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Lufthansa erwartet harte Zeiten – und mehr Gewinn (Zus

FRANKFURT (awp international) – Die Lufthansa steuert trotz Rekord-Ölpreis, politischer Unruhen und der Japan-Katastrophe in diesem Jahr höhere Gewinne an. “Das Jahr 2011 wird kein Spaziergang”, sagte der neue Vorstandschef Christoph Franz bei der Vorlage der Jahresbilanz am Donnerstag in Frankfurt. Auch die deutsche Ticketsteuer und ein härterer Wettbewerb auf den Strecken nach Asien und Afrika dürften Europas grösster Fluggesellschaft das Geschäft erschweren. Dennoch sollen Umsatz und operativer Gewinn 2011 und 2012 weiter steigen: Neben dem eingeleiteten Sparkurs soll dazu auch der Trend zu grösseren Flugzeugen beitragen.
Die Lufthansa-Aktie reagierte mit Kursgewinnen auf die Nachrichten. Am Nachmittag lag mit 1,07 Prozent im Plus bei 13,71 Euro, entwickelte sich damit aber schlechter als der Dax .
TEURER TREIBSTOFF
Vor allem das teure Kerosin macht der Lufthansa zu schaffen. Die Treibstoffrechnung dürfte in diesem Jahr um fast ein Drittel auf 6,8 Milliarden Euro steigen, schätzt Finanzchef Stephan Gemkow. Die erzielten Kostensenkungen im Konzern würden dadurch wieder aufgezehrt, fügte Konzernchef Franz hinzu. Der Treibstoff ist neben den Mitarbeitern und den Flugzeugen der wichtigste Kostenfaktor einer Fluggesellschaft.
Franz schloss nicht aus, dass der Vorstand im Anschluss an das Sanierungsprogramm “Climb 2011” den Sparkurs weiter vorantreibt. Das seit zwei Jahren laufende Programm soll die jährlichen Kosten um eine Milliarde Euro senken. Die noch fehlenden 350 Millionen Euro sollen bis Ende Dezember erreicht sein. “Sollten wir feststellen, dass es nicht reicht, lassen wir uns die nächsten Ideen einfallen”, sagte der Manager. Franz und Gemkow bekräftigen ihre Vision, die operative Gewinnspanne des Konzerns von zuletzt gut vier auf acht Prozent zu verdoppeln. “Wir müssen den Ehrgeiz haben, uns solchen Gewinnmargen zu stellen”, sagte Franz. Gemkow sagte, wenn es zu weiteren Fusionen in Europa komme, sei dieses Ziel durchaus realistisch. “Wer soll es erreichen, wenn nicht wir?”, fragte der Manager.
JAPAN-AUSWIRKUNGEN UNKLAR
Ob sich das Atomunglück in Japan negativ auf das Geschäft auswirkt, ist Franz zufolge noch nicht abzusehen. Bislang wollten zwar viele Europäer das Land verlassen, andererseits flögen aber auch viele Japaner zu ihren Familien nach Hause. Die Lufthansa habe reagiert und führe alle Tokio-Flüge aus Frankfurt und München nun via Seoul nach Osaka und Nagoya aus. Die Fluglinie erzielt etwa vier bis fünf Prozent ihres Konzernumsatzes mit Japan-Flügen.
MILLIARDENGEWINN
Im vergangenen Jahr flog die Lufthansa ungeachtet des harten Winters und tausender Flugausfälle nach dem Vulkanausbruch in Island einen Milliardengewinn ein. Ein positiver Steuereffekt im US-Geschäft der Catering-Sparte LSG Sky Chefs liess den Überschuss unter dem Strich gar auf 1,1 Milliarden Euro klettern. Der Umsatz stieg um 23 Prozent auf 27,3 Milliarden Euro, auch weil die Auslandstöchter Austrian Airlines (AUA) und British Midland (BMI) erstmals ganzjährig in die Konzernzahlen eingingen. Der operative Gewinn legte von 130 Millionen auf 876 Millionen Euro zu. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 60 Cent je Aktie erhalten, nachdem sie 2010 leer ausgegangen waren.
Zu dem Erfolg trugen alle Sparten bei. Im “Geschäftsfeld Passage” flog die Hauptmarke Lufthansa einen operativen Gewinn von 382 Millionen Euro ein, die Swiss verdreifachte ihr Ergebnis auf 298 Millionen Euro. Hingegen blieben Austrian Airlines (AUA) und British Midland (BMI) in den roten Zahlen. Der Billigflieger Germanwings geriet wegen des Pilotenstreiks und der Luftraumsperre in die Verlustzone. Er soll 2011 wie die AUA die Gewinnschwelle schaffen. Für BMI verschob die Lufthansa diese Aussicht von 2012 auf “mittelfristig”. BMI hat stark unter den Unruhen in Nordafrika zu leiden, wo viele ihrer Flugzeuge landen.
KEIN BMI-VERKAUF
Ein Verkauf der britischen Gesellschaft, wie noch vor zwei Jahren angedacht, scheint allerdings vom Tisch. Auch mit LSG Sky Chefs zeigte sich Finanzchef Gemkow zufrieden. Die Sparte, die die Bordverpflegung für Fluggäste liefert, gehöre allerdings nicht zum Kerngeschäft. Einen Verkauf schloss er nicht aus.
Weil die Nachfrage auf der Langstrecke weiter anzieht, zeigte sich der Vorstand trotz aller Gefahren optimistisch. Im laufenden Jahr sollen sowohl das Passagiergeschäft als auch die anderen Konzernsparten mehr verdienen als 2010. Einzig die Frachtsparte Lufthansa Cargo dürfte ihren operativen Rekordgewinn von 310 Millionen Euro nicht wiederholen. Unterdessen investiert die Lufthansa weiter. Am Mittwochabend gab sie eine Bestellung über 30 Exemplare des Airbus A320neo und fünf Boeing-Frachter des Typs 777F bekannt.
stw/hqs/ep/tw

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