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Nein zu Zürcher Kirchenvorlagen

Muslimische Gläubige beten in der Moschee der türkisch-islamischen Stiftung in Zürich. Keystone

Deutlich abgelehnt worden sind am Wochenende im Kanton Zürich die drei Vorlagen für eine Neuregelung von Kirche und Staat.

Damit bleibt vorderhand alles beim Alten. Die unterlegenen Befürworter hoffen nun auf die neue Verfassung.

Die Kirchenvorlagen wurden mit 55,0 (Verfassungsänderung), 54,2 (Kirchengesetz) und 64,1 Prozent (Anerkennungsgesetz) Nein-Stimmen-Anteilen abgelehnt. Die Stimmbeteiligung lag bei 40,8 Prozent.

Die Neuregelung umfasste vier Kernpunkte: Die mögliche Anerkennung anderer Religionsgemeinschaften, deren Stimm- und Wahlrechtsautonomie, die Abkehr von historischen Ansprüchen auf Staatsbeiträge und die verfassungsmässige Verankerung der schon heute bestehenden Kirchensteuerpflicht juristischer Personen.

Nach dem dreifachen Nein bleibt der Kanton Zürich der letzte Schweizer Kanton, welcher den anerkannten Kirchen die Stimm- und Wahlrechtsautonomie verweigert. Eine Anerkennung anderer Religions-Gemeinschaften kommt weiterhin nicht in Frage.

Und die staatlichen Beiträge werden auch künftig nicht danach bemessen, welche Leistungen die Kirchen zum Wohle der gesamten Gesellschaft erbringen, sondern aufgrund von althergebrachten Ansprüchen.

Eine Überraschung ist die Abfuhr der Zürcher Kirchenvorlagen nicht – in diesem Ausmass war sie aber doch nicht erwartet worden. Bekämpft worden waren die Vorlagen in erster Linie von der SVP, welche schon in der Kantonsratsdebatte im vergangenen Frühjahr Nein stimmte.

Die FDP war damals noch hinter den Neuerungen gestanden, gab dann aber die Nein-Parole aus. Dennoch engagierten sich mehrere FDP-Exponenten im befürwortenden Komitee.

Gehässiger Abstimmungskampf



Der Abstimmungskampf war geprägt von Gehässigkeiten und dem Vorwurf an die Gegner, sie verbreiteten bewusst Lügen. Geschürt wurden Ressentiments gegen Ausländer und in erster Linie gegen Muslime. Mit Slogans “Steuergelder für Koranschulen” verunsicherten sie die Stimmberechtigten.

Für die Befürworter waren die Vorlagen ein Beitrag zum religiösen – und damit sozialen – Frieden im Kanton. Eine Anerkennung anderer Gemeinschaften als der heutigen Landeskirchen wäre an strenge Auflagen hinsichtlich Verwurzelung, Demokraktie und Mitgliederzahlen gebunden gewesen.

Jahrzehntelange Diskussion



Die nun abgelehnte Neuregelung des Verhältnisses von Kirche und Staat war die Einlösung eines Versprechens, das Regierung und Kirchen dem Volk 1995 gegeben hatten: Damals war eine Initiative für eine vollständige Trennung mit fast 65 Prozent Nein-Stimmen bachab geschickt worden. Die Notwendigkeit von Neuerungen war allerdings unbestritten.

Hoffen auf die neue Verfassung



Seitens der Kirchen und der Regierung hofft man nun auf die neue Kantonsverfassung, die zur Zeit ausgearbeitet wird. Man werde versuchen, die verfassungsrelevanten Punkte der gescheiterten Vorlagen auf dem Weg via Verfassungsrat einzubringen, sagte Regierungsrat Markus Notter.

SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer, Exponent der Gegnerschaft, erklärte, sein Komitee strebe zur Zeit keine neue Trennungs-Initiative an. Längerfristig müssten Kirche und Staat jedoch vollständig entflochten werden.

swissinfo und Agenturen

Im Kanton Zürich werden jüdische und muslimische Religionsgemeinschaften auch in Zukunft nicht vom Kanton anerkannt werden.

Das Zürcher Stimmvolk hat alle drei Kirchenvorlagen, die das Verhältnis zwischen Staat und Kirche grundsätzlich neu regeln wollten, abgelehnt.

Mit 55 Prozent Nein-Stimmen wurde die Änderung der Kantonsverfassung verworfen.

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