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Nach Tsunami: Schweiz hat gut reagiert

Grosse Katastrophe, gute Schweizer Reaktion, sagt das Aussenministerium. swissinfo.ch

Ein Jahr nach der Tsunami-Katastrophe in Südostasien hat die Schweiz für ihr Krisenmanagement trotz den verheerenden Folgen eine positive Bilanz gezogen.

Die Flutwelle forderte über 226’000 Menschenleben, darunter 112 Schweizer. Fünf von ihnen gelten immer noch als vermisst.

Die Tsunami-Katastrophe vor einem Jahr in Südostasien hat die Mitarbeiter im Schweizer Aussenministerium innert Minuten an die Grenzen ihrer Kapazitäten gebracht: Tausende besorgter Menschen wollten sich telefonisch oder via Mail nach Angehörigen oder Bekannten erkundigen, die sie in den Krisengebieten vermutet hatten.

Für seine Arbeit hat das Aussenministerium viel Dank und Lob geerntet. Doch es wurde auch Kritik laut. Namentlich in Thailand sei das Schweizer Konsulat in den ersten Stunden der Katastrophe zu wenig präsent gewesen, hatten Betroffene geklagt.

Im Vergleich zu anderen Ländern habe die Schweiz die Katastrophe “sehr gut bewältigt”, sagte die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey am Freitag in Bern vor den Medien. Trotzdem gab es für das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auch Lehren zu ziehen aus der Bewältigung der Naturkatastrophe.

Experten-Pool

Dazu gehört die Schaffung eines Experten-Pools mit 25 erfahrenen Krisenmanagern, die im Bedarfsfall rasch die diplomatischen Vertretungen im Ausland verstärken sollen. Mit Reiseveranstaltern, Flughäfen und mit anderen Organisationen wurde zudem ein Netzwerk erarbeitet, das künftig eine solide Basis für schnelle Hilfe bilden soll.

Zusätzlich wird der Bestand an Freiwilligen zur Bedienung von Telefon-Hotlines von 40 auf 80 Personen verdoppelt, und ein einheitliches Suchformular soll die Bearbeitung von Vermisstenlisten künftig erleichtern.

Gute Koordination auf allen Ebenen

Toni Frisch, als Chef des Korps für Humanitäre Hilfe oberster Schweizer Katastrophenhelfer, zog ebenfalls ein positives Fazit: “Wir haben rasch und entschlossen gehandelt und damit den betroffenen Menschen auch Mut mit auf den Weg gegeben.” Grundsätzlich habe die Koordination auf nationaler, bilateraler und auf multilateraler Ebene gut funktioniert.

Peter Sutter, Chef des Auslandschweizer-Dienstes im Aussenministerium, zeigte sich ein Jahr immer noch von der “unglaublichen Solidarität” beeindruckt. Er erinnerte vor allem auch die Hilfe von Aussen, welche das EDA erfahren habe: “So sass zum Beispiel auch Rudolf Wyder, der Direktor der Auslandschweizer-Organisation, am Hotline-Telefon.”

Ein Kränzchen wand Sutter aber insbesondere den Schweizer Helfern vor Ort: “Was zum Beispiel unsere Leute in Phuket geleistet haben, ging weit über übliche konsularische Tätigkeiten hinaus.” Das EDA will sein Personal aber künftig noch besser auf aussergewöhnliche Situationen vorbereiten. Dazu soll das Botschafts- und Konsularpersonal spezifisch für Einsätze im Felde ausgebildet werden, wie Sutter ankündigte.

Fischerdörfer auf guten Wegen

Insgesamt wollen die Schweizer Behörden 35 Mio. Franken für die Bewältigung der Tsunami-Folgen aufwenden. Davon würden rund 26 Millionen bilateral ausbezahlt, sagte Calmy-Rey. Der Aufbau von Fischerdörfern in Thailand, der wegen der Mitfinanzierung durch die Glückskette in die Schlagzeilen geraten war, hat sich aus Sicht der Aussenministerin als ein durchaus gutes Projekt erwiesen.

Damit soll ein positives Zeichen gesetzt werden. Angesichts der überwältigenden Spendenbereitschaft für die Tsunami-Opfer warnten die Entwicklungshilfespezialisten am Freitag aber auch davor, andere Gebiete wie beispielsweise die Erdbebenregion im pakistanischen Kaschmir zu vergessen.

Hoffnung intakt

Von den vermutlich 112 Schweizer Todesopfern wurden bisher 107 identifiziert. Fünf Personen gelten nach wie vor als vermisst, wobei es aus der Sicht des Bundesamtes für Polizei (fedpol) auch ein Jahr nach der Katastrophe noch immer möglich scheint, auch diesen Opfern noch “einen Namen zu geben”, wie fedpol-Vizedirektor Arnold Bolliger sagte.

Nach dem bisherigen Ermittlungsstand wurden 109 Schweizer und Schweizerinnen in Thailand von der Flutwelle erfasst, drei Personen mit einem Schweizer Pass fielen dem Tsunami in Sri Lanka und Indien zum Opfer.

Die Touristenströme in die betroffenen Regionen haben inzwischen wieder das Niveau des Vorjahres erreicht. Die Weihnachtsreisen nach Thailand oder auf die Malediven sind ausgebucht, nur bei Flügen nach Sri Lanka scheint noch eine gewisse Zurückhaltung spürbar, wie eine Umfrage bei den Reiseunternehmen zeigte.

swissinfo und Agenturen

Am 26. Dezember 2004 erschütterte ein Seebeben mit Stärke 9 Südostasien. Das Zentrum lag vor Indonesien.
Der daraus entstandene Tsunami (Flutwelle) forderte 226’000 Menschenleben, 125’000 Personen werden immer noch vermisst.
Unter den Opfern waren auch 107 Schweizer. Fünf Schweizer werden immer noch vermisst.
Die Schweizer Regierung sprach Hilfsgelder von 35 Millionen Franken, die bis 2007 eingesetzt werden.
Die Glückskette hat bisher 226 Millionen für die Tsunami-Opfer gesammelt.

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