für die NEK jedoch kein Manko, denn die mannigfachen Positionen widerspiegeln auch die unterschiedlichen ethischen Ansichten der Bevölkerung.

Landkarte ethischer Fragen

Die NEK hat im Hinblick auf ihre Stellungnahme auf das Humanforschungsgesetz, das demnächst von der Landesregierung in die Vernehmlassung geschickt wird, eine “Landkarte der relevanten wissenschaftlichen und ethischen Fragen” zur Embryoforschung geschaffen, führte Rehmann-Sutter aus. Sie soll als Wegweiser durch den Dschungel der ethischen Probleme dienen.

Damit will die Kommission der zunehmenden Komplexität, der Dynamik und dem rasanten wissenschaftlichen Fortschritts Rechnung tragen.

swissinfo, Etienne Strebel

2001 hat der Bundesrat die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin NEK eingesetzt.
Die NEK ist eine interdisziplinäre, gesellschaftsübergreifende Fachkommission mit beratendem Mandat.
Sie besteht aus 23 Fachleuten aus den Bereichen Ethik und Medizin sowie zugewandten Bereichen.
Die NEK beschäftigt sich mit den gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen und rechtlichen Fragen im Bereich der Entwicklung der humanmedizinischen Wissenschaften.
Sie soll weiter die Öffentlichkeit über wichtige Erkenntnisse informieren und die ethische Diskussion in der Gesellschaft fördern.
In einer Alarmfunktion soll sie ferner auf Gesetzeslücken und Vollzugsprobleme aufmerksam machen.

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