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Mehr Transparenz für Zollfreilager

Zollamt Ports Francs et Entrepots de Genève SA, in Acacias bei Genf: Recht und Diskretion ganz nahe nebeneinander. Keystone

Zwei Bundesgesetze zwingen die 16 Schweizer Zollfreilager bald zu vermehrter Transparenz.

Das Genfer Lager, als grösstes in der Schweiz, ist froh darüber. Und hofft, dass seine durch Kunstobjekt-Skandale angekratzte Reputation wieder besser wird.

“Die Zollfreilager sind keine gesetzesfreien Zonen”, betonten die Vertreter des Genfer Zollfreilagers am Dienstag vor den Medien immer wieder. Damit reagierten sie vor allem auf die in der Presse erhobene Kritik in Gefolge mehrerer Affären rund um den illegalen Kunsthandel, die im vergangenen Jahr aufgeflogen waren.

“Die Revision der Zollgesetzgebung und das neue Gesetz über den Transfer von Kulturgütern sollte ausreichen, um die vereinzelten schwarzen Schafe auszuscheiden, die unsere Aktivitäten beeinträchtigen”, sagt Louis Ducor.

“Doch schon die heutige Gesetzgebung erlaubt es, einzuschreiten”, fährt der Präsident der Genfer Zollfreilager fort. Denn bevor die neuen Bundesgesetze in Kraft treten, wird noch einige Zeit vergehen.

So wird das Gesetz über den Transfer von Kulturgütern im Jahr 2005 in Kraft treten, und die entsprechenden Verordnungen müssen noch vom Parlament verabschiedet werden.

Auch die vom Bundesrat letzten Dezember lancierte Zollgesetz-Revision muss zuerst noch vor das Parlament, bevor sie in Kraft treten kann.

Schweizer Eigenheiten

Bis dann können die Schweizer Zollfreilager weiterhin die Palette der Vorteile ausschöpfen, die sie im Vergleich zu ihrer europäischen Konkurrenz aufweisen.

“Die Zollfreilager in der EU sind den Zollämtern untergeordnet. Mit anderen Worten müssen sie präzis über alle Güter Buch führen, die bei ihnen durchlaufen. Die Schweizer Lager sind dazu nicht angehalten”, präzisiert der Sektionschef Zollverfahren der Oberzolldirektion, Roland Hirt. “In der Schweiz ist das Zwischenlagern in Zollfreihäfen unlimitiert.”

“Mit der neuen Gesetzgebung nähert sich die Schweiz jedoch den Verhältnissen im übrigen Europa an”, sagt Hirt weiter.

Für die Schweizer Zollfreilager dürfte diese Gesetzesänderung hauptsächlich zur Folge haben, dass künftig ein präzises Inventar über alle Güter erstellt werden muss, die das Lager passieren.

Wie genau diese Prozedur vor sich gehen soll, wird in der Verordnung festgelegt, die das Parlament noch beraten muss.

Die Kunst-Branche wünscht Diskretion

“Doch sollte dieses neue Inventar auf keinen Fall die Privatsphäre unserer Kundschaft stören”, wendet Alain Disch, Direktor der Rodolphe Haller SA, einer Transportfirma für Kunstobjekte, ein.

“Geht das Vertrauen verloren”, so Disch, “könnte dies private Sammler, Kunsthändler, Galeristen und Auktionshäuser verjagen”. Dies würde auch einen harten Schlag für die Genfer Wirtschaft bedeuten – gleich wie für jene in Zürich, Basel oder Chiasso, wo sich die anderen drei grossen Zollfreihäfen der Schweiz befinden.

Auch François Curiel, CEO von Christie’s Europa, unterstreicht die wirtschaftliche Bedeutung der Zollfreilager. Christie’s Europa gehört weltweit zu den grössten Auktionshäusern.

Die Genfer Juwelen

“Genf gilt als Standort Nummer 1 für Juwelen-Auktionen”, unterstreicht Curiel. Dies entspreche rund 60 Prozent des weltweit umgesetzen Auktionsvolumens. Curiel schätzt, dass dabei für die Schweizer Wirtschaft jährlich 6 bis 8 Millionen Franken abfallen.

“Die Qualität des Zollfreilagers und die Nähe zum Flughafen Cointrin ermöglichen es, Geschäfte in Rekordzeiten abzuschliessen”, fügt der Christie’s-Chef an.

Die neuen gesetzlichen Gegebenheiten sollten die von der Kunstbranche gewünschte Anonymität nicht aufheben, schätzt Yves Fischer, Jurist des Bundesamtes für Kultur – “vorausgesetzt, sie respektiert das Gesetz.”

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen von Alexander Künzle)

Die Schweiz zählt 16 Zollfreilager (Freeports). Die wichtigsten befinden sich in Genf, Zürich, Basel und Chiasso.

Diese “Freihäfen” ermöglichen die Lagerung und den Weiterversand von Gütern, ohne Zölle und Mehrwertsteuer bezahlen zu müssen. Steuern werden erst fällig, wenn die Ware an ihrer Enddestination angekommen ist.

Die hauptsächliche Kundschaft von Zollfreihäfen sind Import- und Exportfirmen.

Die Schweizer Zollämter kontrollieren die Ware, die in die und aus den Zollfreihäfen verkehrt.

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