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Lebenslänglich für den “Todespfleger”

Keine mildernden Umstände für den "Todespfleger". Keystone

Das Luzerner Kriminalgericht hat einen Krankenpfleger zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe wegen 22-fachen Mordes und mehrfachen Mordversuchs verurteilt.

Der 36-Jährige war angeklagt, 24 Betagte getötet zu haben. Es handelt sich um den grössten Fall von Serientötungen in der Schweiz.

Der heute 36-Jährige tötete zwischen 1995 und 2001 in Innerschweizer Heimen als Pfleger demenzkranke Menschen im Alter von 66 bis 95 Jahren. Er gestand, insgesamt 27 Menschen mit Beruhigungsmitteln vergiftet und wenn nötig mit einem Plastiksack erstickt zu haben.

Das fünfköpfige Luzerner Kriminalgericht verurteilte ihn dafür zu lebenslänglichem Zuchthaus wegen Mordes in 22 Fällen, Mordversuchs in drei Fällen und unvollendeten Mordversuchs mit Rücktritt in zwei Fällen.

75’000 Franken Schmerzensgeld

Der Verurteilte muss zudem 75’000 Franken Genugtuung an die Angehörigen von vier Opfern zahlen und die Gerichtskosten von 191’000 Franken übernehmen. Dem Angeklagten werden 1304 Tage Untersuchungshaft beziehungsweise vorzeitiger Strafvollzug angerechnet, wie dem am Freitag veröffentlichten Urteilsdispositiv zu entnehmen ist.

Staatsanwalt Horst Schmitt hatte 17 Jahre Zuchthaus wegen 5-fachen Mordes, 19-facher vorsätzlicher Tötung und 3 vollendeten Tötungsversuchen gefordert. Strafmindernd beurteilte er nur den Umstand, dass der Pfleger vollumfänglich geständig war und Taten aufdeckte, die sonst verborgen geblieben wären.

Auf dem vollen Geständnis des Todespflegers baute auch Verteidiger Hans Jörg Wälti seine Strategie auf. Im Gegensatz zur Anklage sah Wälti den Tatbestand des Mordes in keinem Fall erfüllt. Er beantragte eine Verurteilung im Ermessen des Gerichts wegen 22-facher vorsätzlicher Tötung, eines Versuchs sowie einen Freispruch in vier Fällen.

“Gott gespielt”

Der Pfleger gab an, aus Mitleid aktive Sterbehilfe geleistet zu haben. Er sei mit der Langzeitpflege der demenzkranken Menschen total überfordert gewesen. Im Schlusswort des Prozesses vom vergangenen 21. Januar sagte er aus, er habe “Gott gespielt” und entschuldigte sich bei den Angehörigen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Begründung wird erst in einigen Monaten vorliegen. Ab dann läuft die Frist für den allfälligen Weiterzug ans Obergericht.

swissinfo und Agenturen

Der Prozess fand am 21. Januar in Emmenbrücke (LU) statt.
Das Gericht machte den Krankenpfleger für 22 Morde verantwortlich.
Der Angeklagte gestand nach seiner Verhaftung 27 Fälle.
Er wurde zu einer lebenslänglichen Zuchthausstrasse verurteilt.
Ausserdem muss er den Betroffenen 75’000 Fr. Schmerzensgeld bezahlen und die Gerichtskosten von 191’000 Fr. übernehmen.
Er wurde am 28. Juni 2001 verhaftet und bereits 1304 Tage Gefängnis abgesessen.

Der Verurteilte wuchs in der Innerschweiz auf und zog nach der Scheidung der Eltern mit Mutter und Schwester nach Deutschland, wo er die Schulen absolvierte.

Es folgte eine dreijährige Kommunikations-Elektroniker-Lehre bei der Deutschen Post, die er jedoch vor dem Abschluss abbrach.

Danach bildete er sich zwei Jahre lang als Tanzlehrer aus, ohne abzuschliessen.

1990 kehrte er in die Schweiz zurück, wo er zuerst als Tanzlehrer-Assistent in einer Zentralschweizer Tanzschule tätig war.

Ende 1992 folgte eine Ausbildung zum Grundpflegehelfer im Betagtenheim “am Schärme” in Sarnen (OW).

Später liess er sich zum diplomierten Krankenpfleger ausbilden und arbeitete bis zu seiner Festnahme im Sommer 2001 in verschiedenen Institutionen.

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