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Merz in alter Frische zurück im Amt

Fit und munter zurück in seinem Büro: Hans-Rudolf Merz. Keystone

Sechs Wochen nach seinem Herz-Kreislauf-Kollaps hat Bundesrat Hans-Rudolf Merz die Arbeit wieder aufgenommen. Der Finanzminister will sich nun um "die Gesundheit unseres Landes" kümmern.

Er kehre “genesen und voller Tatendrang” in sein Departement und in den Bundesrat zurück, sagte Merz vor den Medien.

“Bis auf ein paar Narben auf der Brust und leichte Schmerzen in den Beinvenen bin ich der Gleiche geblieben.”

Er habe grosses Glück gehabt, denn in 9 von 10 Fällen ende böse, was ihm zugestossen sei.

An den Kollaps vom 20. September erinnert sich Merz nicht. Er sei auf der Heimfahrt von einem Anlass im Auto einer Bekannten “weggetaucht wie ein Baum, den man fällt”.

Zuvor habe er sich vollkommen gesund und fit gefühlt. Zu sich gekommen sei er erst wieder nach der Operation im Inselspital, wo ihn ein Oberarzt über das Geschehene informiert habe.

Er sei von Anfang an zur Rückkehr entschlossen gewesen, sagte Merz. Dass offen über seinen Rücktritt und seine Nachfolge spekuliert wurde, nehme er niemandem übel. Das sei ganz natürlich: “Kaum ist man im Koma, entstehen ganze Listen von Bewerbern.” Es tue ihm leid, dass diese Kandidaten nun nicht zu Zuge kämen.

Finanzkrise hat Priorität

Nun sei er zum Wiedereinstieg bereit und brauche sich nicht zu schonen: “Es wäre fatal, wenn sich ein Mitglied der Landesregierung nur zu 80 oder 90% einsetzen könnte oder wollte.” Nach seiner Genesung wolle er jetzt mit voller Kraft “einen Beitrag zur Gesundheit unseres Landes leisten”.

Zu dieser Gesundheit gehören für Merz unter anderem “ein gesunder Finanzhaushalt, ein vernünftiges, nachvollziehbares Steuersystem und das Bereitstellen von Finanzen für diejenigen, denen es jetzt und in Zukunft weniger gut geht”.

In seinem Departement warteten wichtige Aufgaben, von denen einige auch zeitlich dringend seien. An erster Stelle nannte der Finanzminister die Finanzkrise.

Spätestens am Dienstag werde er die Botschaft über die Massnahmen zur Stabilisierung des Bankensystems unterzeichnen und dem Regierungs-Kollegium zuleiten.

Warnung vor Überregulierung

“Ich glaube noch immer an die Selbstregulierungskräfte des Marktes”, sagte Merz zu dem von ihm mitgetragenen Rettungspaket für die Grossbank UBS.

Die Soziale Marktwirtschaft sei der Planwirtschaft weit überlegen. Sie setze aber “gewisse Tugenden” voraus. Untugenden bis hin zur “Todsünde Gier” vertrage sie nicht.

Merz warnte vor einer Überregulierung, die zu neuen Missbräuchen führe. Es gelte, das richtige Mass zu finden. Er appellierte an die Eigenverantwortung jener, die bei der UBS trotz Misserfolgen in ihren Geschäftsbereichen hohe Boni kassierten. “Verwaltungsrat und Geschäftsleitung müssen Konsequenzen ziehen.”

Wenig Gehör hat Merz für den Ruf nach einem Konjunkturprogramm. Solche Programme seien ineffizient und wirkten in der Regel erst dann, wenn die Krise vorbei sei. Er werde diese Gesichtspunkte aus der Sicht des Finanzdepartements im Bundesrat einbringen, sagte Merz. “Wir dürfen den Kopf nicht verlieren.”

Anpassungen ab 2010

Für das Budget 2009 sieht der Finanzminister keinen grösseren Anpassungsbedarf. Die Situation sei noch “recht berechenbar”, denn die Steuereinnahmen beruhten grösstenteils auf den Erträgen von 2007.

Im Finanzplan ab 2010 hingegen müssten sowohl bei den Einnahmen wie bei den Ausgaben gewisse Anpassungen vorgenommen werden.

swissinfo und Agenturen

Hans-Rudolf Merz ist Anfang 2004 als Nachfolger von Kaspar Villiger für die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) in den Bundesrat gewählt worden.

Von Villiger übernahm er das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD).

Zuvor vertrat er im Ständerat den Kanton Appenzell-Ausserrhoden.

Er studierte Staatswissenschaften an der Hochschule St. Gallen und schloss mit dem Doktortitel ab.

Darauf zog er als Unternehmensberater in die weite Welt hinaus. Erst 1997 wandte sich der Politik zu.

Merz wird am kommenden 10. November 66-jährig. Er ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Söhnen.

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