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Luftverkehrs-Vertrag droht Ablehnung

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Nach dem Nein der Zürcher Regierung lehnt nun auch die Verkehrs-Kommission des Nationalrats den Vertrag mit Deutschland knapp ab.

Die Verkehrs-Kommission des Nationalrates hat nach anderthalbtägigen Beratungen und Hearings den Staatsvertrag über die Neuverteilung des Fluglärms über Kloten abgelehnt: Sie hat am Dienstag mit knappen 13 zu 12 Stimmen Nichteintreten beschlossen.

Damit ist offen, wie sich die Grosse Kammer, der Erstrat, in der Sommersession entscheiden wird. Eine Ablehnung ist durchaus möglich, denn bereits kurz nach der Einigung der beiden Verkehrsminister letzten Herbst äusserten die bürgerlichen Parteien ihren Unmut über den Vertrag. Das jetztige Nein der Kommission wurde bei den Spitzen der bürgerlichen Parteien entsprechend zufrieden aufgenommen.

Der Präsident der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF), der Sozialdemokrat Peter Vollmer, sagte, dass das Resultat nicht parteipolitisch zu erklären sei. Der Inhalt des Luftverkehr-Abkommens mit Deutschland sei in sämtlichen Parteien auf Widerstand gestossen.

Vertrag statt Gericht

Die Minderheit, der Vollmer angehört, ist der Meinung, dass der Vertrag immer noch besser sei als ein deutsches Diktat, das der Flughafen Zürich vor deutschen Gerichten mit ungewissem Erfolg anfechten müsste. Der Flughafen und die Fluggesellschaft swiss könnten durch zeitraubende Gerichtshändel gefährdet werden.

Zudem fiele die von der schweizerischen Skyguide besorgte Flugsicherung über Süddeutschland an die deutsche Flugsicherung DFS zurück, sagte Vollmer. Der Warteraum über Süddeutschland müsste wohl in die Innerschweiz verlegt werden. Das sei sicherheitsmässig unproblematisch, bringe aber komplizierte Abläufe.

Hoffen auf die EU

Die Mehrheit ist dagegen laut der Genfer Liberalen Barbara Polla der Ansicht, dass der Vertrag den Flughafen Kloten diskriminiert, weil von ihm im Vergleich zu den deutschen Flughäfen ein strengerer Lärmschutz verlangt wird. Die Bevölkerung Süddeutschlands werde besser gestellt als die Bewohner Zürichs.

Der Vertrag habe überdies einen Geburtsfehler, sagte Polla: Er zähle die Flugbewegungen, statt dass er die Lärmbelastung messe. Die EU habe neuerdings eine Richtlinie, die dank dem Luftverkehrsabkommen auch für die Schweiz gelte. Im Streitfall sei diese Richtlinie, die Diskriminierungen verbiete, anrufbar.

Ja- und Nein-Stimmen seien auch regionalpolitisch bestimmt, so die Kommissions-Mitglieder weiter. Romands seien gegen den Vertrag, weil sie ein Präjudiz für Cointrin befürchteten, so Polla. Die Westschweiz möchte zu Kloten und der neuen swiss stehen.

Verkehrsminister will Abkommen retten

Das Schweizer Fernsehen zitierte Verkehrsminister Moritz Leuenberger mit der Aussage, er wolle die verbleibende Zeit bis zur Abstimmung im Nationalrat dazu nutzen, den Vertrag doch noch zu retten.

Der Vertrag zwischen der Schweiz und Deutschland sieht vor, dass die Zahl der An- und Abflüge über deutschem Gebiet um etwa 35% von heute 154’000 auf unter 100’000 gesenkt wird.

Dafür ist eine Übergangszeit von 41 Monaten vorgesehen. Gleichzeitig soll es über deutschem Gebiet ein Flugverbot zwischen 22.00 und 06.00 Uhr geben. An Wochenenden und an Feiertagen sollen zwischen 20.00 und 09.00 Uhr keine Flugbewegungen über deutschem Gebiet mehr stattfinden.

swissinfo und Agenturen

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