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Martina Hingis tritt unter Dopingverdacht zurück

24. September 2006: Martina Hingis mit dem Pokal des Calcutta Open in Indien. Keystone

Die 27-jährige Ostschweizerin hat an einer Medienkonferenz bekannt gegeben, dass sie unter Dopingverdacht steht. Hingis wurde in Wimbledon offenbar positiv auf Kokain getestet.

Die langjährige Weltnummer 1 bestreitet die Vorwürfe. Sie sei frustriert und wütend und sich hundertprozentig sicher, dass sie unschuldig sei, sagte Hingis den Tränen nahe.

Dass Hingis ihre Laufbahn beendet, war nach Spekulationen in den letzten Wochen verschiedentlich erwartet worden, der Dopingverdacht hingegen erwischte alle völlig unerwartet.

Zu den Fakten: Hingis war in Wimbledon in der 2. Runde bei der Niederlage gegen die Amerikanerin Laura Granville positiv auf Kokain getestet worden.

Mittlerweile liegt auch die B-Probe vor, und die ist auch positiv, gemäss Manager Mario Widmer allerdings “in winziger Menge”.

Hingis bestritt die Vorwürfe allerdings vehement und erklärte, sie habe Mitte September sofort nach Bekanntwerden des Resultats der A-Probe eine Haarprobe gemacht, welche hundertprozentig negativ gewesen sei. Haarproben werden allerdings von Sportverbänden und vom IOC nicht als Beweismittel zugelassen.

Beantwortet keine Fragen

Die 27-Jährige, die an der Medienkonferenz im zürcherischen Glattbrugg ein Communiqué verlas, aber keine Fragen beantwortete, gab die Gründe für den Rücktritt nicht klar bekannt: “Ich bin nicht bereit, den Kampf gegen diesen Verdacht bis zum letzten auszufechten. Mit 27 bin ich aber eigentlich auch zu alt für den Spitzensport.”

Nach über dreijähriger Pause wegen Problemen an Fersen, Füssen und Gelenken hatte Hingis im Januar 2006 ein viel versprechendes Comeback gegeben. Beim Australian und French Open erreichte sie den Viertelfinal, dazu gewann sie den Tier-I-Titel in Rom.

Heuer ging es nach erneut starkem Beginn – Viertelfinal in Melbourne und Titel in Tokio – nur noch bergab: Seit Februar hat sie keine Top 30-Spielerin mehr bezwungen, wobei ihr erneut auch Verletzungen zu schaffen machten.

Schweizer Sport auf neuer Ebene

Hingis Palmarès ist extrem beeindruckend: Sie gewann fünf Grand-Slam-Turniere, feierte insgesamt 43 Einzel-Turniersiege auf der WTA-Tour (dazu noch 37 Doppel-Trophäen), war 209 Wochen lang die Nummer 1, führte die Schweiz zusammen mit Patty Schnyder in den Fedcup-Final und spielte alleine an Preisgeldern mehr als 20 Millionen US-Dollar sein.

Sie führte den Sport in der Schweiz auf eine neue Ebene. Zusammen mit ihrer Mutter Melanie Molitor erbrachte sie den Beweis, dass Schweizer Sportler auch in globalen Sportarten grosse Erfolge erringen können.

Tennisfans weltweit werden sie nicht nur wegen ihrer Erfolge sondern auch wegen ihrer Spielweise vermissen. In Zeiten des mehrheitlich eindimensionalen Grundlinien-Powertennis setzte die Ostschweizerin mit intelligentem, technisch überragendem Spiel angenehme Kontrastpunkte.

Reaktion von Swiss-Olympic-Chefarzt

Swiss-Olympic-Chefarzt Dr. Beat Villiger zweifelt nicht am Kokainmissbrauch der gefallenen Schweizer Tennis-Queen Martina Hingis. “Der Urintest ist für den akuten Nachweis im Normalfall wirksam”, beurteilt der Sportmediziner den Skandal.

Den Versuch von Hingis, das Ergebnis der beiden Dopingproben mit einem negativen Haartest anzuweifeln, schätzt Villiger als wertlos ein. “Mit dem negativen Haartest kann Martina Hingis nur beweisen, dass sie nicht chronisch kokste”, erklärte der Direktor des Paraplegiker-Zentrums Nottwil.

swissinfo und Agenturen

30. September 1980 in Kosice (heute in der Slowakei) geboren.

1m70 gross, 59 kg schwer, Rechtshänderin.

Preisgeld bis zum 1. November 2007: 20’130’657 Dollar.

Weltranglisten-Erste während 209 Wochen.

43 Siege.

37 Doppel-Siege.

5 Grand Slam-Siege: Australien Open (1997, 1998 und 1999), Wimbledon (1997), US Open (1997).

Finalistin am Australien Open 2000, 2001 und 2002.

Finalistin am Roland-Garros 1997 und 1999.

Finalistin am US-Open 1998 1999.

2 Masters-Siege 1998 und 2000.

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