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Martina Schild holt Olympia-Silber in der Abfahrt

Martina Schild freut sich über ihre erste Medaille. Keystone

Martina Schild holt für die Schweiz an den Olympischen Winterspielen in Turin bei der Damenabfahrt die Silber-Medaille.

Die Grindelwaldnerin sorgt damit nach Bruno Kernen in der Herrenabfahrt für die zweite Auszeichung, die an die Schweiz geht.

Martina Schild sorgte für eine der grössten Schweizer Überraschungen, die es an olympischen Skirennen je gab: 37 Hundertstel hinter der Österreicherin Michaela Dorfmeister, einer der besten Skirennfahrerinnen aller Zeiten, gewann die 24-jährige Berner Oberländerin am Mittwoch Silber in der Abfahrt.

Das Erstaunliche: Martina Schild, obwohl noch nie im grellen Rampenlicht, liess sich angesichts ihrer hervorragenden Trainingsleistungen nicht unter Druck setzen. Keck hatte sie in den Tagen vor dem Rennen verkündet, dass für sie eine Medaille im Bereich des Möglichen liege.

Traum wurde wahr

“Geträumt habe ich schon immer davon, einmal in einem grossen Rennen etwas Grosses erreichen zu können. Trotzdem kann ich es noch nicht so richtig glauben, dass dieser Traum nun Wirklichkeit geworden ist.”

Was für ein Gegensatz zur verunglückten Nullnummer vor einem Jahr an den Weltmeisterschaften in Bormio: Nach drei Rennen steht das Schweizer Skiteam bereits mit zwei Medaillen zu Buch, beide errungen in der Königsdisziplin Abfahrt. Auf Bronze von Bruno Kernen vom Sonntag folgte nun Silber für Martina Schild.

Sensation mit Ansage

Es war so etwas wie eine angekündigte Sensation: Wer vor einem Monat Martina Schild als Olympia-Medaillengewinnerin prognostiziert hätte, wäre wohl als Phantast bezeichnet worden, denn sie gehört nur dem Schweizer B-Kader an. Wegen einer Knieverletzung bestritt sie erst am 21. Januar in St. Moritz ihr erstes Saisonrennen im Weltcup.

Und wie: Als Fünfte – so gut wie noch nie, und erst noch mit der hohen Nummer 45 – schaffte sie auf Anhieb die Selektion für Turin. Beim Mitmachen liess sie es aber bei Olympia nicht bewenden: Im zweiten Training, im Qualifikationsduell gegen ihre Turiner Zimmerkollegin Monika Dumermuth, setzte sich die Grindelwaldnerin mit Bestzeit durch. Nun staunte auch die internationale Konkurrenz.

Die Frage war bloss: Würden Schilds Nerven halten? Sie taten es. “Ich habe versucht, locker zu bleiben und meine Trainings-Leistungen zu bestätigen”, erzählte Martina Schild nach ihrer Silber-Fahrt, die der Schweiz nach 18 Jahren endlich wieder eine Medaille in der Frauen-Abfahrt bescherte.

Seit Brigitte Oertli (Zweite 1988 in Calgary) hatte in dieser Disziplin nie mehr eine Schweizerin reüssiert.

Nadia Stygers Steigerung

Neben Martina Schild durfte vom Schweizer Quartett nurmehr Nadia Styger mit ihrer Leistung zufrieden sein. In den Trainings hatte sich die Innerschweizerin sehr schwer getan mit der äusserst welligen Piste in San Sicario.

Die beste Leistung sparte sie sich aber für das Rennen auf. Als Fünfte erreichte Styger einen respektablen Rang, genau eine Position besser als ihr bestes Saison-Ergebnis in den Weltcup-Abfahrten dieses Winters. “Ich nahm es als gutes Zeichen, dass ich mit der Nummer 20 starten konnte. Mit dieser Nummer habe ich vor zwei Jahren beim Saisonfinale in Sestriere im Super-G meinen ersten Weltcupsieg feiern können”, erzählte die Schwyzerin hinterher.

Im Ziel hielt sie zwar die momentane Bestzeit, doch ihr war klar, dass es diesmal nicht zu einem Resultat ganz an der Spitze reichen würde. “Dazu war mein Vorsprung zu gering. Aber ich bin zufrieden, vor allem auch im Hinblick auf den Super-G vom Sonntag.”

Auch Enttäuschungen

Fränzi Aufdenblatten erreichte als Zwölfte an ihrem vierten Grossanlass ihr bisher bestes Ergebnis, aber diese Platzierung kam dennoch einer Enttäuschung gleich. “Ich war einfach nicht gut genug”, lautete ihr Fazit.

Die Walliserin, die im Training so gut zurecht gekommen war, zeigte einen viel versprechenden Start, aber dann häuften sich die Fehler. “Wer weiss, ob eine solche Chance in vier Jahren nochmals kommt”, machte sie sich ihre Gedanken.

Für Sylviane Berthod, der nominell besten Schweizer Abfahrerin des Winters, wog das Verletzungs-Handicap zu schwer. Die an einer Diskushernie leidende Walliserin kämpfte, aber mehr als der 14. Platz resultierte nicht.

“Dank der Schmerzmittel konnte ich beschwerdefrei fahren. Das war nicht das Problem heute”, sagte sie nach ihrer Fahrt. “Entscheidend war letztlich die lange Wettkampf-Pause.” Seit den in Bad Kleinkirchheim Mitte Januar aufgetretenen akuten Rücken-Problemen war sie einen Monat ohne Renneinsatz – das war zuviel.

Dennoch: Nach dem Absturz vor einem Jahr in Bormio hätte wohl kaum jemand mit einer so starken Teamleistung der Schweizer Abfahrerinnen gerechnet.

swissinfo und Agenturen

Damen-Abfahrt, Ski alpin, Turin:
Gold: Michaela Dorfmeister, Österreich, 1:56,49 Min.
Silber: Martina Schild, Schweiz, 1:56,86 Min.
Bronze: Anja Pärson, Schweden, 1:57,13 Min.
Die weiteren Schweizerinnen:
5. Nadia Styger
12. Fränzi Aufdenblatten
14. Sylviane Berthod

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