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Museum in Hohenems A zeigt neue Ausstellung über jüdische Forscher

Keystone-SDA

Unter dem Titel "Die Morgenländer" befasst sich eine neue Ausstellung im Jüdischen Museum in Hohenems (A) mit jüdischen Forschenden und deren Beteiligung am Aufbau der Orientwissenschaften im 19. Jahrhundert. Die Sonderschau eröffnet am Samstag und dauert bis 4. Oktober 2026.

(Keystone-SDA) Der Orient war im 19. Jahrhundert en vogue. Er diente als Projektionsfläche, verkörperte Exotik, Fremdes und Geheimnisvolles. Fantasien, die Eingang in Kunst und Kultur fanden. Angestossen in den 1830er-Jahren von Reformjudentum-Vordenker Abraham Geiger, begannen Judentum-Wissenschaftler das Judentum als etwas historisch Gewachsenes zu begreifen. Sie machten sich auf, nach seinen Ursprüngen zu suchen.

Die Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems (JMH) ist kuratiert von Felicitas Heimann-Jelinek und Dinah Ehrenfreund. Sie zeigt auf, dass jüdische Forscher, grossteils aus dem wohlhabenden Bildungsbürgertum, in zahlreichen Disziplinen der Orientwissenschaften wichtige Erkenntnisse zu einer jüdisch-europäischen Suche nach den eigenen kulturellen Wurzeln beitrugen.

Die Ausstellung versammelt Objekte und ausgewählte Biografien von Forschenden. Ein Raum widmet sich ihren Schicksalen in der NS-Zeit. Ebenfalls nicht verschwiegen wird der koloniale Blick auf Land und Leute der damaligen Wissenschaftler, die den eigenen Blick bestätigt sehen wollten und sich gerne als Orientalen kostümierten.

Die Bibel als wichtige Quelle

Ehrenfreund sprach anlässlich einer Medienführung am Freitag von einer «Aneignung», die man nicht beschönigen wolle. Die Sonderschau konzentriere sich aber vor allem auf die Frage, warum jüdische Forscher die Teilhabe in der Wissenschaft und europäischen Kultur so sehr suchten.

Einer der Hauptpunkte war für Heimann-Jelinek dabei die «Suche nach sich selbst» und der Wunsch, Stereotype unterlaufen zu wollen. Die Erkenntnis, dass es sich nicht um homogene kulturelle Räume, sondern um ein komplexes Netzwerk mit gemeinsamen Ursprüngen handelt, wurde im aufkommenden Nationalismus erstickt.

Wichtige Ansatzpunkte für die Forscher damals lieferte die Bibel. So interessierte man sich besonders für das Königreich Saba, den Tempel und die Fronarbeit der Semiten in Ägypten.

Forschende wie der Orientreisende Simon von Geldern, David Heinrich Müller als Mitbegründer des Wiener Instituts für Orientalistik, der Kunstmäzen James Simon, Ludwig Borchardt als Ausgräber der weltbekannten Nofretete-Büste oder Max von Oppenheim prägten die Erforschung südarabischer und altorientalischer Sprachen. Sie finanzierten Expeditionen, betrieben Ausgrabungen und wirkten an den Schnittstellen von Wissenschaft, Diplomatie und Geheimdienst.

Nachfolge von Hanno Loewy ist weiterhin unklar

Mit der Forschung einher sei die Beschäftigung mit dem arabischen Raum und dem Islam gegangen, sagte JMH-Direktor Hanno Loewy. Beides sei zuvor vor allem von einer christlichen Interpretation bestimmt gewesen. Zugleich war die Tätigkeit der jüdischen Forscher ein Versuch, sich in die europäische Kultur einzuschreiben.

Der Ursprung Europas liege im Orient, so Loewy mit Verweis auf die Entstehung arabischer Zahlen, monotheistischer Religionen und die Philosophie. Das Eigene im Fremden zu suchen, sei etwas, «das wir heute noch täglich tun sollten». Museen seien dafür der passende Ort. Die Ausstellung wolle vor allem Fragen aufmachen.

Nicht beantwortet wurde bei der Medienführung, wer die Nachfolge von Hanno Loewy antreten wird, der 2026 in Pension geht.

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