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Obligatorische Versicherung für Hundehalter

Künftig sollen Hundehalter ihre Vierbeiner nur noch mit einer Versicherung ausführen dürfen. Keystone

Wer einen Hund besitzt, soll künftig eine Haftpflichtversicherung abschliessen müssen, ob es sich um einen Pitbull oder Pudel handelt. Das hat die Schweizer Regierung entschieden.

Gleichzeitig soll nach dem Willen des Bundesrates die Haftung für Hundehalter verschärft werden. Dies soll sicherstellen, dass Opfer von Hundebissen entschädigt werden.

Damit verfolgt der Bundesrat jene Variante weiter, die in der Vernehmlassung von einer Mehrheit befürwortet wurde. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) erhielt am Freitag den Auftrag, eine Botschaft an die Räte auszuarbeiten.

Heute haftet der Halter für die von seinem Hund angerichteten Schäden nur dann, wenn er nicht beweisen kann, dass er bei der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres die gebotene Sorgfalt walten liess.

Keine Entlastung möglich

Neu will der Bundesrat nun im Obligationenrecht eine strenge Gefährdungshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit verankern.

Ursprünglich sah die Landesregierung diese verschärfte Haftung nur für die Halter gefährlicher Hunde vor. Davon rückte sie aber nach der Konsultation ab: Es gebe keine klaren Kriterien, um die Gefährlichkeit von Hunden zu bestimmen, sagte Justizminister Christoph Blocher vor den Medien.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass sich die Hundehalter jetzt gegenüber andern Tierhaltern benachteiligt fühlen könnten. Hunde seien aber jene Tiere, die am häufigsten im öffentlichen Raum angetroffen würden. Auch die Zahl von schätzungsweise 3000 Hundebissen im Jahr spreche für die strenge Gefährdungshaftung.

Trotz Bedenken für Obligatorium

Auch in einem zweiten Punkt ging die Landesregierung über die Bücher: Entgegen einem früheren Grundsatzbeschluss wird nun im Tierschutzgesetz doch eine obligatorische Haftpflichtversicherung vorgeschrieben. Sie soll sicherstellen, dass die Opfer von Hundeattacken in jedem Fall eine Entschädigung erhalten.

Gegen das Versicherungs-Obligatorium hatte eine Minderheit mit dem Bundesrat ins Feld geführt, dass primär der Schädiger und nicht der Geschädigte geschützt werde. Laut Blocher besteht tatsächlich eine gewisse Gefahr, dass sich Hundehalter mit der Versicherung im Rücken zu einem nachlässigen Verhalten verleiten lassen.

Das Versicherungs-Obligatorium bringe administrativen Aufwand, räumte Direktor Michael Leupold vom Bundesamt für Justiz ein. In der Privathaftpflichtversicherung seien aber die Hunde in aller Regel heute schon eingeschlossen. Beim allgemeinen Obligatorium hielten sich die Kosten in einem vernünftigen Rahmen, während eine “Pitbull-Versicherung” allein sehr teuer geworden wäre.

Das Parlament will mehr

“Das reicht”, sagte Blocher zu den Vorschlägen des Bundesrates. Man beschränke sich zudem auf den Bereich in der Kompetenz des Bundes. Für polizeiliche Massnahmen seien die Kantone zuständig. Sie könnten zum Schutz vor gefährlichen Hunden differenzierte Vorschriften erlassen, beispielsweise eine Leinenpflicht in der Stadt.

Die Pläne des Bundesrates und des Parlaments würden sich gegenseitig nicht ausschliessen, sagte Blocher. Eine Nationalratskommission arbeitet zurzeit an einer Verfassungsbestimmung, die Massnahmen des Bundes gegen gefährliche Hunde vorsieht. Die Stellungnahme dazu will der Bundesrat gleichzeitig mit seiner Botschaft verabschieden.

Ausgelöst wurde die Diskussion um gefährliche Hunde durch die Pitbull-Attacke, bei der am 1. Dezember 2005 im zürcherischen Oberglatt ein sechsjähriger Knabe getötet wurde. Das Parlament setzte den Bundesrat von Anfang an unter Druck, weil seiner Ansicht nach Massnahmen wie eine verschärfte Haftpflicht nicht genügen.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz gibt es kein nationales Gesetz, das Bestimmungen über die Haltung gefährlicher Hunde enthält.

Im Dezember 2005 töteten drei Pitbulls bei Zürich einen sechsjährigen Knaben.

Das Schweizer Parlament debattierte darauf über Massnahmen zum Schutz der Menschen vor gefährlichen Hunden.

National- und Ständerat nahmen eine Motion an, die ein landesweites Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Hunden verlangt. Bis ein solches Gesetz in Kraft tritt, liegt die gesetzgeberische Kompetenz bei den Kantonen.

Wer im Kanton Genf einen Kampfhund halten will, braucht eine Bewilligung. Das Genfer Stimmvolk hat im Juni 2007 das verschärfte Hundegesetz klar angenommen.

Im Wallis sind seit 1. Januar 2006 zwölf “gefährliche” Hunderassen verboten. Leine und Maulkorb sind für solche Hunde vorgeschrieben.
Der Kanton Freiburg plant, gefährliche Hunde zu verbieten.

Ähnliche Massnahmen werden beraten in den Kantonen Waadt, Jura, Bern, Zürich und Basel-Stadt.

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