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Label für umweltverträgliche Sportbauten

Schlechtes Beispiel: Beim Bau der Skispriungschanze in Einsiedeln wurde der Landschaftsschutz missachtet. Stiftung Landschaftsschutz

Der Bund soll nur noch Sportanlagen unterstützen, welche umwelt- und landschaftsverträglich sind. Das fordert die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL).

Beim Bundesamt für Sport rennt die Stiftung grundsätzlich offene Türen ein. Ein Label, wie von der SL gefordert, übersteige aber die Kapazitäten des Baspo.

Grosse Sportanlagen: Eine Skipiste für Weltcup-Rennen oder beispielsweise eine Sprungschanze sollen einerseits Zuschauern faszinierenden Live-Sport bieten.

Andererseits erhoffen sich Standortgemeinden oder ganze Regionen davon wirtschaftliche Impulse.

Die Stiftung für Landschaftsschutz Schweiz (SL) will nun beim Bau von grossen Sportanlagen dafür sorgen, dass neben den Athleten und Zuschauern auch die Umwelt und Natur zu den Gewinnern gehören.

Bund als Vorbild

Mithelfen soll auch der Bund, unter anderem mit einem Umwelt-Label, mit dem er den Bau, Betrieb und Unterhalt einer Sportanlage von nationaler Bedeutung zertifiziert. Ein solches Umweltlabel soll laut SL Vorbildwirkung haben und das Image des Bundes fördern.

Für Projekte dagegen, welche die verfassungsmässigen Auflagen in den Bereichen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz nicht erfüllen, sollen demnach die Schatullen des Bundes verschlossen bleiben.

Die SL hat im Auftrag des Bundesamtes für Sport in Magglingen (Baspo) dessen Nationales Sportanlagenkonzept (Nasak) analysiert. Sie machte in ihrem Bericht auch Vorschläge, wie der Bund bei der Beitragsvergabe den Natur- und Landschaftsschutzanliegen vermehrt Rechnung tragen könne. “Ein Umweltlabel wäre ein wegweisender Schritt in diese Richtung”, schreibt die Stiftung.

Wichtige “Türöffner”-Funktion

Gelten soll dieses Label für Sportanlagen mit nationaler Bedeutung, etwa grosse Fussballstadien, polysportive Zentren oder die eingangs erwähnten Anlagen für den Wintersport. Zu solchen Vorhaben steuert der Bund in der Regel Finanzhilfen von 10 bis 25% der Baukosten bei.

Bundesbeiträge haben aber eine Bedeutung, die weit über den frankenmässigen Anteil hinaus reicht: Für eine Trägerschaft ist der Beitrag aus Bern nämlich meist “Türöffner” für andere entscheidende Geldquellen: Kantone, Wirtschaft und Verbände.

“Mit einem Umwelt-Label sollen Verbesserungen vor allem bei landschaftsrelevanten Sportanlagen wie Skipisten erzielt werden”, sagt Christine Neff von der Stiftung für Landschaftsschutz gegenüber swissinfo.

Sportanlagen in der Stadt, etwa Fussball-Grossstadien, wiesen demgegenüber eine etwas geringere Umweltrelevanz auf.

Standort-Bündelung

Neben dem Umweltlabel empfiehlt die SL weiter den Verzicht auf raumintensive Sportanlagen wie Auto- und Motorrad-Rennstrecken, die Konzentration auf wenige, bereits modernisierte Standorte (vor allem bei den Skipisten), eine obligatorische ökologische Baubegleitung durch eine Fachperson sowie ein obligatorisches Parkplatz-Management.

Die Stiftung für Landschaftsschutz renne beim Baspo “offene Türen” ein, so Hans-Jörg Birrer, der bei der Sportbehörde des Bundes verantwortlich für das Nationale Sportanlagenkonzept ist. “Wir nehmen die Forderungen sehr ernst, können aber nur das umsetzen, was realistisch ist.”

Ökologische Baubegleitung

Die Forderung nach einem Umwelt-Label werde deshalb zurückhaltend aufgenommen, weil ein solches die Kapazitäten der Behörde übersteigen würde, so Birrer. “Dagegen haben wir beispielsweise die obligatorische ökologische Baubegleitung schon umgesetzt.”

Gesuche um Bundesbeiträge für Sportbauten würden auf 10 Kriterien hin geprüft. “Vier davon sind Umweltschutz-Kriterien mit orts- und raumplanerischen Zielsetzungen.” Eingebunden in den Evaluationsprozess sind auch das Bundesamt für Raum und Entwicklung (ARE) und dasjenige für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal).

Sofern die Baubewilligungsverfahren korrekt abgelaufen seien, stimmten die Bundesämter in der Regel zu. Birrer räumt aber ein, dass es in der jüngeren Vergangenheit zu zwei Problemfällen gekommen sei. Diese betreffen die Skisprungschanze Einsiedeln und die Biathlonanlage Gantrisch in den Berner Voralpen.

Nachträgliche Anpassungen nötig

Beim Bau des nationale Biathlonzentrums hatte die Trägerschaft Auflagen in der Baubewilligung nicht eingehalten. Diese mussten durch die Behörden durchgesetzt werden. Allerdings genehmigten diese in Teilbereichen auch nachträgliche Anpassungen zugunsten der Bauherrschaft.

Zur nationalen Schanzenanlage in Einsiedeln erwähnt Christine Neff, dass Verbesserungen punkto Natur- und Landschaftsschutz sowie beim Verkehrskonzept erst nach Einsprachen von SL und des Verkehrs-Clubs der Schweiz vorgenommen worden seien.

Vertrauen auf kantonale und lokale Behörden

“Der Bund hat seine Beiträge oft zu früh und ohne Wissen der Projekt-Ausgestaltung zugesichert”, bilanziert sie Neff. Erst später habe sich dann gezeigt, dass die Vorhaben nicht umweltverträglich geplant worden seien.

Birrer hält dem entgegen, dass die notwendigen landschaftsschützerischen Auflagen für den Bundesbeitrag in einem Vertrag formuliert würden. “Es muss unter anderem eine rechtsgültige Baubewilligung und eine Zustimmung des Buwal, eventuell mit zusätzlichen Auflagen versehen, vorliegen”, beschreibt Birrer das Prozedere.

Der Bund gehe davon aus, dass die kantonalen und kommunalen Verfahren die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften gewährleisten würden, was in den allermeisten Fällen auch der Fall sei.

Erfolgsgeschichte in Aigle

Birrer kann immerhin auch ein positives Beispiel erwähnen, nämlich das mit Bundeshilfe erbaute Welt-Radsportzentrum in Aigle im Unterwallis. Der silbrige Rundbau sei nicht nur bestens in die Rhoneebene eingebettet, sondern entwickle sich auch zum lokalen Wirtschaftsfaktor, weil er zahlreiche Radsportler aus aller Welt anziehe.

swissinfo, Renat Künzi

Der Bund soll ein Label schaffen, um beim Bau grosser Sportanlagen den Landschaftsschutz zu gewährleisten, fordert die Stiftung für Landschaftsschutz.

Weitere Forderungen: Obligatorische ökologische Baubegleitung durch eine Fachperson;

Obligatorisches Parkplatz-Management;

Verzicht auf raumintensive Sportanlagen wie Auto- und Motorrad-Rennstrecken;

Konzentration auf wenige, bereits modernisierte Standorte.

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