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Leprahilfe weitet unter neuem Namen Tätigkeit aus

Eine Frau massiert die Hand ihres Mannes mit Öl im Warteraum der Lepra-Mission in Ost Delhi. Keystone

Vor 50 Jahren ist in Bern die Leprahilfe gegründet worden. Künftig wird es sie unter diesem Namen nicht mehr geben. Die Krankheit Lepra jedoch gibt es noch.

Begonnen hatte die Leprahilfe unter dem Namen “Aussätzigenhilfe”. Nun wird sie in “Fairmed” umbenannt.

Die Namensänderung soll zum Ausdruck bringen, dass sich die Organisation längst nicht mehr auf die Bekämpfung von Lepra beschränkt: “Der Name wird der Realität angepasst”, sagt Sprecherin Liliane Eggli.

“Unsere Aufmerksamkeit gehört jenen, die an problemlos heilbaren Krankheiten leiden und keine Behandlung bekommen.”

Neben Lepra bekämpft das Hilfswerk die medizinisch verwandten Krankheiten Tuberkulose und Buruli. In den Lepra-Spitälern wird aber auch der graue Star behandelt.

Dass das Hilfswerk sein Tätigkeitsfeld erweitert hat, hängt mit einer veränderten Sichtweise zusammen: Nach heutiger Auffassung sollte die Bekämpfung spezifischer Krankheiten stets mit einer Stärkung der allgemeinen Gesundheitsversorgung einhergehen.

Doch die Leprahilfe hat sich auch deshalb vermehrt anderen Krankheiten angenommen, weil die Zahl der Leprakranken stark zurückgegangen ist.

Noch nicht ausgerottet

Als die Leprahilfe Emmaus Schweiz 1959 gegründet wurde, gab es weltweit 14 Millionen Leprakranke. Heute sind es 2,5 bis 3 Millionen. Die Krankheit ist heilbar.

Das Pharmaunternehmen Novartis, das in den vergangenen Jahren Lepra-Medikamente kostenlos zur Verfügung stellte und damit zur Reduktion der Lepra-Fälle beitrug, betrachtet Lepra als “beinahe eliminiert”.

Die Leprahilfe mahnt zur Vorsicht. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) würden zwar jährlich nur noch rund 260’000 Neuerkrankungen registriert. Die Dunkelziffer liege aber deutlich höher, sagt Liliane Eggli.

Zudem sei es fragwürdig, eine Krankheit als “ausgerottet” zu bezeichnen, wenn nicht mehr als eine von 10’000 Personen daran erkranke. “Eine von 10’000 Personen, das sind in Indien 160’000 Personen”, gibt Eggli zu bedenken.

Kampf gegen Armut

Lepra trifft vor allem die Ärmsten. Das Motto der Leprahilfe lautet denn auch “Hilf zuerst den Ärmsten”. Angesichts der Tatsache, dass arme Menschen hauptsächlich an vermeidbaren Krankheiten litten, sei es heute so aktuell wie vor 50 Jahren, hält das Hilfswerk fest.

In der Schweiz sei Lepra allein durch die Verbesserung des Lebensstandards verschwunden. Und auch in andern Ländern würden Armutskrankheiten nur dadurch verschwinden.

Ihre Wurzeln hat die Leprahilfe in der Emmaus-Bewegung des Franzosen Abbé Pierre, dem “Vater der Armen”. In der Schweiz beschloss die Emmaus-Vereinigung 1959, auch das Elend in Entwicklungsländern zu bekämpfen.

Sie gründete ein Lepra-Komitee und schickte Fachleute in die betroffenen Länder. In den vergangenen 50 Jahren hat die Leprahilfe 150 Millionen Spendenfranken erhalten und über hunderttausend Patienten geheilt.

swissinfo und Charlotte Walser (InfoSüd)

Lepra ist eine der ältesten bekannten Krankheiten. Schon in den frühesten Schriften wird das Krankheitsbild beschrieben.

Ausgelöst wird Lepra durch ein Bakterium. Der Ansteckungsweg ist nicht genau bekannt, doch ist die Krankheit entgegen der verbreiteten Meinung in vielen Fällen kaum ansteckend: Voraussetzung für eine Übertragung ist ein enger Körperkontakt zu einem Leprakranken.

Zur Erkrankung kommt es bei mangelnder Hygiene, Unterernährung und einem geschwächten Immunsystem. Das Bakterium zerstört das Haut- und Schleimhautgewebe und die umgebenden Nervenzellen.

Die Betroffenen verlieren das Gefühl für Schmerz und verletzen sich somit oft unbemerkt. Werden die Wunden nicht behandelt, können Infektionen zum Verlust von Gliedmassen führen. Verstümmelungen sind also meist indirekte Folgen der Lepra.

Früher waren Leprakranke geächtet, man isolierte sie von der übrigen Gesellschaft. Seit den 1980er Jahren ist Lepra heilbar. Die Bekämpfung des Stigmas aber bleibt eine Herausforderung.

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