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Licht aus der Wand statt von der Lampe

Licht aus elektrochemischen Zellen: neues Forschungsprojekt der Uni Basel. zvg

Licht spendende Folien könnten bald Birnen und Röhren ins Altglas verbannen: Basler Chemiker haben so genannte Licht emittierende elektrochemische Zellen weiter entwickelt. Bereits wird mit der Industrie über Vermarktungsrechte verhandelt.

Viele Möglichkeiten gibt es, aus elektrischem Strom Licht zu gewinnen. Auf der ganzen Welt am gebräuchlichsten ist die Glühbirne, in der ein Glühfaden durch Strom im wahrsten Sinne des Wortes zur Weissglut gebracht wird.

In mehreren Ländern – so auch in der Schweiz – soll jedoch Edisons Erfindung dem Energiesparen geopfert und demnächst verboten werden. Erleuchten werden uns danach voraussichtlich die Gasentladungsröhren der Energiesparlampen und Leuchtdioden, wie sie beispielsweise zur Fahrradbeleuchtung verwendet werden.

Oder vielleicht sind schon bald die hauchdünnen Lichtfolien auf dem Markt, die gegenwärtig an der Universität Basel entwickelt werden. Mit ihnen können ganze Wände zum Strahlen gebracht werden.

Beim “Absturz” wird Licht abgestrahlt

Dabei handelt es sich um so genannte Licht emittierende elektrochemische Zellen (LEEC), in denen elektrischer Strom effizient in sichtbare Strahlung umgewandelt wird.

LEEC sind Sandwich-Konstruktionen, bei denen zwischen zwei Elektrodenschichten ein Film von metallhaltigen organischen Molekülen eingeklemmt wird. Auf der einen Seite, der Kathode, werden Elektronen in die Metallkomplex-Moleküle hineingepumpt, auf der andern Seite (Anode) dagegen abgesaugt.

Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden die Elektronen auf ihrer Wanderschaft von der Kathode zur Anode mit einem Metallkomplex-Molekül zusammentreffen und dieses in einen höheren Energiezustand anheben. Beim “Absturz” auf die Ausgangsposition sendet das Molekül danach die begehrten Lichtstrahlen aus.

Bis jetzt erst kurze Lebenszeit

“Dieses Prinzip zur Lichterzeugung ist nicht neu, daran wird schon etwa sechs Jahre geforscht”, räumt Edwin C. Constable, Professor an der Abteilung Chemie der Universität Basel, im Gespräch mit swissinfo ein.

“In den Entwicklungslabors von Siemens und Osram spenden bereits Prototypen auf dieser Basis Licht.” Der Nachteil: nach ein paar Tagen sind diese LEEC ausgebrannt, genauer gesagt, Feuchtigkeit etwa aus der Umgebungsluft setzt sie ausser Gefecht.

Gegen Feuchtigkeit imprägniert

Eben dieses Manko vermochten Edwin C. Constable und sein Doktorand Stefan Graber nun zu überwinden – Chemiker-Kollegen der Universität Valencia halfen ihnen dabei.

Der Trick bestand darin, das Metallkomplex-Molekül chemisch solcherart umzubauen, dass es jetzt Wasser abstösst, wie eine imprägnierte Regenjacke. Bei alledem – und darin bestand die Kunst – durfte natürlich die Licht spendende Eigenschaft der LEEC nicht beeinträchtigt werden.

“Brennt” beinahe ein Jahr lang

“Auf diese Weise konnten wir die Lebenszeit der LEEC auf 3000 Stunden ausweiten. 6000 Stunden oder beinahe ein Jahr sollten aber drin liegen”, sagt Constable. Mit der neuen Technik kann Licht etwa fünfmal effizienter gewonnen werden als mit einer herkömmlichen Glühbirne.

Das liegt zwar “bloss” etwa in der gleichen Grössenordnung wie dies die (Leuchtstoff-) Energiesparlampe schafft. “Aber man muss das gesamtheitlich betrachten: Leuchtstoffröhren werden aus Glas hergestellt, und dazu braucht es allein schon viel Energie.”

LEEC dagegen werden, wenn einmal industriell gefertigt, aus zwei mit Gold oder Platin bedampften Kunststoff-Folien (den Elektroden) bestehen, mit den Metallkomplex-Molekülen dazwischen.

Industrie bereits interessiert

Constables Metallkomplex enthält übrigens das seltene Metall Iridium und kann je nach Konfiguration grün oder orange leuchten, “blau ist noch schwierig”. Und es wird noch viel Tüftelarbeit brauchen, um die LEEC weiss (also gleichzeitig rot, grün und blau) aufleuchten zu lassen.

Doch bereits jetzt ist die Industrie interessiert an der superflachen Lichtquelle der Basler Chemiker. “Wir sind im Gespräch mit möglichen Partnern”, so Constable. Mehr will er nicht verraten.

swissinfo, Ulrich Goetz

Auch die leuchtende Folie darf man am Ende ihrer Lebenszeit nicht einfach wegwerfen, aber nicht etwa, weil das neue Lichtsystem giftige Substanzen enthielte, wie die Leuchtstoff-Röhren, die in der Regel Quecksilberdampf enthalten und deshalb nicht in den Hausmüll gehören.

Die LEEC-Folien dagegen sind kostbar. Deren Elektroden bestehen aus einer ultrafeinen Schicht von aufgedampftem Gold oder Platin. Diese Edelmetalle gilt es zurückzugewinnen.

Auch das Iridium, das den Molekülkomplex zum Leuchten bringt, ist teuer. Die Forscher der Uni Basel suchen derzeit nach einem günstigen Ersatz.

Für die Leuchtfolien wird ein Recycling-System aufgebaut werden müssen.

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