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Novartis: Aus einer Sensation erblüht

Novartis-Hauptsitz in Basel im Strahlenglanz. Novartis

Vor zehn Jahren hatten die Schweizer Pharma-Unternehmen Ciba-Geigy und Sandoz die Welt mit ihrer Fusion überrascht: Novartis war geboren.

Heute hat Novartis, lateinisch für “neue Wege”, die Basler Konkurrentin Roche überflügelt.

Novartis ist eines der unbestrittenen Schwergewichte der internationalen Pharmabranche. 2005 verkauften nur drei Unternehmen mehr Medikamente als das Basler Unternehmen.

Der Gewinn stieg um 10% auf die Rekordmarke von 7,8 Mrd. Franken an, der Umsatz kam auf knapp 42 Milliarden.

In den letzten Jahren ist Novartis zum weltweit grössten Hersteller von Generika (durch Patentverfall verbilligte Nachahmerprodukte) und zur Nummer zwei bei den rezeptfreien Medikamenten (Over the Counter, OTC) avanciert.

An jenem 7. März 1996 habe noch niemand so richtig gewusst, was von der Kreation Novartis zu halten sei, so der Analyst Karl Heinz Koch von der Privatbank Lombard Odier Darier Hentsch.

Grosse Überraschung

“Die Fusion war damals eines der bestgehüteten Geheimnisse gewesen, und die Bekanntgabe eine Riesensensation”, erinnert sich Koch gegenüber swissinfo.

“Sandoz ging es gut, aber die Probleme bei Ciba-Geigy waren offensichtlich. Die Fusion schien nicht unbedingt naheliegend, aber im Nachhinein gesehen war es ein Super-Geschäft.”

Formell entstand Novartis am 20. Dezember 1996 und übertraf bereits im Jahr darauf alle Erwartungen – mit dem Mittel Diovan zur Senkung von Bluthochdruck. An der Novartis-Spitze stand von Anfang an Daniel Vasella, selber ein Arzt und kein eigentlicher Chemiker.

Ausstieg aus Agro-Chemie

Im Agrogeschäft, einem der Kernbereiche, gab es dagegen Probleme: Die Widerstände gegen die Gentechnik waren gross, und Novartis zog sich aus diesem Business zurück. Ab 1999 konzentrierte man sich nur noch auf den Healthcare-Sektor.

In jenem Jahr übernahm Daniel Vasella vollständig das Novartis-Ruder, und als CEO und neuer Präsident des Verwaltungsrats steuerte der gebürtige Bündner den Riesentanker auf einen lang anhaltenden Erfolgskurs.

Vertrauen in Vasella

“Die Probleme waren offensichtlich, aber sie wurden alle erkannt. Das war Vasellas Verdienst”, erklärt Koch. Der CEO habe das operationelle Geschäft in den ersten Jahren unter genauer persönlicher Kontrolle gehabt. In den letzten Jahren dann habe sich Vasella eher auf die Strategie-Entwicklung konzentriert, sei aber nach wie vor der unbestrittene Leader.

Kassenschlager, so genannte Blockbuster, sind seit 2001 die Krebsmedikamente Gleevec/Glivec (gegen Leukämie) und Zometa. In jenem Jahr erwarb Novartis auch 20% der Stimmrechts-Aktien an der Konkurrentin Roche, 2002 wurden es 30%.

Vasella unterstrich verschiedentlich sein Interesse an einer Fusion der beiden Giganten. Die Mitglieder der Roche-Gründungsfamilien wiesen solche Pläne aber entschieden zurück.

Wichtige Übernahmen

Vasella hielt sich 2005 andernorts schadlos: Mit dem Kauf von Hexal (Deutschland) und Eon Labs (USA) wurde Novartis Nummer 1 bei den Generika.

Es folgte die Übernahme an Rechten von rezeptfreien Medikamenten des US-Herstellers Bristol-Myers Squibb. Den Impfstoff-Hersteller Chiron, an dem Novartis schon bisher mit 42% beteiligt war, will der Basler Konzern vor Ende Jahr ganz übernehmen.

Koch sieht für Novartis auch in Zukunft Wachstums-Chancen, glaubt aber, dass 2012 das Entscheidungsjahr werde. “2012 wird ein schweres Jahr werden, weil mehrere Patente auslaufen, unter anderem auch dasjenige für Diovan.”

Das Unternehmen scheine aber alles zu unternehmen, um diese Lücken zu füllen. “Novartis hat mehrere viel versprechende Produkte in der Pipeline, und der Pharmamulti ist Meister im Management von Produkte-Lebenszyklen.”

Koch abschliessend: “Ich habe nur sehr geringe Zweifel, dass Novartis weiter wachsen wird.”

swissinfo, Matthew Allen
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Novartis entstand 1996 durch die Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz.

Mit dem Kauf von Hexal (Deutschland) und Eon Labs (USA) ist Novartis seit 2005 weltweite Nummer 1 bei den Generika.

Bei den rezeptfreien Medikamenten sind die Basler in Europa Nummer zwei.

Novartis plant die Lancierung einer vierten Division, der Impfstoffe. Dazu fehlt noch das grüne Licht der US-Behörden zur Übernahme des kalifornischen Unternehmens Chiron.

Nettogewinn 2005: 7,8 Mrd. Fr.
Umsatz: 41,7 Mrd.
Bei den Verkäufen ist Novartis die Nr. 1 der Welt.
Seit 1996 ist Daniel Vasella Chef von Novartis, zuvor war er CEO von Sandoz.
Seit 1999 ist Vasella auch Präsident des Verwaltungsrats.

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