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Novartis zieht in Australien Schmerzmittel zurück

Probleme mit Prexige für Novartis. Im Bild: Sitz des Pharmakonzerns in Basel. Keystone

Nach zwei Todesfällen nimmt der Basler Pharmakonzern Novartis auf Geheiss der australischen Behörde das Schmerzmittel Prexige vom Markt.

In 50 Ländern inklusive der EU erhältlich, wartet das Prexige, das auch Entzündungen hemmt, in der Schweiz noch auf die Zulassung. Die USA befinden darüber im Herbst.

Australien ist das erste Land, das den Verkauf von Prexige untersagt. Mit dem Rückzug dieses entzündungshemmenden, Arthritis-, aber auch allgemeinen Schmerzmittels folgt Novartis einer Anordnung der australischen Arzneimittelbehörde TGA.

Laut Novartis-Sprecher John Gilardi ist das Medikament weltweit in über 50 Ländern zugelassen.

In Europa wurde Prexige erst im November 2006 auf den Markt gebracht. In der Schweiz wurde laut Gilardi die Zulassung zwar beantragt, ein Entscheid steht aber noch aus.

In den USA wird die Gesundheitsbehörde FDA im September entscheiden. Die Chancen auf eine Zulassung dürften nun aber schwinden.

Zwei Todesfälle nach Leberschäden

Novartis seien keine weiteren Todesfälle bekannt, sagte Gilardi. In Australien waren acht Fälle überprüft worden, in denen Patienten nach Einnahme von Prexige schwere Leberschäden davongetragen hatten.

Zwei Betroffene starben, bei zwei weiteren wurde eine Lebertransplantation erforderlich.

Rund 60’000 Menschen in Australien nehmen das Medikament, das bei Arthritis, postoperativen Beschwerden und heftigen Schmerzen verschrieben wird. Diesen Patienten empfielt die Arzneimittelbehörde TGA nun, ihre Leberfunktion überprüfen zu lassen.

Eine Frage der Dosierung?

In Australien, wo Prexige bereits 2004 zugelassen wurde, seien den betroffenen Patienen Tagesdosen von 200 Milligramm und in einem Fall von 400 Milligramm verabreicht worden, erklärte Gilardi.

In den übrigen Ländern, in denen Prexige zugelassen sei, betrage die Tagesdosis nur 100 Milligramm.

Novartis vertraue weiterhin auf das Medikament, teilte der Konzern mit. Mit Prexige erwirtschaftete Novartis im ersten Halbjahr 2007 einen Umsatz von 52 Mio. Dollar (62 Mio. Franken), insbesondere dank der Einführung in Europa.

Prexige galt einst als potenzieller “Blockbuster”, also eines jener Medikamente, das durchschlagenen Erfolg verspricht.

Ähnliche Mittel auch bei Konkurrenz

Prexige gehört zur Wirkstoffklasse der so genannten Coxibe oder Cox-2-Hemmer, einer neuen Generation von Schmerzmitteln. Sie sollen nach Einschätzung von Experten im Vergleich zu älteren Produkten magenschonender sein.

Andererseits sind sie äusserst umstritten, weil sie das Risiko für Herzkreislaufprobleme erhöhen sollen.

In die gleiche Klasse wie Prexige gehört das Medikament Vioxx des US-Pharmakonzerns Merck. Das Präparat musste 2004 weltweit vom Markt genommen werden.

Risiko einer Klage-Welle

Eine Studie deckte auf, dass bei Patienten, die Vioxx während mindestens 18 Monaten eingenommen hatten, ein erhöhtes Risiko von Herzproblemen besteht.

2005 musste Novartis-Konkurrent Pfizer auf Druck der FDA den Verkauf seines Arthritis-Medikaments Bextra in den USA und in Europa stoppen. Die Arzneimittelbehörde begründete ihre Forderung mit Hinweisen auf ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko.

Merck wie Pfizer sahen sich in der Folge mit einer Welle von Klagen konfrontiert.

swissinfo und Iwan Lieberherr, sda

Prexige wird als Medikament eingesetzt, um kurz- oder längerfristig Anzeichen und Symptome bei Knie-Arthrose von Erwachsenen zu behandeln.

Es wirkt entzündungshemmend.

Arthrose ist eine chronische, schmerzhafte, zunehmend funktionsbehindernde Gelenkveränderung, meist infolge eines Missverhältnisses zwischen Tragfähigkeit und Belastung oder Alterung, aber auch infolge eines Gelenkunfalls.

Es handelt sich stets um eine degenerative Gelenkerkrankung. Im Gegensatz zur Arthritis sind bei der Arthrose die Gelenke nicht entzündet, sondern zerstört durch Abnutzung oder Unfall.

Von einem Verschleiss durch Abnutzung ist zunächst der Knorpel betroffen, später folgen dann Veränderungen am Knochen, so genannte Geröllzysten bilden sich, es kommt zur Bildung von Osteophyten.

Arthrose ist einer der häufigsten Beratungsanlässe in einer allgemeinmedizinischen Praxis.

Im 1. Halbjahr 2007 konnte Novartis seinen Gewinn um 14% auf 4,19 Mrd. Dollar erhöhen.

Der Umsatz nahm um 15% auf 18,53 Mrd. Dollar zu.

Novartis ist weltweit führend in den Bereichen Medikamente und Impfstoffe. Hauptsitz ist Basel.

Das Unternehmen ist in 140 Ländern tätig und beschäftigt rund 91’000 Personen, wovon mehr als 11’100 in der Schweiz.

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