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Hinterteile und Frontansichten

Vergangenen Donnerstag öffnete die Grand Basel zum ersten Mal ihre Tore für die Öffentlichkeit. Das Logo der Ausstellung exklusiver Automobile hing riesig über den Eingangstüren der Messe in Basel. Von Alfa Romeo bis Zagato – Oldtimer, Boliden und Supercars von gestern bis heute.

Ob die Rechnung mit 12’000 Besuchern aufgegangen ist? Die Veranstalter zeigten sich nach dem Ende der Ausstellung zufrieden. Sie waren von Beginn weg nicht für Understatement zu haben. “Das Gebäude ist gefüllt mit Erwartungen!” – “Das sind Meisterwerke, bedeutungsvolle Autos, darum geht es hier.” Oder noch kürzer: “Autos sind Kunst!”

Die Basler Halle 1 füllte sich am 6. September nur langsam. Die Sammler und VIPs waren die beiden vorangegangenen Tage an der Reihe gewesen. Es war der erste öffentlich zugängliche Ausstellungstag, und ich fühlte mich in bester Gesellschaft.

Es waren vor allem Besucher und nicht wenige von ihnen in Begleitung einer Kamera, oder zumindest des auf Brusthöhe gezückten Smartphones. Frauen gab es nur wenige, meist in Begleitung und selten alleine oder unter sich. Beim Zelebrieren von so viel Glanz und Schönheit kommt man sich auch gleich ein wenig vor wie in einer Kirche. Das Hallen der Schritte und die in gedämpfter Lautstärke gehaltenen Gespräche verteilen sich in der mässig bevölkerten, fast leeren Messehalle.

Am unteren Ende des als Grand Avenue angeschriebenen Ausstellungsgangs steht Professor Paolo Tumminelli im Zentrum einer Gruppe von designinteressierten Besuchern, hier plötzlich eine auffällig hohe Konzentration von Frauen. Eckig oder rund lautet die Frage, die man in der Gruppe zu erörtern versucht.

Schon eher rund, kommt man überein, eben anthropomorph, so mag es der Mensch. Und die Rundungen der Körper auf vier Rädern werden so auch gleich zu weiblichen Objekten der Begierde und zu Sirenen, die uns mit ihrem betörenden Gesang verführen.

Dann steht da als offensichtliche Irritation, inmitten des minimalen Ausstellungskonzepts, ein verrosteter Fiat Panda mit verschlissenen Polster auf einem künstlichen Rasenteppich. Das ist lustig und macht irgendwie auch Sinn, denn eine Design-Ikone ist der Fiat ganz sicher auch. Dass man das Auto mit dem Slogan “Save the Panda” aber auf die Ebene einer vom Aussterben bedrohten Spezies setzt, ist eher peinlich und zeugt im Angesicht von so viel gutem Design doch eher von schlechtem Geschmack.

Die Grand Basel ist eine Erfindung der MCH Group, die sonst auch die Art Basel, oder die kürzlich, nach dem Ausstieg der Swatch-Gruppe, in finanzielle Schwierigkeiten geratene Baselword durchführen. Die Veranstalter haben, nebst den üblichen Fans der schönen Automobile, die für den normalen Besucher ein unerreichbarer Traum bleiben werden, in erster Linie Händler und Sammler aus aller Welt im Visier.

Präsentiert wurden die Automobile und eben nicht nur ausgestellt, sondern kuratiert von einem Expertengremium. Rund 100 Fahrzeuge von hohem kulturellem Wert, historischer Bedeutung und aussergewöhnlichem Design hatte dieses ausgewählt. Parkiert wurden die Wagen in vitrinenähnlichen Boxen, einem eigens für die Grand Basel entwickelten modularen Ausstellungskonzept. Versicherungswert der auf Hochglanz polierten Boliden und Limousinen – 300 Millionen Franken.

Die Exponate stammen zum grossen Teil aus der Schweiz. In der gratis aufliegenden Publikation zur Ausstellung steht es gleich nochmals auf dem Titel: “Autos sind Kunst!” Beim Durchblättern des Magazins kann man dann lesen, dass es Sammler gibt, die Fahrzeuge wie die hier gezeigten wie Briefmarken sammeln. Etwa ein Viertel der Autos standen zum Verkauf.

Nun geht die neue Show erst mal auf Reise. Im Februar ist die Grand Basel in Miami und etwas später im Jahr in Hongkong zu sehen.

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