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Marseille wartet auf den Entscheid Alinghis

Der alte Hafen von Marseille, Kulturerbe und Touristenattraktion. Keystone

Alinghi, Ernesto Bertarellis siegreiches Schweizer Syndikat am America's Cup, steht vor der Bekanntgabe des Veranstalters für die nächste Auflage im Jahr 2007.

Im Rennen sind Neapel, Valencia, Lissabon und Marseille. Ein Porträt der traditionellen südfranzösischen Hafenstadt.

Alinghi will den Schleier am 26. November lüften. Weniger als zehn Tage vor der mit Spannung erwarteten Bekanntgabe liess die südfranzösische Kandidatenstadt Marseille Schwächen erkennen.

Kritische Stimmen monierten, dass der vorgesehene vorgeschobene Hafen den alten Marseiller Hafen als Kulturerbe verschandeln würde. Die Marseiller Stadtregierung bemühte sich aber, die Kritik umgehend auszuräumen.

Mit grosser Mehrheit stimmte sie jüngst dem Vertrag mit der Firma AC Management (ACM) zu, welche von Ernesto Bertarelli mit der Auswahl und Durchführung des nächsten America’s Cup im Jahr 2007 betraut wurde.

Einzig die Grünen und Kommunisten stellten sich gegen das Projekt, welches Marseille 236 Mio. Euro kosten soll. 125 Mio. davon sind als Investitionskosten, 111 Mio. als Betriebskosten geplant.

Umtriebige “heilige Allianz”

Mit Bekanntgabe der Kandidatur warf Marseille eine beispiellose Promotions-Maschinerie in Gang, gemeinsam von Politik und Medien vorangetrieben. Seit Sommer laufen an Radio und Fernsehen Werbespots, und 10’000 Plakate wurden in allen Städten der Grande Nation ausgehängt.

Der Versand tausender von Werbekarten und die Unterstützung durch viele Prominente, darunter Starfussballer Zinedine Zidane, selbst ein Kind der Stadt, transformierten die lokale Angelegenheit in eine nationale Kampagne.

Mit Ehren-Titel zum Chancenplus?

Beweis dafür ist die Aufnahme Ernesto Bertarellis in die Ehrenlegion (höchste Auszeichnung in Frankreich) durch den französischen Präsidenten Jacques Chirac.

Es ist, als erinnere sich Frankreich jetzt an seinen kleinen und sympathischen Nachbarn, dessen Kultur auf einmal gar nicht so weit von der eigenen entfernt scheint.

Kürzlich spielte die französische Regierung die letzte Trumpfkarte aus, als Premierminister Jean-Pierre Raffarin einen Staatsbeitrag von 40 Mio. Euro zusicherte, falls Marseille den Zuschlag erhält.

Dahinter steht auch knallhartes geschäftliches Kalkül, denn Studien der ACM stellen dem Veranstalter Umsätze in der Höhe von 1,2 bis 1,7 Mia. Franken in Aussicht. Dazu die erhöhte Präsenz in den Medien während mehrer Wochen.

Wichtige Nebengeschäfte

“Die Franzosen sind sehr öffentlichkeitsbewusst”, hiess es auf Seiten des AC Managements. Weitere Kommentare, auch über die Chancen der anderen Kandidaturstädte, sind dort aber nicht zu erhalten.

“Wir stehen diesbezüglich unter dauerndem Druck, aber die Entscheidung wird am 26. November bekanntgegeben”, macht der Mediensprecher von ACM klar. “Erst dann werden wir uns zu den ausschlaggebenden Vor- und Nachteilen der einzelnen Kandidaturen äussern.”

Werden wichtige Faktoren “vergessen”?

Es ist aber anzunehmen, dass das AC Management Bertarellis bei der Bekanntgabe der Austragungsstadt für 2007 “vergisst”, inwieweit für den Zuschlag auch das so genannte “side business” ausschlaggebend gewesen war.

In Marseille beispielsweise erhielt Bertarelli exklusiven Einblick in alle geplanten Projekte. Auch konnte er sich vor allen anderen möglichen Grossinvestoren Grundstücke für projektierte Bauten wie ein Geschäftszentrum und ein Fünfsterne-Luxushotel in Augenschein nehmen.

Das Meer kann noch so glatt sein, der Wind noch so vorteilhaft blasen, es wird wohl eher der “added value” sein, der beim AC Management Ernesto Bertarellis schlussendlich den Ausschlag für die Gewinnerstadt gibt.

swissinfo, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Marseille hat den Vertrag mit der ACM Bertarellis gutgeheissen.

Das Budget sieht Kosten von 236 Mio. Euro vor, 125 Mio. für Investitionen und 111 Mio. Betriebskosten.

Im Fall des Zuschlags für Marseille hat der französische Staat eine Kostenbeteiligung von 40 Mio. Euro zugesichert.

Die Umsätze bei einer Austragung werden auf über 1 Mrd. Franken geschätzt.

Bei einem Zuschlag rechnet Marseille mit der direkten Schaffung von 5000 Arbeitsplätzen und 10’000 indirekten neuen Arbeitsplätzen bei Zulieferern etc.

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