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Mit Ausland-Schnupperjahr die Welt entdecken

Marco Stucki vom ICYE und Austauscherin Claudia Leibundgut. swissinfo.ch

Schweizer Jugendliche können alljährlich ein Austauschjahr im Ausland verbringen und dort arbeiten. Dies dank dem "Internationalen Jugend- und Kulturaustausch" (ICYE).

Für dieselbe Zeitperiode nimmt die Schweiz ausländische Jugendliche auf.

Im Rahmen seines Austauschprogramms bietet der “Internationale Jugend- und Kulturaustausch” (ICYE) jungen Leuten zwischen 18 und 30 Jahren Volontäreinsätze in Ländern auf allen fünf Kontinenten an.

Vielfältige Möglichkeiten

Meistens sei das eine Volontärarbeit in sozialen Einrichtungen, mit Kindern, mit Behinderten und Alten, in Menschenrechts- oder Frauenrechts-Organisationen, im Gesundheitswesen. Auch Unterrichten in einer Schule sei möglich, sagt Marco Stucki, stellvertretender Geschäftsleiter des ICYE Schweiz, gegenüber swissinfo.

“Üblicherweise beginnt das Austauschjahr Ende Juli mit einem einwöchigen Einführungskurs, der von unserem Partnerkomitee im Land durchgeführt wird. Dann folgt ein zwei- bis dreiwöchiger Sprachkurs. Danach fängt bereits die Arbeit in einem Projekt an”, so Stucki.

Die Arbeit in den Volontärprojekten dauert zehn Monate. In der restlichen Zeit des Austauschjahres haben die Leute dann noch die Gelegenheit, auf eigene Faust im Land zu reisen.

Je nach Alter und Programm wohnt man während des Austauschjahres in einer Gastfamilie oder am Arbeitsplatz.

Grosse Wichtigkeit misst der ICYE dem Kontakt zu den anderen Austauschern bei. Deshalb würden Lager und Treffen organisiert, erklärt Stucki. Und den ersten Einführungskurs würden alle Austauscher in dem Land gemeinsam besuchen. Nach einem halben Jahr findet dann an einem Wochenende eine Zwischenauswertung und vor dem Reisemonat eine Schlussauswertung statt.

Zum Beispiel Claudia

“Ich freue mich riesig auf mein Austauschjahr im Ausland”, sagt Claudia Leibundgut gegenüber swissinfo. Sie ist eine der 39 Schweizer Jugendlichen, die in diesem Jahr für 12 Monate ins Ausland gehen. Die 23-Jährige macht an der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule in Bern (BFF) die Ausbildung zur Sozialpädagogin.

Claudias Wunschland ist Bolivien. Sie wird aber erst Mitte März definitiv erfahren, ob es klappt. Schon nach Abschluss des Gymnasiums wollte sie ein Auslandjahr einschalten, doch erst begann sie ihre Ausbildung. Im Sommer nun schliesst Claudia an der BFF ab, und dann geht’s ins Austauschjahr.

Claudia hat sich bereits ausgiebig mit Lateinamerika beschäftigt. Eine Klassenkameradin, die schon in Bolivien war, und eine Austauscherin hätten ihr viel von dem Land erzählt. “Mich fasziniert dieses Land, seine Kultur. Und dann möchte ich gerne Spanisch lernen.”

Falls alles klappt, möchte Claudia in Bolivien mit Kindern arbeiten, weil das zu ihrem Beruf passe und weil sie Kinder liebe. Grosse Erwartungen hat sie im Moment noch keine. “Ich möchte einfach alles auf mich zukommen lassen und dann schauen, was daraus entsteht. Ich habe lediglich die Erwartung, dass ich für mich etwas Neues lernen kann.”

Laut ICYE werden drei Schweizer Jugendliche in Bolivien sein. Claudia Leibundgut kann sich gut vorstellen, mit ihren Landsleuten nebst dem Einführungskurs ab und zu Kontakt zu haben oder im Reisemonat mit einer Schweizer Kollegin unterwegs zu sein.

Gastfamilie in der Schweiz

Während des Austauschjahres im Ausland sollten die Familien der Schweizer Jugendlichen (oder Bekannte) einen Jugendlichen aus demselben Land aufnehmen. Damit gewinne ein Austauschjahr erst seine volle Bedeutung, weil die Schweizer Familie so intensiver am Austauschjahr ihrer Tochter oder ihres Sohnes teilnehmen und die Veränderungen und Erfahrungen verstehen könne, sagt Marco Stucki.

“Viele der ICYE-Ziele, wie auch das Wecken des Verständnisses für andere Kulturen, werden durch die Integration in das Alltagsleben des entsprechenden Landes am besten erreicht”, so Stucki zu swissinfo.

Marco Stucki war vor etwa acht Jahren selber im Austausch in Honduras, wo er mit Strassenkindern und in der Aids-Prävention gearbeitet hat. “Für mich war das eine sehr reiche und gute, wenn auch manchmal harte und anstrengende Erfahrung. Das hat mich in gewissem Masse geprägt, ich zehre noch heute von diesen Erinnerungen. Deshalb arbeite ich auch heute beim ICYE.”

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

Im Rahmen des ICYE-Programms verbringen jedes Jahr ca. 35 Jugendliche aus etwa 20 Ländern ein Austauschjahr in der Schweiz.

Rund ebenso viele Schweizer Jugendliche gehen für ein Jahr ins Ausland.

Programm-Jahr 2003/2004: 39 Schweizerinnen und Schweizer verbringen in 22 Ländern ein Austauschjahr. 38 Jugendliche aus 19 Ländern kommen für ein Jahr in die Schweiz.

Der ICYE entstand kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aus einem bilateralen Austauschprogramm zwischen den USA und Deutschland. Der Grundgedanke war damals, einen Beitrag zur Versöhnung zwischen den Kriegsgegnern zu leisten.

Inzwischen hat sich dieses Austauschprogramm auf rund 30 Länder ausgeweitet. In jedem dieser Länder besteht ein unabhängiges ICYE-Komitee, das für die Betreuung der Austausch-Jugendlichen verantwortlich ist. Alle diese Komitees bilden einen internationalen Verband mit Sitz in Berlin.

Das heutige Komitee von ICYE Schweiz wurde 1960 als unabhängiger Verein mit Sitz in Bern gegründet. Seither nehmen Schweizer Austausch-Jugendliche am internationalen Programm teil.

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