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Krise bei Sabena: Gelder der SAir notwendig zum Überleben

Die belgische Pilotenvereinigung erhob schwere Vorwürfe gegen das Management von Sabena. Keystone

Zur Krise bei der belgischen Sabena haben nach Vorliegen eines externen Auditberichts Direktion wie Piloten ihre Positionen markiert. Was eine Lösung angeht, unterscheidet sich die Sicht beider Seiten jedoch weiterhin erheblich.

Die Direktion von Sabena und der belgische Pilotenverband BeCA (Belgian Cockpit Association) nahmen am Donnerstag (01.02.) in Brüssel an getrennten Medienkonferenzen Stellung. Zuvor hatte die IPSC (International Pilot Services Corporation), eine Filiale der amerikanischen Pilotenvereinigung USALPA, einen Auditbericht über Sabena abgeliefert.

Mit Expansion übernommen

Der Bericht war von den Gewerkschaften eingefordert und von Sabena finanziert worden. Gemäss Angaben beider Seiten macht er offenbar vor allem die ehrgeizigen Expansionspläne von Sabena als Ausgangspunkt für die derzeitigen Probleme aus.

Die Wachstumspläne wurden seit 1997 verfolgt. Damit einher ging ein Programm, das die rasche und völlige Erneuerung der Flotte zum Ziel hatte. Die finanzielle Basis sei nach Meinung der Unternehmensberater dafür jedoch zu schwach gewesen.

«Minimum zum Überleben»

Im weiteren gingen die Schlussfolgerungen von Sabena und BeCA jedoch erheblich auseinander. So seien die neuen Gelder von SAir und belgischem Staat und die geplante Restrukturierung «das strikte Minimum zum Überleben», sagte Sabena-Chef Christoph Müller. Wenn nichts getan werde, gebe es schon Ende Februar Liquiditätsprobleme.

Laut Müller muss seitens der Personalorganisationen bis zum 8. Februar «ein sehr starkes Engagement vorliegen, um Sabena nach vorne zu bringen»: Dann müssen die SAirGroup und der belgische Staat als Sabena-Aktionäre über die Sanierung des Unternehmens beschliessen.

Gewerkschaften unter Druck

Andernfalls droht dem Unternehmen der Konkurs. SAir und belgischer Staat haben bereits klar gemacht, dass sie nur dann neue Gelder einschiessen wollen, wenn die Gewerkschaften zu klaren Sparmassnahmen bereit sind. Der Sanierungsplan sieht eine Rekapitalisierung von insgesamt 1,2 Mrd. Schweizer Franken vor.

In der neuen SAir-Strategie werde Sabena aber eine Rolle spielen, sagte Müller. Dies werde langfristig die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern. Der Auditbericht bestätige zudem, dass SAir und Sabena weiter Synergien entwickeln sollten, bis hin zu einer Fusion.

Misstrauen gegenüber SAir

Die Piloten-Vertreter wiesen demgegenüber Verhandlungen unter Druck strikt zurück. «Wir sind bereit, Sabena zu helfen», sagte Behrouz Shahabpour von der BeCA, die rund 900 Piloten vertritt. Es werde aber keinen Blankoscheck geben: Ein Abschluss der Verhandlungen schon am 8. Februar sei unmöglich.

Gegenüber einer Zukunft von Sabena in der SAir-Group hegen die Piloten sichtlich Misstrauen: Ob SAir Sabena weiterentwickeln oder lediglich von deren Substanz profitieren und die vorteilhaften Bereiche übernehmen wolle, ist gemäss Waldo Cerdán-López von der BeCA «eine offene Frage».

Cerdan-Lopez kritisierte dabei, dass der Auditbericht diese Frage aus Zeitmangel nicht habe einbeziehen können. Müller hielt demgegenüber fest, dass der Bericht erneut bestätigt habe, dass es keine unüblichen Transfers zu Geschäftseinheiten von SAir gebe.

Managementfehler

Im übrigen rügten die Pilotenvertreter vor allem die Managementfehler, die zu den derzeitigen Problemen geführt hätten. Müller verwies hingegen auf die laut dem Auditbericht deutlich verbesserte Produktivität von Sabena hin, die allerdings immer noch unter dem Niveau ihrer Hauptkonkurrenten liege.

swissinfo und Agenturen

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