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Mehrwertsteuer für die Invalidenversicherung

Bundespräsident Pascal Couchepin (rechts) diskutiert während der IV-Debatte mit den Nationalräten Reto Wehrli (Mitte) und Paul Rechtsteiner (links). Keystone

Im zweiten Anlauf hat es mit der Zusatzfinanzierung der defizitären Invalidenversicherung geklappt: Der Nationalrat stimmte einer Erhöhung der Mehrwertsteuer für die IV von 0,4 Prozentpunkten zu.

Der verabschiedeten Vorlage, die der IV 1,5 Milliarden Franken jährlich bringen soll, müssen allerdings noch Volk und Stände zustimmen.

Eines ist klar: Allein durch Einsparungen kann die schwer defizitäre Invalidenversicherung (IV) nicht saniert werden. Zusatzfinanzierungen sind deshalb notwendig. Ein erster Anlauf scheiterte im März 2007 im Parlament.

Stolperstein war die geplante unbefristete Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der Ständerat (kleine Kammer) hat daraufhin einen Kompromiss mit einer befristeten Erhöhung ausgearbeitet.

Klar angenommen

Nun ist der Nationalrat mit einer klaren Mehrheit dem Ständerat gefolgt: Den linearen Aufschlag von 0,4 Prozentpunkten auf den Mehrwertsteuersätzen in den Jahren 2010 bis 2016 besiegelte der Nationalrat am Mittwoch in der Gesamtabstimmung mit 108 zu 45 Stimmen.

Diese Verfassungsänderung muss von Volk und Ständen genehmigt werden. Sie soll jährlich die 1,5 Milliarden bringen, welche die Invalidenversicherung (IV) heute als Defizit einfährt.

Mit 123 zu 54 Stimmen hiess der Rat das Bundesgesetz zur Sanierung der IV gut. Unbestrittener Kernpunkt ist ein von der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) getrennter eigenständiger IV-Fonds.

Ein Darlehen zum Start

Der neue Fonds soll zum Start noch einmal ein verzinsliches Darlehen von 5 Milliarden Franken aus dem Ausgleichsfonds der AHV erhalten, danach aber soll die finanziell gesunde Alters- und Hinterlassenenversicherung nicht mehr für die milliardenhohen Defizite der stark angeschlagenen IV geradestehen müssen.

Der Ständerat hatte sich für eine Einlage “à fonds perdu” entschieden.

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Invaliden-Versicherung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Invalidenversicherung (IV) ist eine obligatorische Versicherung. Sie sichert den Versicherten die Existenzgrundlage, wenn sie invalid werden. Dies geschieht mittels Eingliederungsmassnahmen oder Geldleistungen. Die IV subventioniert auch speziell eingerichtete Institutionen. Die Versicherung wird zu rund 40% von Beiträgen der Erwerbstätigen und Arbeitgeber finanziert. Der Rest stammt aus öffentlichen Geldern.

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Bund verlangt Vorschläge

Die Zinslast für das Darlehen und für die beim Fonds der AHV verbleibende Restschuld der IV soll der Bund bezahlen, was ihn rund 350 Millionen jährlich kosten dürfte. Der Ständerat wollte die Zinsen der IV-Schulden bei der AHV zu zwei Dritteln dem Bund und zu einem Drittel der IV übertragen.

Bis Ende 2010 verlangt der Nationalrat Vorschläge für eine 6. IV- Revision. Dabei soll der Bundesrat alle Sparmöglichkeiten ausloten. Ohne die nun beschlossene Zusatzfinanzierung fährt die IV noch jährliche Defizite von über 1,5 Milliarden ein. Ihre Schulden sind auf 10 Milliarden gewachsen und belasten den AHV-Fonds.

Verworfene Vorschläge

Eine vom sozialdemokratischen Nationalrat Paul Rechsteiner angeführte links-grüne Kommissionsminderheit wollte die 5 Milliarden statt als AHV-Darlehen als Sonderbeitrag des Bundes fliessen lassen. Der Gesetzgeber sei schuld an der Misere der IV, und der Bund habe genügend Geld. Der Rat sah das anders und lehnte den Antrag mit 110 zu 59 Stimmen ab.

Mit 122 zu 50 Stimmen verworfen wurde auch der Vorschlag der Kommissionsminderheit der Schweizerischen Volkspartei (SVP) unter Toni Bortoluzzi für einen Beitrag von 5 Mrd. Franken aus dem ordentlichen Bundeshaushalt.

Bundespräsident Pascal Couchepin warnte davor, auf diese Weise ein “unmögliches” Sparpaket bei staatliche Kernaufgaben zu erzwingen.

swissinfo und Agenturen

Die Invalidenversicherung (IV) schloss 2007 mit einem Betriebsverlust von gut 2 Mrd. Franken ab. Die Gesamtschulden der IV erhöhten sich damit auf 11,4 Milliarden.

Im Juni 2007 hat die Schweizer Stimmbevölkerung die 5. Revision der IV gutgeheissen.

Die Revision bestand aus einem Massnahmenpaket, um die Zahl von neuen Rentenbezügern zu senken: Strengere Anforderungen, um an eine Rente zu kommen; Früherfassung, um eine Invalidität zu verhindern; vermehrte Integration psychisch behinderter Menschen in den Berufsalltag; Anreize für Arbeitgeber zur Beschäftigung von Behinderten.

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