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Nächtlicher Alkoholverkauf soll verboten werden

RDB

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) will den Verkauf von Alkohol zwischen 21 Uhr abends und 7 Uhr früh in Tankstellen, Bahnhöfen oder Take-Aways verbieten.

Diese Massnahme richtet sich gegen den exzessiven Alkoholkonsum von jungen Leuten. Sie ist Teil eines neuen nationalen Alkohol-Präventionsprogramms.

Anne Lévy, die Leiterin der Sektion Alkohol und Tabak beim BAG, bestätigte am Mittwoch einen entsprechenden Bericht von Schweizer Radio DRS. Demnach soll der Verkauf von alkoholischen Getränken im Detailhandel zwischen 21 Uhr und 7 Uhr gänzlich verboten werden.

Alkohol soll es abends und in der Nacht nur noch in Restaurants und Bars geben. Auch der Verkauf “über die Gasse” soll möglicherweise verboten werden. “Wir wollen damit vor allem das spontane Betrinken von Jugendlichen unterbinden”, sagte Lévy.

Massnahmenpaket gegen Alkohol

Die Massnahme stütze sich auf die positiven Erfahrungen im Kanton Genf, der seit 2005 ein solches Verkaufsverbot kennt. Bei dem geplanten Verbot handle es sich nur um eine von 34 Massnahmen zur Alkoholprävention, die das BAG mit Akteuren von Bund, Kantonen, Präventionsstellen, Industrie und Gastronomie erarbeitet habe.

Auch der Ausschank und Konsum von Alkohol in Fussball- und Eishockeystadien bei Spielen der Nationalliga A und B und bei internationalen Partien soll über eine freiwillige Vereinbarung mit den Organisatoren verboten werden. Zudem soll laut dem Entwurf die Erhöhung der Biersteuer geprüft werden.

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen sei bekannt, dass die Einschränkung der Erhältlichkeit von Alkohol und Preiserhöhungen zu den wirksamsten Präventionsmassnahmen gehörten, sagte Lévy.

Das “Nationale Programm Alkohol 2007-2011” soll im Herbst dem Bundesrat vorgelegt werden. Danach werde das BAG zusammen mit den Partnern, die an der Ausarbeitung des Programms beteiligt waren, im Detail über die Umsetzung der Massnahmen diskutieren. “Über ein Verbot des Alkoholverkaufs müssen schlussendlich die Kantone entscheiden”, sagte Lévy.

Wenig Gegenliebe beim Gewerbe

Beim betroffenen Gewerbe stösst ein Verkaufsverbot auf wenig Gegenliebe. “Das ist eine typisch unnütze Massnahme”, sagte der Direktor der Vereinigung Schweizer Weinhandel, Ernest Dällenbach gegenüber Radio DRS.

“Wieso ein erwachsener Mann nach ein Uhr keinen Alkohol mehr kaufen kann, wenn er ein Fondue oder irgend etwas herstellen will, das ist mir schleierhaft”, sagte Dällenbach.

Auch der Detailhändler Alimentana, der die Aperto-Läden in den Schweizer Bahnhöfen führt, stellt die Wirksamkeit der Massnahme in Frage. “Die Jungendlichen werden den Alkohol früher am Abend oder später in den Diskotheken kaufen”, sagte Generaldirektor Ernest Abouchar.

Bei Coop, der über seine Pronto-Läden auch abends Alkohol verkauft, wollte man sich am Mittwoch noch nicht zu dem Entwurf äussern. “Wir warten zuerst die offizielle Position des Bundesrates ab”, sagte Konzern-Sprecher Takashi Sugimoto.

Problem Alkoholkonsum

Der problematische Alkoholkonsum betreffe die ganze Gesellschaft, schreibt das BAG auf seiner Website. Rund eine Million Menschen in der Schweiz konsumieren laut den Gesundheitsbehörden zuviel Alkohol. Besondere Sorgen bereitet das sogenannte Rauschtrinken von Jugendlichen.

Alkohol erhöhe die Gewaltbereitschaft, sei für eine Vielzahl von Unfällen verantwortlich und vermindere so die Lebensqualität der Bevölkerung. Jährlich seien 2100 Todesfälle auf Alkoholkonsum zurückzuführen.

swissinfo und Agenturen

Der Alkoholkonsum ist in der Schweiz für 5,2% der Todesfälle bei Männern und für 1,4% bei Frauen verantwortlich.

Männer leben durchschnittlich 10,5 Jahre und Frauen 4,9 Jahre weniger, wenn sie stark trinken.

25,4% der 15-jährigen Knaben und 17,6% der gleichaltrigen Mädchen trinken mindestens ein Mal pro Woche Alkohol (Zahlen 2006). Jeden Tag werden drei bis vier junge Leute wegen Alkoholmissbrauchs ins Spital gebracht.

Insgesamt sind in der Schweiz gegen 300’000 Personen vom Alkohol abhängig. Alkoholmissbrauch verursacht in der Schweiz jährliche Kosten von 6,7 Mrd. Franken.

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