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Neue Ordnung für alte Dokumente

Originaldokument von 1571 aus dem historischen Archiv der Abtei von St-Maurice. Keystone

Im Archiv der Abtei von St-Maurice lagern Tausende wertvollste historische Dokumente. Für ihre dauerhafte Erhaltung braucht es eine fachgerechte Lagerung.

Eine Stiftung hat dafür im vergangenen Frühling ein eigenes Restaurationsatelier eröffnet.

“Das Hauptproblem ist die Verpackung der Dokumente”, sagt die Restauratorin Maïté Shazarin in der Abtei von St-Maurice im Kanton Wallis. Papier- und Pergament-Bögen würden nach wie vor gemischt und ohne besonderen Schutz in Schubladen gelagert. Die Anfertigung von massgefertigten Kartonhüllen für die Dokumente habe deshalb erste Priorität.

Papier- und Pergament-Rollen würden künftig getrennt aufbewahrt. Für Dokumente mit Siegeln brauche es eine spezielle Verpackung. Die wertvollsten Pergament-Dokumente müssten zudem einzeln gelagert werden. Die bisherige Ordnung in Schubladen soll jedoch so weit wie möglich erhalten bleiben.

Grosses Durcheinander

“Als ich 1991 mein Amt als Archivar antrat, herrschte hier ein grosses Durcheinander”, sagt Chorherr Olivier Roduit. Seit 200 Jahren sind die einzelnen Dokumente ohne besonderes System im Archiv gestapelt worden. Das letzte Inventar geht auf das 18. Jahrhundert zurück.

Ein Vorgänger von Roduit hatte damals 8300 Dokumente ausgewählt, zu Rollen zusammengebunden und in ein Holzmöbel mit 77 Schubladen versorgt, wo sie heute noch liegen. Das Möbel mitsamt seinem wertvollen Inhalt – das älteste Dokument geht auf das Jahr 984 zurück – bildet nach wie vor das Herzstück des Archivs

Gedächtnis der Abtei

Es ist eine Art Gedächtnis der Abtei und zeigt, dass deren Besitztümer früher weit über die Region hinaus bis nach Frankreich und Italien reichten. Handschriftlich festgehaltene und kunstvoll verzierte Landverschreibungen, Eigentums-Bescheinigungen und Pachtzins-Regelungen zeugen davon.

In einem anderen Teil des Archivs liegen auf einem Metall-Regal in Leder gebundene grossformatige Bücher. “Das sind Steuererklärungen von 1482”, sagt Roduit beiläufig. Damals sei es einfacher gewesen als heute. Nur alle zwei Generationen sei eine Steuererklärung ausgefüllt worden.

Im Archivraum mit dem gepflästerten Boden und der gewölbten Decke herrschen mit konstant 15-20 Grad und rund 50 Prozent Luftfeuchtigkeit ohne Zutun einer Klimaanlage ideale Lagerbedingungen. Dies allein reicht aber nicht aus, um die wertvollen Dokumente dauerhaft erhalten zu können.

Neue Ordnung nötig

Die alten Bögen müssen geordnet, elektronisch erfasst und teilweise auch restauriert werden. Zudem braucht es für die Lagerung der Pergament- und Papierseiten eine fachgerechte Verpackung. “Allein und mit eigenen Mitteln hätten wir das nicht tun können”, sagt Roduit.

Auf Rat von Experten gründete die Abtei im Jahr 2000 eine Stiftung. Unter deren Regie werden die historischen Dokumente seit zwei Jahren mit einem modernen Scanner elektronisch erfasst, mit Archivnotizen verlinkt und im Internet zugänglich gemacht. Bisher konnten bereits rund 300’000 Seiten und 30’000 Notizen online geschaltet werden.

Die Arbeiten werden laut Roduit noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Spätestens im Jahr 2015 – dann feiert die Abtei ihren 1500. Geburtstag – sollte alles fertig sein und neue Forschungsresultate über die historischen Dokumente vorliegen.

Budget nicht ganz gedeckt

Das Gesamtbudget für das Projekt beträgt 3,5 Mio. Franken und ist laut dem Archivar erst zu 80 Prozent gedeckt. Insgesamt 18 Personen sind teilzeitlich mit der Archivierung beschäftigt, darunter auch Freiwillige und Praktikanten.

Nebst Subventionen des Bundes haben auch die Loterie Romande, private Sponsoren und die Gemeinden der Region zur Finanzierung der Stiftung beigetragen. Die noch fehlenden Mittel müssen durch weitere Spendenaktionen aufgetrieben werden.

swissinfo und Christoph Nussbaumer (sda)

8300 zum Teil über 1000-jährige Dokumente

Das letzte Inventar geht auf das 18. Jahrhundert zurück

Das älteste Dokument geht auf das Jahr 984 zurück

Damit die alten Dokumente im historischen Archiv der Abtei St-Maurice VS dauerhaft erhalten bleiben, braucht es eine fachgerechte Lagerung.

Eine Stiftung bringt derzeit Ordnung ins Durcheinander und macht die zum Teil über 1000-jährigen Pergament-Bögen im Internet zugänglich.

Bei der Verpackung der Dokumente wird auch deren Zustand abgeklärt. Die eigentlichen Restaurationsarbeiten sollen aber erst zu einem späteren Zeitpunkt und aufgrund einer Prioritätenliste ausgeführt werden.

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