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Kunstzentrum für Konstruktiv-Konkretes

Gottfried Honegger und Lebenspartnerin Sibill Albers-Parrier 2001 in Vaduz. Keystone

In der Nähe der südfranzösischen Parfümstadt Grasse ist die "Fondation Albers-Honegger" eröffnet worden.

Das vom Schweizer Architektenpaar Annette Gigon und Mike Guyer entworfene Museum beherbergt die Sammlung des Zürcher Malers Gottfried Honegger.

Gegründet wurde die Stiftung von der Kunstförderin aus Zürich, Sybil Albers-Barrier und ihrem Partner, dem Künstler Gottfried Honegger. Der war früher Werbegraphiker, Pädagoge und Sozialist (war 1968 beim Zürcher Manifest dabei). Honegger gilt auch als Bewahrer der konstruktiv-konkreten Kunst.

Es handelt sich dabei um eine geometrische Malerei, die auf der unmittelbaren Verwendung der Bildelemente Fläche, Linie, Volumen, Raum und Farbe beruht und häufig einen Bildaufbau nach mathematischen Regeln aufweist.

Wortführer Bill

Die Zürcher Konkreten haben mit ihren Werken und Ideen einen Beitrag zur Weltkunst geleistet und Zürich einen Platz in der Kunst erobert.

Ihnen gehörten Arp, Baumeister und Vantongerloo an. Die genannten bilden zusammen mit Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse den Kern der “Zürcher Konkreten”, deren Wortführer und theoretischer Kopf bis in die 60er Jahre hinein Max Bill blieb.

Wie kaum eine andere Richtung hat die konstruktiv-konkrete Kunst den klassischen Weg von einer nur von wenigen verstandenen Avantgarde zu einer breit anerkannten, repräsentativen Kunst zurückgelegt, der nun im Süden Frankreichs (und nicht in Zürich) ein kultureller Sitz gebaut wurde.

Traum erfüllt

Seit dem letzten Wochenende steht das aussergewöhnliche Museum für Moderne Kunst, dessen Architektur sich harmonisch in die mediterrane Landschaft einbettet, nun dem Publikum offen.

Ein apfelgrünes, 26 Meter hohes Gebäude im Bauhaus-Stil, 15 Ausstellungsräume mit Blick auf die 200 Meter höher gelegene Parfümstadt Grasse, ein riesiger Schlosspark und mehr als 500 Werke von Hans Arp, Thomas Hirschhorn, Andy Warhol, Man Ray und Yves Klein: Mit dem neuen Museum für konkret-abstrakte Kunst in Mouans- Sartoux hat die Côte d’Azur einen bedeutenden kulturellen Anziehungspunkt dazugewonnen.

Zusammen mit dem gegenüberliegenden Schloss, in dem sich weitere Werke von Joseph Beuys und Sonia Delaunay befinden, umfasst die Stiftung mehr als 1200 Quadratmeter Ausstellungsfläche.

Das Museum stellt sich in eine Reihe mit der nur knapp 40 Kilometer entfernten berühmten Fondation Maeght in Saint-Paul de Vence und dem Chagall-Museum in Nizza.

“Endlich ging mein Traum in Erfüllung», erklärte der 1917 geborene Gottfried Honegger bei der Einweihung, bei der Frankreichs Kulturminister, der Schweizer Botschafter, zahlreiche Künstler und namhafte Pariser Galeristen anwesend waren.

Licht und Landschaft

Das moderne Museumsgebäude verschmilzt mit dem drei Hektaren grossen Park. Die Form wurde dem etwas abfälligen Terrain angepasst. So tritt man ebenerdig in den Empfangsbereich, der in die wenige Treppen tiefer gelegenen ersten Ausstellungssäle führt, die Aurélie Nemours und Yves Klein gewidmet sind, bevor man in die darüber liegenden Räume gelangt.

Von jedem Raum aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Eichen des Parks oder auf Grasse. Das Licht, das durch die grossen Fenster fällt, lässt je nach Sonnenstand die Farben der oft monochromen Werke heller oder dunkler, ruhiger oder nervöser erscheinen.

Die ausgestellten Werke sind das Ergebnis einer Sammlerleidenschaft, die begann, als Honegger vor mehr als 30 Jahren Sybil Albers kennen lernte, die Tochter des 1976 verstorbenen Künstlers Josef Albers. “Erst mit ihr fing ich an, ein Kunstsammler zu werden”, sagte Honegger.

Sammlung als Schenkung

Von den Baukosten in Höhe von 3,5 Mio. Euro hatte der französische Staat fast 2 Mio. Euro (rund 3,5 Mio Franken) übernommen.

“Im Gegenzug dafür ging unsere Sammlung als Schenkung an den Staat”, erklärte Honegger, der vor mehr als 15 Jahren diesen Ort und das etwas heruntergekommene Schloss aus dem 15. Jahrhundert im Zentrum des 10’000 Einwohner grossen Städtchens Mouans-Sartoux entdeckt hatte.

Zuerst wurde das Schloss renoviert, in dessen rund zehn Sälen erst thematische Ausstellungen und pädagogische Ateliers stattfanden, bevor etliche Jahre später Honeggers Traum wahr wurde – eine Stiftung mit seiner Sammlung zu eröffnen, die es ihm erlaubt, eine Kunst zu zeigen, deren klare Linien und geometrische Formen für ihn ungekünstelt und schön sind:

“Die konstruktive Kunst ist natürlich und rein. Sie lässt im Kopf und im Herz Sterne des Friedens, der Liebe und der Poesie entstehen.”

swissinfo und Agenturen

Die Donation Albers-Honegger befindet sich in Mouans-Sartoux, 30 Minuten vom Flughafen Nizza entfernt.

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