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Meyer Burger/Investoren wollen höheres Gebot für Roth & Rau-Aktien (2. AF)

(Ergänzt um Aussagen von Meyer Burger)
HOHENSTEIN-ERNSTTHAL (awp international) – Der Solarzulieferer Meyer Burger erhält bei der geplanten Übernahme von Roth & Rau weiter Gegenwind. Kurz vor Ablauf der Annahmefrist für das Übernahmeangebot meldete sich am Freitag der neue Roth & Rau-Grossaktionär Christoph Ladanyi im “Handelsblatt” zu Wort und forderte einen kräftigen Zuschlag. “Der gebotene Preis von 22 EUR pro Aktie spiegelt nicht den Wert von Roth & Rau wider”, sagte der Chef der in Zypern gemeldeten Finanzholding KLK der Zeitung. Der Wert liege bei mehr als 30 EUR.
Meyer Burger wies die Forderung zurück. “Es gibt keinen Grund, das Angebot aufzustocken”, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Es sei ein fairer Preis, der 40 Prozent über dem Dreimonats-Durchschnittskurs vor der Veröffentlichung der Kaufabsichten gelegen habe. Der Kurs der Roth & Rau-Papiere ist seitdem gestiegen und notiert inzwischen leicht über den gebotenen 22 EUR. Am Freitag legten die Papiere bis zum Mittag um weitere 3% auf knapp 23 EUR zu.
Der Meyer-Burger-Sprecher griff seinerseits KLK an. “Das ist das übliche Verhalten einer Finanzgruppe, die den Preis hochtreiben will.” Aktionäre haben noch bis 24 Uhr an diesem Freitag Zeit, das Angebot von Meyer Burger anzunehmen. Wie viele Aktien schliesslich angedient wurden, will Meyer Burger dem Sprecher zufolge am Mittwoch bekannt gegeben. Dann werde auch entschieden, ob die Angebotsfrist bis zum 22. Juni verlängert wird.
Die Chancen werden am Markt als nicht besonders gross eingeschätzt, dass Meyer Burger schon jetzt die Mehrheit der Aktien bekommen. Meyer Burger verfügt nach letzten Angaben über knapp 20% der Roth & Rau-Anteile. Diese stammen hauptsächlich von den Gründerfamilien um Vorstandschef Dietmar Roth. Sie hatten nach Ende der Übernahmeverhandlungen die eigenen Aktien in Meyer-Burger-Papiere getauscht und massiv für die Annahme der Offerte bei den Aktionären geworben.
In die Quere ist gekommen Meyer Burger neben KLK auch der Schwarzwälder Solarunternehmer Jürgen Gutekunst. Er hatte Ende 2010 damit begonnen, Roth & Rau-Anteile zu kaufen und kontrolliert inzwischen rund 15% des Unternehmens. Er hält sich bedeckt, was er damit vorhat. Zunächst hatte er betont, dass es ihm um die Sicherung der Geschäftsbeziehungen seiner Firma Rena zu Roth & Rau gehe.
KLK gehören rund 10% an Roth & Rau. Deren Chef Ladanyi betont, dass es ihm bei seinem Einstieg ursprünglich darum gegangen sei, eine finanzielle Beteiligung an einem “technologisch führenden Unternehmen der Solarbranche” aufzubauen. Laut “Handelsblatt” haben sich zudem weitere Fonds an dem ostdeutschen Unternehmen beteiligt.
In einem Schreiben an Roth & Rau, das der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX vorliegt, bemängelt Ladanyi, dass sich die Unternehmensführung zu früh auf einen Verkauf an Meyer Burger festgelegt und offenbar weitere Interessenten “gänzlich” ausgeschlossen habe. Die Übernahme durch Meyer Burger sei nicht das beste Ergebnis für die Mehrheit der Aktionäre, erklärte Ladanyi.
Der Investor drohte mit der Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung, bei der die Hintergründe der Übernahme erörtert werden sollten. Diese Ankündigung nahm der Meyer-Burger-Sprecher aber gelassen und verwies darauf, dass einem solchen Schritt 30% der Aktionäre zustimmen müssen.
Ladanyi griff auch Vorstandschef Roth an und warf diesem einen “Interessenkonflikt” vor. “Er hat als Vorstandsvorsitzender, aber auch als Aktionär die Verbindung mit Meyer Burger, in deren Verwaltungsrat er mittlerweile gewählt wurde, betrieben”, heisst es in dem Schreiben. “Im Augenblick kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass der grösste Gewinner der vorgeschlagenen Kombination die Aktionäre von Meyer Burger sind.” Und dazu gehöre nun auch Roth.
Meyer-Burger-CEO Peter Pauli ging zuletzt davon aus, die Übernahme nach der üblichen Verlängerung der Angebotsfrist abschliessen zu können. Die Chance, dass es zu einem Bieterwettbewerb kommen könnte, schätzte er als relativ gering ein. Das Angebot sei jedoch nicht an einen Mindestprozentsatz angedienter Aktien gebunden, liess sich diese Woche Pauli in einem Interview zitieren. “Wenn wir nicht mehr erhalten, sind die Vorzeichen einfach etwas anders, aber an der Sache ändert sich nichts.”
Meyer Burger lancierte das Übernahmeangebot für den deutschen Solar-Maschinenbauer am 11. April. Der Kaufpreis wird insgesamt auf knapp 360 Mio EUR beziffert.
Mit der Übernahme will Meyer Burger die Lücke zwischen dem früheren Stammgeschäft mit Spezialsägen zum Zerschneiden von Siliziumblöcken und den Produktionsanlagen von Solarmodulen, die Anfang 2010 mit der Übernahme der Lysser 3S ins Portfolio kamen, schliessen. Roth & Rau ist auf Beschichtungen von Solarzellen spezialisiert.
enl/dc/cf

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