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Merz kämpft in Berlin fürs Bankgeheimnis

Hans Eichel (l.) und Hans-Rudolf Merz in Berlin. Keystone

Bundesrat Merz traf in Berlin seinen Amtskollegen Hans Eichel. Im Zentrum der Gespräche stand die zweite Runde der bilateralen Verhandlungen.

Dabei legte Merz seine Aufmerksamkeit auf die Finanzfragen und verteidigte das Schweizer Bankgeheimnis.

Finanzminister Hans-Rudolf Merz ist auf seiner ersten Auslandreise als Bundesrat nach Berlin gereist. In der Hauptstadt des wichtigsten Schweizer Handelspartners und gewichtigen EU-Mitglieds muss Merz vor allem daran arbeiten, wieder Vertrauen zu schaffen.

Das Verhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland war in den letzten Wochen von verschiedenen Dossiers und Ereignissen überschattet worden.

Bankgeheimnis bleibt

Am Freitag traf Merz seinen Amtskollegen, den sozialdemokratischen Finanzminister Hans Eichel, um über internationale Finanzfragen zu sprechen. Dabei bekräftigte er die Schweizer Haltung zum Bankgeheimnis.

“Eine Preisgabe des Bankgeheimnisses kommt nicht in Frage”, sagte er nach dem Gespräch mit Eichel gegenüber den Medien. Das Schweizer Bankgeheimnis werde im Ausland immer noch falsch als potenzielle Grundlage für mögliche Betrügereien verstanden. Es sei aber vielmehr sehr eng umgeben von Regelungen zur Betrugsabwehr.

Eichel sagte dazu vor den Medien, dass für die EU Konten in der Schweiz nur bei Geldwäscherei und Steuerhinterziehung von Interesse seien. Er äusserte die Hoffnung, dass die EU und die Schweiz sich bei der Zinsbesteuerung und der Informationspraxis der Schweizer Banken bald einigen werden.

Die EU pocht auf einen Abschluss des Zinsbesteuerungs-Abkommens noch vor Mitte dieses Jahres, damit es 2005 in Kraft treten kann. Die Schweiz dagegen hält an der Verknüpfung und der gleichzeitigen Verabschiedung sämtlicher Dossiers der Bilateralen II fest.

Die EU verlangt von der Schweiz, sie müsse nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung – die nach Schweizer Recht nicht strafbar ist – Rechtshilfe leisten. Die Schweiz lehnt dies ab, weil sie dadurch ihr Bankgeheimnis gefährdet sieht.

Unterstützung bei Re-Exporten

Ein weiteres Problem, das Merz wohl nach Berlin getragen hat, sind die Re-Exporte – die EU will diese neu besteuern, was insbesondere Gewerbe und Industrie in den Grenzkantonen ängstigt.

“Deutschland unterstützt die Schweiz, damit die umstrittenen EU-Zölle auf Rück-Exporten von der EU nicht gebilligt werden”, sagte Alexandre Schmidt, persönlicher Mitarbeiter von Merz. Deutschland verstehe die Position der Schweiz.

Die EU will die Zölle eigentlich am 1. Juni 2004 einführen.

Ganzer Strauss von Problemen

Merz reiste in einem Moment ins nördliche Nachbarland, wo ein ganzes Bündel Probleme die Beziehungen zwischen den beiden Ländern trübt. Seit langem wird um den Anflug auf den Flughagen Zürich-Kloten gerungen. Im schlimmsten Fall würde Deutschland einseitig die Anzahl Anflüge über süddeutsches Gebiet beschränken.

Letzten Herbst hatte Deutschland zudem angekündigt, dass Banken aus Ländern, die nicht der EU und dem EWR angehörten, eine Erlaubnis brauchen werden, um in Deutschland tätig sein zu können.

Anfang März war es dann an den Grenzübergängen zu Deutschland zu kilometerlangen Staus gekommen, als die deutschen Zöllner begannen, die Schweizer Grenze wie eine Schengen-Aussengrenze zu kontrollieren.

Hier dürfte die Sitzung des Bundesrates vom Mittwoch etwas Druck weggenommen haben: Die Schweizer Regierung bekräftigte ihren Entscheid, dem Schengen-Abkommen im Rahmen der bilateralen Verhandlungen beizutreten. Die Schweiz hofft, dass bereits in den kommenden Wochen die Schlussrunde der bilateralen Verhandlungen gestartet werden kann.

Weitere Treffen geplant

Weil es sich um ein Treffen von Fachministern handelte, kamen diese Probleme nicht zur Sprache. Schmidt betonte, dass das Treffen mit Eichel auch nicht im Zusammenhang mit den Vorkommnissen der letzten Wochen um die Kontrollen an der Grenze gestanden sei. “Der Besuch war schon seit langem geplant.”

Ebenfalls bereits geplant ist der Besuch des Bundespräsidenten Joseph Deiss in Berlin: Am 23. April wird sich Deiss zu einem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder treffen.

swissinfo und Agenturen

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland werden gegenwärtig von verschiedenen Problemen belastet.

Die EU verlangt von der Schweiz Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung – die Schweiz sieht darin ihr Bankgeheimnis gefährdet.

Neu will die EU Rückexporte besteuern. Davor haben insbesondere Gewerbetreibende in den Grenzkantonen Angst.

Anfang dieses Monats führte Deutschland ohne Vorwarnung verschärfte Grenzkontrollen an der Schweizer Grenze ein, weil die Schweiz eine Schengen-Aussengrenze ist.

Die Anflüge auf Zürich-Kloten über süddeutsches Gebiet könnten einseitig beschränkt werden.

Dem deutschen Bundesrat stösst es auf, dass viele Schweizer Bauern in Deutschland Land pachten und kaufen.

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