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Neuer Schritt für ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen

Rauchen im Restaurant: Laut Ständerat nur noch hinter verschlossenen Türen erlaubt. Keystone

Nach dem Nationalrat stimmte am Dienstag auch der Ständerat dem Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen zu. Das Parlament folgt den Kantonen, die teilweise bereits Rauchverbote eingeführt haben.

Es bleibt ein Steitpunkt: Während der Ständerat das Rauchen in Restaurants verbieten will, kommt der Nationalrat diesbezüglich dem Gastgewerbe entgegen.

Die Diskussion um den Schutz vor dem Passivrauchen geht weiter: In Schweizer Restaurants soll künftig nur noch in abgetrennten Räumen, so genannten Fumoirs, geraucht werden dürfen. So möchte es der Ständerat. Er ist für ein strenges Gesetz. Raucherrestaurants will er im Gegensatz zum Nationalrat nicht zulassen.

Im Dezember 2007 war der Nationalrat (grosse Kammer) dem Gastgewerbe noch entgegengekommen. Er wollte Raucherrestaurants zulassen, wenn eine Trennung von Raucher- und Nichtraucherräumen nicht möglich oder unzumutbar ist. Die Gesundheitskommission des Ständerates schlug ihrerseits vor, nur im Fall der Unmöglichkeit einer Trennung Ausnahmen zu bewilligen.

Dem Ständerat ging beides zu wenig weit. Er sprach sich am Dienstag mit 23 zu 16 Stimmen gegen Ausnahmen aus. Rauchen soll demnach nur in Fumoirs erlaubt sein. In diesen Räumen dürfen Angestellte nach dem Willen des Ständerates zudem nur ausnahmsweise und mit ausdrücklicher Zustimmung beschäftigt werden.

Nationalrat gegen Einschränkungen

Damit sprach sich der Ständerat für einen Kompromiss aus: Der Nationalrat war gegen Einschränkungen der Arbeit in Fumoirs, der Bundesrat hatte nur unbediente Fumoirs zulassen wollen.

Der Ständerat stimmte dem Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen mit 25 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen zu. Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat. Selbst wenn sich am Ende dessen liberalere Version durchsetzen sollte, wird es in vielen Kantonen strikte Rauchverbote geben.

Föderalistischer Flickenteppich

Nach dem Willen des Ständerates soll im Bundesgesetz ausdrücklich festgehalten werden, dass die Kantone strengere Vorschriften erlassen können – wie es einige bereits getan haben. Bundespräsident und Gesundheitsminister Pascal Couchepin hielt fest, dass auch damit das Verhältnis zwischen Bundes- und Kantonsrecht nicht gänzlich geklärt sei.

Verschiedene Ständerätinnen und Ständeräte warnten vor einem “Flickenteppich” mit einer Bundes- und 26 Kantonslösungen und plädierten aus diesem Grund für ein strenges Bundesgesetz. Die kantonalen Abstimmungen hätten gezeigt, dass die 70 Prozent Nichtraucher einen rigorosen Schutz wünschten, sagte Urs Schwaller von der Christlichdemokratischen Partei (CVP).

Schutz versus Freiheit

Die Debatte im Ständerat kreiste indes mehrheitlich um die Grundsatzfrage, ob der Schutz der Nichtraucher und der Angestellten oder die Freiheit der Raucher und des Gastgewerbes höher zu gewichten sei. Die Vertreter der linken Parteien sprachen sich für ein strenges Gesetz aus, das bürgerliche Lager zeigte sich gespalten.

Die freisinnige Erika Forster plädierte mit Verweis auf die hohe Krankheits- und Sterberate unter Gastronomie-Angestellten für strenge Regeln. Das Heil der Menschheit könne nicht mit Verboten verordnet werden, befand dagegen der freisinnige Hans Hess.

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Ständerat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Ständerat ist die Schweizer Parlamentskammer (Legislative) der Kantonsvertreter (Senat, Kleine Kammer). Er zählt 46 Mitglieder, welche die Kantone vertreten. Jeder Kanton ist ungeachtet seiner Einwohnerzahl mit zwei, die Halbkantone mit einem oder einer Abgeordneten vertreten. Als Halbkantone gelten Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. Das einzelne Ratsmitglied wird “Ständerat” oder “Ständerätin”…

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“Entwicklung zu Verbotsstaat”

Auch der christlichdemokratische Bruno Frick kritisierte die Entwicklung hin zu einem Verbotsstaat. Rauchen sei eine persönliche Freiheit. “Einstein rauchte, Sigmund Freud und Picasso sowieso.”

Der Zürcher Felix Gutzwiller von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP), auf dessen Initiative die Gesetzesvorlage zurückgeht, erwiderte, das Recht autonomer Erwachsener, sich selbst zu schädigen, werde nicht bestritten. Doch würden durch das Rauchen Dritte geschädigt, und dies legitimiere staatliches Handeln.

Das Gesetz verbietet das Rauchen nicht nur in Restaurants, sondern auch in Verwaltungsgebäuden, Schulen, Altersheimen, Gefängnissen oder Einkaufszentren. Schätzungen zufolge verursacht das Passivrauchen in der Schweiz den Tod von jährlich rund 400 Menschen und Kosten von 500 Millionen Franken.

swissinfo und Agenturen

Während das eidgenössische Parlament ein Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen diskutiert, haben einzelne Kantone von sich aus weitgehende Rauchverbote verfügt.

In den Kantonen Tessin, Genf, Solothurn, Graubünden und Appenzell Ausserrhoden sprachen sich die Stimmbürger bereits für Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten aus. Meist darf nur noch in räumlich abgetrennten Fumoirs geraucht werden.

In diversen weiteren Kantonen wurden Volksinitiativen zum Schutz vor Passivrauchen lanciert, so in Zürich, Thurgau, beiden Basel, Freiburg, Neuenburg und in der Waadt.

Andere Schweizer Kantone sind daran, Vorschläge für ein Rauverbot auszuarbeiten.

Seit Dezember 2005 ist es in der ganzen Schweiz verboten, in öffentlichen Transportmitteln zu rauchen.

Irland hat 2004 als erstes Land in der Europäischen Union (EU) ein Rauchverbot am Arbeitsplatz sowie in Restaurants und Pubs eingeführt.

In zahlreichen anderen EU-Ländern wie Frankreich, Italien und Grossbritannien wurden darauf ähnliche Verbote erlassen. In diesen Ländern ist zum Teil das Rauchen in speziell belüfteten Räumen, so genannten Fumoirs, erlaubt.

In den verschiedenen Bundesländern Deutschlands wird gemäss EU-Empfehlungen voraussichtlich Mitte nächstes Jahr ein Rauchverbot in Restaurants eingeführt.

Gemäss US-Gesetz können die einzelnen Staaten und lokalen Behörden eigens über Rauchverbote verfügen. In mehr als der Hälfte der US-Staaten gilt ein strenges Rauchverbot in Restaurants und/oder Bars.

Kanada führte 1986 ein nationales Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern am Arbeitsplatz ein, das Fumoirs vorsieht.

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