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Musical “Elisabeth” räumt auf mit Sissi-Kitsch

Königin Elisabeth (Sissi) im Musical, das nach Zürich kommt. (Brinkhoff / Mögenburg © LaBelle Tournee GmbH)

Mit der bekannten Sissi-Trilogie hat das Musical "Elisabeth", das in Zürich zur Aufführung kommt, wenig zu tun. Es wirft einen realistischen Blick auf das Leben der Kaiserin von Österreich und korrigiert das kitschig-romantische Bild der Sissi-Filme.

Gleich zu Beginn wird der Zuschauer in das düster-grausige Reich der Toten entführt. Hierhin hat es Lucheni, den Attentäter von Elisabeth, verschlagen. Unter Druck erklärt der schlitzohrige Italiener seine Beweggründe für den Mord an der Kaiserin.

Lucheni, geschichtlich gesehen eher eine Randfigur, rechtfertigt seine Tat in Genf, indem er das Leben der Kaiserin von Anfang bis Ende erzählt. Dem Zuschauer wird schnell klar, dass er Abschied nehmen muss vom Sissi-Kitsch der 50er-Jahre.

Tragische Figur

Das Musical “Elisabeth” will die wahre Geschichte der Sissi erzählen. Und die ist düster.

Gezeigt wird das Leben einer freiheitsliebenden, aber eingezwängten Frau, einer überforderten Mutter und Kaiserin, einer übertriebenen Schönheitsfanatikerin und einer Feministin, die Zeit ihres Lebens unverstanden blieb und sich am Ende völlig isolierte.

Gleichzeitig thematisiert das Musical auch das Ende des Habsburgerreichs, die Umwälzungen um die Jahrhundertwende inklusive einem visionären Ausblick auf die Faschismus-Anfänge.

Gelungene Neuinszenierung

Neu ist “Elisabeth” nicht. Die Uraufführung fand bereits 1992 in Wien statt. Seither hat sich das Musical von Michael Kunze (Buch) und Sylvester Levay (Musik) jedoch stetig weiterentwickelt. Auf eine reine Klonung wurde bewusst verzichtet.

Vielmehr wurde das Musical jeweils den lokalen Begebenheiten in den Ländern angepasst, in denen es gespielt wurde (etwa Japan, Ungarn oder Schweden).

Die Berliner Variante von Regisseur Harry Kupfer, die ab dem 17. Oktober auch in Zürich zu sehen ist, überzeugt insbesondere optisch mit perfekten Lichtinstallationen.

Wechselnde Bilder im Hintergrund lassen den Zuschauer in eine Vielzahl von Welten eintauchen. Requisiten wurden auf das Notwendigste reduziert. Für Bewegung sorgt die teils rotierende Bühne, die Kupfer dosiert, aber präzis einsetzt.

Eher Musiktheater als Musical

Die Darsteller überzeugen bei einer Medienvorstellung in Berlin insbesondere mit den Gruppenauftritten. Der Funke springt aber nicht nur bei den stimmgewaltigen Szenen über, sondern auch in den ganz leisen Passagen.

Zu verdanken ist dies starken Auftritten der Hauptdarsteller Annemieke van Dam (Elisabeth), Felix Martin (Tod) und Christa Wettstein. Die Schweizerin spielt die Erzherzogin Sophie. Auf Walzerseligkeit wird in dem Stück gänzlich verzichtet.

Insgesamt erinnert das Musical eher an ein Musiktheater, da Bewegung und insbesondere Tanz teilweise fehlen. Gleichzeitig ist das musikalische Hauptthema etwas eintönig.

Es wiederholt sich in mehreren Handlungen und bietet kaum Rhythmus- und Klangwechsel. Mit etwas mehr Diversifizierung hätten sich die Charaktere der Darsteller auch musikalisch wohl noch schärfer zeichnen lassen.

Erfolg programmiert

Mit über acht Millionen Besuchern ist “Elisabeth” das derzeit erfolgreichste Musical im deutschen Sprachraum.

In Berlin, der letzten Station, war es ein Grosserfolg. Die Erfolgsgeschichte dürfte auch im Theater 11 in Oerlikon bei Zürich kaum abreissen.

swissinfo und Stefan Kunfermann, sda

Elisabeth von Österreich-Ungarn, kurz “Sissi” genannt, kommt am 24. Dezember 1837 in München zur Welt.

Im Alter von erst 16 Jahren vermählt sie sich mit ihrem Cousin, dem österreichischen Kaiser Franz-Josef, und wird zur höchsten Frau der Monarchie.

1867 wird das Wiener Herrscherpaar auch zum Souverän von Ungarn gekrönt. Fortan spricht man vom österreich-ungarischen Kaiserreich.

Im Februar 1893 kommt Elisabeth von Österreich zum ersten Mal nach Territet bei Montreux am Genfersee.

Zwischen 1893 und 1898 weilt sie immer wieder an der Waadtländer Riviera und in Genf.

Am 10. September 1898 wird Sissi am Genfer Seeufer von einem italienischen Anarchisten niedergestochen und tödlich verletzt.

Die drei Filme über die Kaiserin von Österreich mit Romy Schneider in der Hauptrolle gehören zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Filmproduktionen aller Zeiten.

Sissi: 1955

Sissi – die junge Kaiserin: 1956

Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin: 1957

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