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Nervöse Sparer wollen ihr Vermögen absichern

Keystone

Kleinere Bankinstitute sehen sich einer unerwartet grossen Nachfrage von Sparern gegenüber, die Konten eröffnen möchten. Diese wollen ihre Vermögen vor der globalen Finanzkrise in Sicherheit bringen.

Schweizer Banken geben ihren Kunden eine Garantie bis 30’000 Franken auf ihre Guthaben (“Einlagesicherung”). Neuerdings hat dies dazu geführt, dass viele Sparer diversifizieren respektive ihr Vermögen auf verschiedene Institute aufteilen.

Die Behörden ihrerseits halten fest, dass kaum eine Gefahr besteht, wonach eine Schweizer Bank kollabieren könnte.

Trotz des Kursfeuerwerks seit Beginn dieser Woche bleiben viele Kleinanleger den Grossbanken gegenüber aber zutiefst skeptisch. Mit ihrem sauer verdienten Ersparten wollen sie keine Risiken mehr eingehen. Mussten sie doch im Ausland mitansehen, wie eine ganze Reihe von Banken in Konkurs gerieten.

So hatten rund 1700 in der Schweiz ansässige Sparer die Online-Offerte der Isländischen Kaupthing Bank genutzt. Diese versprach zwar hohe Renditen, brachte den Sparern jedoch ein angsterfülltes Warten ein, bis diese vor dem drohenden Konkurs vom isländischen Staat übernommen werden musste.

Längere Schlangen vor Bankschalter

Dennoch hat anhaltende Unsicherheit zu längeren Schlangen vor den Schaltern der Regionalbanken geführt: Auch Banken wie die der Migros oder Coop verzeichneten ein Wachstum der Nachfrage nach Dienstleistungen.

Zahlreiche Kantonalbanken und die Postfinance garantieren ihrer Kundschaft nämlich 100% ihrer Vermögenswerte, also oft mehr als nur den Einlagegarantie-Plafond von 30’000 Franken.

Postfinance hat noch keine neuesten Zahlen. Doch gegenüber swissinfo sagte das bankähnliche Unternehmen des Gelben Riesen, dass im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 105’000 Kunden neue Konten eröffnet hätten, gegenüber 80’000 im Vorjahres-Zeitraum.

Verlorenes Vertrauen

Die Zürcher Kantonalbank spricht von “Tausenden” von neuen Bankkonten, die monatlich eröffnet werden.

Und die Coop- und Migros-Banken gehen von signifikant grösserem Wachstum für neue Konten aus.

Die Raiffeisen-Banken beziffern ihren Zuwachs an Neukunden auf 600 täglich, was ihnen rund eine Milliarde Franken pro Monat an Neugeld bringe. “In der über 100-jährigen Geschichte der Raiffeisen-Banken ist noch kein Kunde seines Geldes verlustig gegangen”, steht auf der Website der kooperativen Bankform.

Laut Raiffeisen-Sprecher Franz Würth “haben viele Leute ihr Vertrauen in die Grossbanken verloren und platzieren deshalb ihre Vermögen um, zu uns und anderen Institutionen”.

Die Grossbanken selbst geben sich noch verschlossen. Sie verweisen auf die Resultate des 3. Quartals, die in wenigen Wochen publiziert werden.

“Es gibt sicher Kunden, die wegen der Finanzkrise um ihr Vermögen besorgt sind”, sagt UBS-Sprecher Andreas Kern gegenüber swissinfo. “Einige davon reagieren wohl mit der Diversifikation ihrer Anlagen.”

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EBK

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) wurde ursprünglich als Aufsichtsorgan über den Bankensektor eingerichtet. Im Lauf der Zeit wurde ihr Tätigkeitsfeld ausgedehnt auf Banken, Wertschriftenhändler und Fondsmanager betreffend Geldwäscherei. Die EBK ist zwar nicht Teil der Bundesverwaltung, ist jedoch im Finanzdepartement integriert.

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Vorsichtig optimistisch

Was die Zukunft aller Schweizer Finanzinstitute betrifft, geben sich die Finanzbehörden vorsichtig optimistisch, So mag die UBS in der Subprime-Krise 49 Mrd. Franken verloren haben – soviel wie kein anderes europäisches Institut – doch laut Beobachtern hat die Bank in der Zwischenzeit die richtigen Massnahmen in die Wege geleitet, um einem Kollaps vorzubeugen.

“Ich bin überzeugt, dass keine Schweizer Bank kollabieren wird. Das Schweizer Bankensystem funktioniert sehr gut”, sagte Pierre Mirabaud, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, letzten Sonntag in der Presse.

Laut dem Finanz-Departement gibt es konkreten keine Pläne, die Einlagesicherung in der Höhe von 30’000 Franken zu ändern. Doch hat die stellvertretende Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf eine mögliche Erhöhung des Anlegerschutzes nicht ausgeschlossen. Im Parlament sind ebenfalls entsprechende Vorstösse hängig.

Die Schweizer Regierung oder Behörden fühlten sich auch nicht gedrängt, dem Beispiel anderer Länder zu folgen und Hilfpakete anzukündigen, um in Schwierigkeiten geratenen Banken unter die Arme zu greifen.

swissinfo, Matthew Allen, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Die Schweiz bestätigte Anfang Woche, ein mit Steuergeldern finanzierter Rettungsplan für die Banken, wie er in anderen Ländern nun aufgestellt wird, sei für das Land nicht nötig.

Das Finanz-Departement unterstütze jedoch die Bemühungen der G7-Staaten, der EU und anderer Regierungen als einen wertvollen Beitrag zur Stabiliserung der Finanzmärkte, so Sprecherin Tanja Kocher.

Die USA hatten Anfang dieses Monats ein Paket in der Höhe von 790 Mrd. Franken geschnürt. Grossbritannien folgte mit 73 Mrd. Franken, und Deutschland spricht von 724 Mrd. Franken Rettungs-Geldern.

Frankreich geht ähnlich vor wie Deutschland: Ein Fonds soll 320 Mrd. Euro an Garantien für den Interbankenmarkt bereitstellen. Hinzu kommen sollen 40 Mrd. Euro für direkte Staatsbeteiligungen.

Die österreichische Regierung garantierte am Montag Kredite zwischen Banken mit bis zu 85 Mrd. Euro.

Vage blieb Italien: Das Kabinett verabschiedete per Dekret ein Paket zur Sicherung der Banken und der Spareinlagen des Landes.

Gemäss einer Umfrage im Auftrag von Sonntagsblick, und Le Matin dimanche glauben die Befragten, angesichts der globalen Finanzkrise mit einem blauen Auge davonzukommen.

Vier von fünf Befragten sagten, sie hätten keine Angst um ihre Ersparnisse. Nur 16% zeigten sich leicht beunruhigt, während lediglich 1% sich vor möglichen Auswirkungen fürchten. 4% hatten keine Meinung.

Die Umfrage bei insgesamt 500 Personen stellte auch der Schweizer Regierung ein gutes Zeugnis aus, fand doch eine Mehrheit von 52%, die Regierung habe angemessen auf die Finanzkrise reagiert.

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